1 Bauwissen im Früh- und Hochmittelalter

Günther Binding

Download Chapter

DOI

10.34663/9783945561041-03

Citation

Binding, Günther (2014). Bauwissen im Früh- und Hochmittelalter. In: Wissensgeschichte der Architektur: Band III: Vom Mittelalter bis zur Frühen Neuzeit. Berlin: Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften.

1.1 Rahmenbedingungen

Wenn sich im Mittelalter ein König, Fürst, Bischof, Abt oder eine Gemeinde entschloss, eine Kirche, Pfalz oder Burg zu bauen, bedeutete dieses eine gewaltige Aufgabe, denn der Bau erforderte ungeheure Geldmittel, eine Vielzahl von Arbeitskräften, die Beschaffung von brauchbaren Baumaterialien und, mit allem verbunden, eine umfassende Organisation. Der Kirchenbau war im Mittelalter der umfangreichste Bauauftrag, und die organisatorischen und technischen Anforderungen waren gegenüber den profanen Bauwerken deutlich größer und haben auf den Profanbau eingewirkt, sodass sich unsere Darstellung vom „Architektur-Wissen im frühen und hohen Mittelalter“ vorrangig mit dem Kirchenbau befasst, zumal auch dazu die Quellen reichlicher vorhanden sind.1*Anm. der Redaktion: Abkürzungen für einige häufig zitierte Werke sowie Siglen sind im Abkürzungsverzeichnis am Ende dieses Textes aufgelöst.

Größe und Pracht des Gotteshauses auf Erden soll weithin sichtbar über den Ort mit seinen niedrigen Wohnhäusern, über diese Welt, hinausragen und die Größe und Bedeutung der ecclesia spiritualis, der geistigen Kirche, anzeigen. Es soll auch die besondere Stellung der Gott dienenden und die Kirche auf Erden führenden Personen verdeutlichen, die sich durch Gründung bzw. Stiftung eines Kirchenbaus den Himmel „erkaufen“ (mercari) wollen, wie es Bischof Bernward von Hildesheim in seinem Testament von 1019 ausgedrückt hat.2 Die Kirche ist Ort des Gottesdienstes, sie dient der Versammlung der Gläubigen. Der Kirchenbau soll mit seiner Größe und Schönheit, mit dem Glanz der Ausstattung und mit der Pracht der Liturgie „den schwerfälligen Geist mit Hilfe des Materiellen zum Wahren erheben“.3 Robert Grosseteste, Bischof von Lincoln, definiert um 1230 die Schönheit, die mit der Wahrheit gleichzusetzen ist: „Die Schönheit ist Einklang und Übereinstimmung eines Dinges in sich selbst und Harmonie aller seiner einzelnen Teile in sich selbst und in Bezug auf die übrigen und in Bezug auf das Ganze und des Ganzen in Bezug auf alle Teile.“4 Thomas von Aquin erklärt um 1250 die Schönheit: „Für die Schönheit sind drei Dinge erforderlich: Erstens die Vollständigkeit oder Vollkommenheit. […] Weiter die rechte Proportion oder Harmonie. Und schließlich die Klarheit; denn wir nennen solche Dinge schön, die leuchtende Farben haben.“5 Früh setzt daran Kritik an, vorrangig bei dem 1098 gegründeten, auf Einfachheit ausgerichteten Zisterzienserorden. So wendet sich der Zisterzienserabt Bernhard von Clairvaux 1124/25 in einer Streitschrift gegen „die ungeheure Höhe der [Kloster-] Kirchen, die maßlosen Längen, überflüssigen Breiten, verschwenderischen Steinmetzarbeiten und die ungewöhnlichen Malereien, die den Blick der Betenden [Mönche] auf sich lenken und die Andacht verhindern. […] Freilich die Sache der Bischöfe ist eine andere als die der Mönche. Wir wissen nämlich, dass jene, da sie Weisen und Unweisen verpflichtet sind, die Andacht des fleischlich gesinnten Volkes mit materiellem Schmuck anregen, weil sie es mit Geistigem nicht vermögen.“6

Die königlichen und bischöflichen Pfalzen und die seit dem 11. Jahrhundert aufkommenden Burgen dienten der Repräsentation und Festigung der Herrschaft. So hat Kaiser Friedrich Barbarossa 1181 den Reichstag, auf dem sein Widersacher Heinrich der Löwe verurteilt werden sollte, in die gerade vollendete, prächtige Pfalz Gelnhausen bei Frankfurt einberufen.

Die Forschungslage zum vorromanischen (750–1000) und romanischen (1000–1250) Baubetrieb ist uneinheitlich, teilweise recht widersprüchlich; vielfach Bekanntes ist kritisch zu hinterfragen, insbesondere darf nicht der häufig in der Literatur zu beobachtende Fehler gemacht werden, aus dem späteren Mittelalter mit der besseren Quellenlage auf die Verhältnisse in vorgotischer Zeit zu schließen. Zwischen der Gefahr einer allzu abstrakten, unanschaulichen, recht theoretischen Darstellung und einer langatmigen Aneinanderreihung von Quellenbelegen muss ein Mittelweg gefunden werden, der die Quellen berücksichtigt und ihre Aussagefähigkeit dem Leser ungefiltert und damit nachprüfbar zur Kenntnis bringt, aber zugleich in einer strukturellen Durcharbeitung das im Titel formulierte Thema behandelt und exemplarisch zu einer angemessenen Aussage führt. Große Schwierigkeiten ergaben sich aus dem zu behandelnden Zeitraum von 500 Jahren, in denen sich grundlegende geistesgeschichtliche Veränderungen und ein deutlicher Architekturwandel bemerkbar machen. Eine weitere Unsicherheit liegt in der häufig festzustellenden Differenz zwischen dem Zeitraum, über den in Schriftquellen berichtet wird, und dem Zeitpunkt der Niederschrift des Berichtes. Dazu kommt noch die große räumliche Ausdehnung: Das fränkische Großreich überschritt im 8. Jahrhundert die Pyrenäen in die Fränkische (Spanische) Mark um und 773/74 mit der Eroberung des Langobardenreichs die Alpen nach Ober- und Mittelitalien mit Rom und dem benediktinischen Mutterkloster Montecassino. Bei der Betrachtung ist auch ein Blick nach England sinnvoll und notwendig. Unberücksichtigt bleibt die besondere Entwicklung im Südreich der Normannen und Staufer in Unteritalien und auf Sizilien.7

Hin und wieder muss auf den Zustand bzw. auf die Entwicklung des Baubetriebes in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts eingegangen werden, um Traditionen oder Neuerungen zu erfassen, die den romanischen Baubetrieb besser absetzen und angemessen bestimmen lassen; beispielsweise müssen sogar die Protokolle der Mailänder Dom-Fabrikka aus den Jahren 1391–1401 berücksichtigt werden, um die geringen konstruktiven Kenntnisse und Überlegungen zu erfassen, die, wenn sie um 1400 nicht vorhanden waren, auch in der romanischen Zeit nicht vorausgesetzt werden dürfen (siehe Abschnitt 1.5); ebenso ist das Aufkommen der Bauzeichnung im 13. Jahrhundert und die sich verändernde soziale Stellung der Werkmeister (Architekten) zu berücksichtigen.

Im germanisch-romanischen Kulturbetrieb werden die Klöster bis ins 12. Jahrhundert fast zur ausschließlichen Heimstätte der Kunstübung; das betrifft die Malerei, insbesondere die Buchmalerei, die Goldschmiedekunst und die Skulptur, die ornamenta ecclesiae. Es ist zu vermuten, dass zumindest in karolingischer Zeit (8./9. Jahrhundert) auch die Ausmalung profaner Räume wie der aula regia in der Ingelheimer und der Paderborner Pfalz von Mönchen ausgeführt wurde. Anders ist es in der Baukunst; hier sind Handwerker und Werkmeister vorrangig Laien, die von Baustelle zu Baustelle durch die Bauherren und Bauverwalter vermittelt wurden und sowohl Kirchen als auch Pfalzen und Burgen errichteten.8 „Die Überschätzung des monastischen Beitrags zur künstlerischen Produktion stammt aus der Zeit der Romantik und gehört zur Romantisierung des Mittelalters. Die Anonymität war ihr Axiom, und die Kollektivität des künstlerischen Schaffens ihr Grundsatz.“9 Der Anteil der Eigenleistung durch ungelernte Arbeiter als Handlanger war groß. So zeigen die Lohnlisten von Dover Castle, Winchester Castle und Westminster für die Zeit 1221–1272, dass zur Saat- und Erntezeit und im Winter die Zahl der Handlanger deutlich reduziert wurde. Auch müssen umfangreiche Fronleistungen in Betracht gezogen werden. Für den Werkmeister, der allgemein nicht lesen und schreiben konnte, war der Anteil geistiger Impulse durch den zumeist theologisch gebildeten Bauherrn besonders groß. Sein Bildungsstand ist vorrangig zu berücksichtigen, wobei technisch-konstruktives Wissen die Handwerker und Werkmeister auf ihren Wanderungen aus tradierten Erfahrungen ansammelten und je nach Begabung intuitiv verstanden und weiterentwickelten.

Tradition und Kontinuität sowie fehlende Kontinuität müssen gleichermaßen in die Überlegung einbezogen werden, wenn es um das geistige Erbe geht. Das individuelle Handeln war eingebettet in eine allgemeine geistesgeschichtliche Situation. Die zentrale Rolle im Transformationsprozess von der Antike ins Mittelalter hat die Kirche gespielt. Insbesondere die Verflechtung von Mönchtum und Gesellschaft war seit dem 6. Jahrhundert außerordentlich eng; die Mönche wie Cassiodor (gestorben um 580) brachten die Schriftlichkeit und vermittelten die Kenntnis der Werke der Kirchenväter und der klassischen antiken Autoren. Der Einfluss der Kirche als geistliche und politisch-materielle Macht sowie als Sinngebung für die Gesellschaft war als Auftraggeber anspruchsvoller Bauten von herausragender Bedeutung; die Kirche stellte das theoretische Wissen und die organisatorischen Voraussetzungen, sie hat auch durch die Vermittlung der Werkmeister und Handwerker sowie die Bereitstellung der Baumaterialien intensiv auf das Baugeschehen bis in Einzelheiten eingewirkt.

Die auch heute noch bewunderten, eindrucksvollen mittelalterlichen Bauwerke sind die Hinterlassenschaft bedeutender Bauherren, engagierter Organisatoren und erfahrener Werkmeister mit „einer großen Menge geschickter Maurer, Steinmetzen, Bildhauern und anderen Werktätigen“, wie sie Abt Suger um 1135 für den Erweiterungsbau seiner Klosterkirche Saint-Denis bei Paris beschafft hat.10 Dazu kam eine kaum abzuschätzende Zahl von Hilfsarbeitern, ferner „Zimmerleute, Maler, Eisenschmiede und Gießer, Goldschmiede und Verarbeiter von Edelsteinen jeweils besonders Erfahrene in ihrer Kunstfertigkeit (ars)“11; zudem sind Tüncher, Glaser und Dachdecker zu nennen. Die Handwerker mussten zumeist von weither zusammengeholt werden.

Über den mittelalterlichen Baubetrieb geben schriftliche Zeugnisse Auskunft, vor allem Lebensbeschreibungen bedeutender Bauherren, Chroniken und seit dem 13. Jahrhundert Rechnungsbücher der Bauhütten. Dazu kommen etwa 900 bildliche Darstellungen aus dem Mittelalter, die insbesondere über die Geräte, Maschinen und Gerüste informieren und deren Einsatz zeigen.12 Das christlich geprägte Mittelalter hat nämlich die Erschaffung der Welt und die Ordnung des Kosmos durch Gott bevorzugt in Bauvorstellungen erfasst und den Kirchenbau als Abbild des Kosmos begriffen. Die rational durchdachte, ordnende und planvoll lenkende Tätigkeit ist der gemeinsame Ansatz. Das menschliche Bauen repräsentiert die schöpferische Tat Gottes, die in Amos 9,6 mit bauen (aedificare) und gründen (fundare) ausgedrückt wird. Die Tätigkeit des mittelalterlichen Bauherrn und Baumeisters ist der Forderung im Buch der Weisheit 11,21 verpflichtet, dass Gott „alles nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet hat.“ Zudem befindet sich die Kirche, die Gemeinschaft der Gläubigen, bis zum jüngsten Tag im Aufbau, im Werden, wie es bei Esra 5,16 heißt: „Er legte die Fundamente des Tempels Gottes in Jerusalem, und seit der Zeit bis jetzt wird er gebaut und ist noch nicht vollendet.“ Die structura, das ordentliche Zusammenfügen der Steine, ist entsprechend der Darstellungsinhalt in Bibelillustrationen, vornehmlich zum Turmbau zu Babel, d. h. der Baubetrieb „am heutigen Tage“ wird dargestellt, denn die bildliche Wiedergabe des im Werden begriffenen Bauwerks kann nur ihren Wahrheitsgehalt erreichen, wenn sie der gegenwärtigen Realität entspricht: Die fließende Geschichte kann nur durch „Vergegenwärtigung“ zum stehenden Besitz werden. Somit sind die mittelalterlichen Darstellungen des Baubetriebs eine zuverlässige Quelle für zeitgenössische Bautechnik mit allen Handwerkern, Werktechniken, Werkzeugen und Geräten. Aus der Frühzeit sind nur wenige Darstellungen bekannt, aus dem 12./13. Jahrhundert schon mehr, zahlreich sind sie jedoch erst aus dem 14. und besonders aus dem 15. Jahrhundert überliefert; letztere sind jedoch für das frühe und hohe Mittelalter nicht heranzuziehen. Bei der Auswertung der Schriftquellen ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die theologisch ausgebildeten Autoren nicht über eine technisch richtige Beschreibungsfähigkeit verfügten und die umgangsprachlichen Bezeichnungen auf der Baustelle nicht übersetzen konnten, da ihnen nur die aus der Bibel und aus theologischen und philosophischen Texten geläufigen lateinischen Ausdrücke zur Verfügung standen. Auch stellt sich das Problem, dass Normalität nicht berichtenswert ist, sondern bautechnische und auch organisatorische Nachrichten finden nur Erwähnung, wenn sie außergewöhnlich sind und die Leistung des Bauherrn oder die Unterstützung durch Gott oder einen Heiligen bestätigen.

1.1.1 Wirtschaftlich-sozialer Hintergrund

Die karolingischen Stammlande an Maas, Mosel und Rhein hatten im späten 8. und im 9. Jahrhundert eine große kulturelle Ausstrahlungskraft erreicht. Um die Jahrtausendwende bewirkte eine allgemeine Bevölkerungszunahme in Europa eine Intensivierung von Wirtschaft, Handel und Verkehr und führte zur Ablösung der frühmittelalterlichen Naturalwirtschaft und zugleich zum Aufstieg der mittelalterlichen Gewerbe-Bürgerstadt, vor allem in westfränkischen und rheinischen Bischofsstädten, aber auch in Regensburg; es erfolgten in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts eine Fülle königlicher und dynastischer Städtegründungen zwischen Rhein und Elbe. Im 12./13. Jahrhundert begann sich das karolingische, im 9.–11. Jahrhundert ausgebreitete und konsolidierte Grundherrschaftssystem des Königs sowie der kirchlichen und weltlichen Herren mit der im Lehnswesen begründeten Wirtschafts- und Sozialordnung und den Fronleistungen aufzulösen. Der Hochadel, an der Spitze der König, herrschte über Land und Leute. Er wurde unterstützt von den Rittern, die sich seit dem 11./12. Jahrhundert Burgen bauten, Kriege führten, Streitigkeiten schlichteten und Recht sprachen. Das gemeine Volk hatte nur wenige Rechte und war zu Diensten (Frondienst) und Abgaben an den Grundherrn verpflichtet. Eine Ausnahme bildeten die Bürger in den Städten; sie waren frei, konnten Besitz erwerben und Handel treiben.

Abb. 1.1: Turmbau, Auslegerkran mit Laufrad, Steinmetzen mit Schlageisen, Klöpfel und Richtscheit, Transport von Steinen mit Trage und Mörtel mit Mulde über Leiter-Laufschräge, Mitte 13. Jahrhundert (New York, Pierpont Morgan Library, Ms. fr. 638, fol. 3).

Abb. 1.1: Turmbau, Auslegerkran mit Laufrad, Steinmetzen mit Schlageisen, Klöpfel und Richtscheit, Transport von Steinen mit Trage und Mörtel mit Mulde über Leiter-Laufschräge, Mitte 13. Jahrhundert (New York, Pierpont Morgan Library, Ms. fr. 638, fol. 3).

Parallel zur beträchtlichen Ausweitung des kultivierten Landes im Zuge des Landesausbaus und in Wechselwirkung mit der Entfaltung der Stadtkultur erreichte man in der Landwirtschaft technische Verbesserungen: Errungenschaften wie das Arbeitspferd mit Hufeisen und Zuggeschirr, Beetpflug, Sense, Ackerwagen sowie Wasser- und Windmühlen brachten höhere Erträge. Zugleich entwickelte sich die Dreifelderwirtschaft, die schließlich zur Dreizelgenwirtschaft führte, bei der die Gewannflur eines Dorfes in drei Zelgen (Großfelder) eingeteilt wurde und ein für alle Bauern verbindlicher Wechsel von Wintergetreide, Sommergetreide und Brache vorgeschrieben war. Auf diese Weise wurde nicht nur der Getreideertrag verdoppelt, sondern auch das Pflügen, Säen und Ernten war gleichmäßiger über das Jahr verteilt, gleichzeitig war die Gefahr von Missernten reduziert.

Die vorübergehende Erwärmung des Klimas und die agrarwirtschaftliche Ertragssteigerung bildeten im 12./13. Jahrhundert die Grundlage für die Versorgung der Städte. Dort konnte sich bei der allgemeinen Verdoppelung der Bevölkerung durch das Ausbleiben von Hungersnöten und Epidemien Arbeitsteiligkeit mit Spezialisierung und auf Vorrat ausgerichtete handwerkliche Produktion entwickeln. Dieser Prozess wurde durch die Einführung der Geldwirtschaft, die zudem das Aufblühen von Fernhandel und Gewerbe mit sich brachte, unterstützt oder überhaupt erst ermöglicht. In den Händen von Bürgern sammelten sich seit dem 13. Jahrhundert teilweise große Geldvermögen an; der wirtschaftliche Aufstieg war begleitet von wachsendem sozialem Ansehen und politischem Einfluss.

Die Einführung von Barlöhnen an Stelle der früheren Naturalversorgung brachte große Freiheiten auf dem Arbeitsmarkt. Der aus dem sozialen Strukturwandel entstehende Mangel an Arbeitskräften führte zur Verteuerung und als Folge davon zur Entwicklung arbeitserleichternder bzw. personenreduzierender Einrichtungen insbesondere auf den großen Baustellen zu einer Vielzahl von Innovationen: Erfindung der Bauzeichnung ab ca. 1230/50, Systematisierung und Vereinheitlichung der Bauglieder, beides Voraussetzungen für die serielle Produktion von Quadern und Gliederungsformen, Strebesystem im Skelettbau mit Reduktion des Materialbedarfs, Einführung des Baukrans mit Laufrad seit der Mitte des 13. Jahrhunderts (Abb. 1.1)13 und damit Einsparung von Hilfskräften, sowie schließlich Arbeit im Winter. Zugleich veränderte sich die soziale Stellung der Werkmeister.

In dieser Zeit wurde auch das Gewölbe in den Mittelschiffen der Kirchen in Frankreich immer höher: Laon (1155/60–1180) 24,0 m, Sens (1140–1168) 24,5 m, Paris (1163–1220) 32,80 m, Chartres (1194–1220) 36,55 m, Reims (1211–1233) 37,95 m, Amiens (1220–1240) 42,30 m und Beauvais (1255–1272) 48,0 m, dessen Chor 1284 teilweise einstürzte, aber nicht wegen der Höhe, sondern wegen der allzu großen Spannweite der Arkaden. Die Menge des für ein solches Bauvolumen notwendigen Baumaterials ist kaum vorstellbar, der Arbeitsaufwand und der Umfang der notwendigen Organisation einer solchen Großbaustelle sind enorm und im Verhältnis zu den übrigen Bauaufgaben im Mittelalter ohne jeden Vergleich.

Durch das städtische Bürgertum begann im 12. Jahrhundert die Verdrängung der Kirche aus der führenden Stellung in der Wirtschaft und mit der Gründung von Universitäten zu Ende des 12. Jahrhunderts auch aus ihrem Bildungsmonopol.

Im Laufe des 12. Jahrhunderts „tritt mehr und mehr an die Stelle eines symbolisch-spekulativen Naturverständnisses ein originäres Interesse an der Struktur, Konstruktion und Eigengesetzlichkeit der physisch-physikalischen Realität, das sich nunmehr allein auf die Vernunfterkenntnis gründet“.14 Mit Bezug auf Platons Timaios und mit zunehmendem Interesse an den Schriften des Aristoteles, insbesondere an den libri naturales, entwickelte sich in der Schule von Chartres im 2. Viertel des 12. Jahrhunderts eine fortschreitende Entdeckung der Natur. Die neue Rationalität war nicht ohne Einfluss auch auf das Bauen.15 Obwohl die Schriften des Aristoteles seit der Mitte des 12. Jahrhunderts übersetzt wurden, gelangten sie erst im Laufe des 13. Jahrhunderts zur vollen Tragweite; die Metaphysik des Aristoteles gewann infolge der Kommentare des arabischen Gelehrten Averroes (1126–1192) Einfluss auf das Denken. Einige Theologen haben diesen Einfluss als Bedrohung des Glaubens bekämpft. So waren an der Pariser Universität die Schriften zunächst verboten; erst 1255 schreibt die Artistenfakultät ihren Studenten Vorlesungen über alle bekannten Abhandlungen des Aristoteles vor. Im Jahr 1270 schließlich hat Thomas von Aquin gezeigt, dass vieles an der neuen Sicht mit der göttlichen Offenbarung vereinbar ist.

1.2 Bauverwaltung

1.2.1 Der Bauherr

Die Initiative zur Errichtung eines Bauwerks geht von einem theologisch gebildeten oder weltlichen, häufig politisch einflussreichen Bauherrn aus.16 Bauherr und Auftraggeber für den Bau von Bischofskirchen war nicht der Bischof allein, sondern auch – als Hausherr – das Kapitel, die Versammlung der Kanoniker (Domherren), eine Korporation von Geistlichen, die den Chordienst, die täglichen gottesdienstlichen Verpflichtungen, zu organisieren und durchzuführen hatten sowie den Bischof in seinen geistlichen und weltlichen Aufgaben unterstützten. Der Bau von Stifts- und Klosterkirchen wurde von dem Abt oder der Äbtissin initiiert, aber häufig vom Patronatsherrn oder Stifter, der einen Teil der finanziellen Mittel bereitstellte, beeinflusst. Die Niederkirchen – Pfarrkirchen, Kapellen und Vikarien – wurden von dem Kirchenpatron oder von dem Magistrat der Stadt oder dem Grundeigentümer (Eigenkirchen) in Auftrag gegeben.

Vom Bauherrn ging nicht nur die Initiative zum Bauen aus, sondern er bestimmte auch Umfang und Anspruch und hatte für die Organisation der Durchführung und für die finanziellen, materiellen und sächlichen Grundlagen zu sorgen. Eine vorrangige Aufgabe des Bauherrn war es, einen Bauverwalter zu bestimmen und einen geeigneten Baumeister, magister operis oder Werkmeister, zu beschaffen. Auch die Anwerbung bzw. Bereitstellung von ausreichend qualifizierten Handwerkern und Hilfsarbeitern in großer Zahl, sowohl der bezahlten als auch der Frondienst leistenden Arbeiter, oblag ihm oder dem Bauverwalter. Schließlich musste er sich um geeignete Steinbrüche kümmern und die notwendigen Transportmittel (Wagen, Schiffe) bereitstellen, damit das Baumaterial, zumeist über weite Strecken, angeliefert werden konnte. So schickte Abt Desiderius von Montecassino „Gesandte nach Konstantinopel zum Anwerben von Kunstfertigen (artifices), erfahren in Mosaik und Quaderbehauen“.17 Die Gräfin Ita unterstützte Reginbold, den ersten Propst des Klosters Muri (um 1032 –1055), „sowohl darin, dass sie Maurer (cementarii) anwarb, jene hier verpflegte und ihnen Lohn gab, als auch in dem, was sie an Kleidung und anderen Dingen dazu gab“.18

Die Bischöfe und Äbte stammten in der Regel aus adeligen Familien und waren als nachgeborene Söhne an den Kathedralschulen oder als Oblaten in den Klöstern in den septem artes liberales ausgebildet, ebenso wie die Äbtissinnen als unverheiratete Töchter adeliger Familien in den Klöstern erzogen und umfassend gebildet waren.19 Der Schulunterricht an den Dom- und Klosterschulen unterschied sich nach Inhalt und Intensität im 12. Jahrhundert kaum von dem, was wir vom 10./11. Jahrhundert nach der Durchführung der karolingischen Bildungsreform kennen: Auswendiglernen von geistlichen Texten, Lesen- und Schreibenlernen von Passagen aus der Bibel und aus antiken und christlichen Schriftstellern. Nach der Elementarausbildung und dem Grammatikstudium, also dem Erlernen der lateinischen Sprache, folgten die libri dialectici et rhetorici, vorrangig Werke von Boethius, Beda, Isidor von Sevilla, aber auch von Alkuin und Hrabanus Maurus. Zuletzt schloss sich – häufig in recht bescheidenem Maß – das Studium des Quadrivium auf der Basis von Boethius an: Arithmetik, Geometrie, Musik, Astronomie. Der Bildungsstand bei den Theologen und Mönchen war recht unterschiedlich, das betrifft auch die lateinische Sprachbildung. Im Laufe des 12. Jahrhunderts tritt ein Wandel ein durch die Entdeckung der Natur (scientia naturalis) unter dem Einfluss der Werke des Aristoteles. Zugleich findet ein Auseinanderwachsen der Kloster- und Kathedralschulen in geistiger Hinsicht statt, die Entwicklung mündet um 1200 in die Gründung von vorrangig von Laien geführten Universitäten (Bologna und Paris), die aber erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts ihre volle institutionelle Ausprägung erfuhren.

Die Bauherren waren zu allen Zeiten darum bemüht, ältere Bauten durch Neubauten zu ersetzen, die dem Baustil der Zeit entsprachen und in der Regel größer und prächtiger als die alte Kirche werden sollten. Folcuin, 965–990 Abt des Klosters Lobbes bei Charleroi in Belgien, erwähnt seine Klosterkirche, „die jetzt von eleganterer Form und Aussehen gebaut ist” (quae nunc est elegantioris formae et speciei aedificata).20 Goscelin, der 1058 von Frankreich nach England kam und schließlich Mönch in Canterbury war, schreibt um 1080: „Derjenige tut gut daran abzureißen, der Besseres errichtet. Ich […] ärgere mich über kümmerliche Bauten. […] Hätte ich die Möglichkeit, so ließe ich keine auch noch so geachtete Kirche stehen, wären sie nicht nach meinem Urteil ruhmvoll, großartig, sehr hoch, sehr geräumig, sehr hell und sehr schön.“21

Der burgundische Mönch Rodulfus Glaber (980–1050) berichtet in seinen Historiae über den Bauboom zu Beginn des 11. Jahrhunderts: „Man begann in fast der ganzen Welt, insbesondere in Italien und Gallien, Kirchenbauten zu erneuern (innovare aecclesiarum basilicas), und zwar auch dort, wo sie nicht notwendig waren, denn jede christliche Gemeinschaft setzte ihren Ehrgeiz darein, gegenüber einer anderen an einem stattlicheren (decentiore) [Kirchenbau] Befriedigung zu finden. Es war nämlich so, als wenn sie selbst die Welt verfertigten (excutiendo) und, das Alte wegreißend, ihr ein weißes Kleid von Kirchen (candidam aecclesiarum vestem) anziehen. Damals schließlich haben die Gläubigen fast alle Kirchen der Bischofssitze und auch die übrigen Klöster der verschiedenen Heiligen sowie die kleineren Kapellen der Dörfer in bessere verwandelt.“22 Diese in der 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts allseits zu beobachtenden Neubaupläne moniert auch ein Chronist um 1070;23 der Eichstätter Bischof Heribert (1022–1042) habe die alten Bauten eingerissen und neue errichtet, „er und alle seine Nachfolger bauten sowohl neue Kirchen als auch neue Paläste und ebenso Kastelle; durch die Dienstleistung stürzten sie das Volk in höchste Armut: der frühere Überfluss ging in den Mangel über, und die höchste Freude, die unter den früheren Bischöfen war, in die größte Traurigkeit“.

Wilhelm von Volpiano plante seine Kirche Saint-Bénigne in Dijon „bewundernswerter unter den Kirchen ganz Galliens und unvergleichbar durch die eingentümliche Anordnung auszuführen“ (totius Galliae basilicis mirabiliorem atque propria positione incomperabilem perficere disponebat).24 Abt Gauzlin (1004–1030) von Fleury (heute Saint-Bénoît-sur-Loire) befahl dem Werkmeister, im Westen seiner Klosterkirche einen Turm aus Quadersteinen so zu errichten, „daß er ganz Gallien ein Vorbild sei“ (tale quod omni Galliae sit in exemplum), wie Andreas von Fleury um 1042 überliefert.25 Abt Airard von Saint-Rémi in Reims beabsichtigte gemäß der von dem Mönch Anselm nach 1056 verfassten Chronik nach seiner Abtswahl 1005, „seine Kirchen aus dem Alter in einen besseren Zustand zu versetzen (qui ecclesias suas ex vetustate in potiorem statum studuerant reformare, deliberavit). Deshalb zog er Männer herbei, die als Erfahrene der Architektur dargeboten wurden (qui architecturae periti ferebantur), und begann den Bau der zukünftigen Kirche [Saint-Rémi in Reims] aus Steinquadern von den Fundamenten an zu errichten, einen aufwendigeren [Bau] (operosiorem), als er im gallischen Reich vorher bezüglich Renovierten beobachtet worden ist, und einen anspruchsvolleren (ambitiosiorem) und daher einen für sich und die Menschen jenes Zeitalters vollkommenen [Bau] (inconsummabilem)“.26

Mehrfach wird der Bauherr, also etwa der Bischof oder Abt, architectus genannt.27 Wie Paulus im ersten Brief an die Korinther 3,10 in Bezug auf die geistige Kirche, die ecclesia spiritualis, sagt: „Wie ein weiser Architekt habe ich das Fundament gelegt“ (ut sapiens architectus fundamentum posui), so hat der Bauherr das Fundament für die materielle Kirche, die ecclesia materialis, gesetzt, die ein Abbild der geistigen Kirche ist.

Die theologische, vom Bauherrn bestimmte Bedeutung des Kirchengebäudes erläutert beispielsweise Abt Suger von Saint-Denis um 1145: „In der Mitte nun erhoben zwölf Säulen, die die Anzahl der zwölf Apostel vorstellen, in zweiter Linie aber eben so viele Säulen der Seitenschiffe (Chorumgang), die die Zahl der Propheten bezeichnen, den Bau unvermittelt hoch, wie der Apostel sagt, indem er in geistlicher Weise baut: ‚Ihr seid nun nicht Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes, erbaut auf dem Fundament der Apostel und Propheten, mit Christus Jesus selbst als dem vorzüglichsten Eckstein‘, der beide Wände verbindet, ‚in dem das ganze Gebäude‘ – sei es geistig oder materiell – ‚zu einem heiligen Tempel im Herrn wächst‘. Je höher und je passender wir in ihm uns bemühen, materiell zu bauen, desto mehr werden wir belehrt, dass wir durch uns selbst geistlich ‚zu einer Wohnung Gottes im Heiligen Geist auferbaut werden‘.“28

Nach dem römischen Schriftsteller Vitruv, der im Mittelalter allgemein bekannt war, ist die Architektentätigkeit zweigeteilt: „Des Architekten Wissen (scientia) umfasst mehrere wissenschaftliche Kenntnisse (disciplinae) und mannigfaltige elementare [Fertigkeiten]. Seiner Prüfung und Beurteilung unterliegen alle Werke (opera), die von den übrigen Kunstfertigkeiten (artes) geschaffen werden. Dieses [Wissen] erwächst aus der praktischen Bautätigkeit (fabrica) und der Theorie (rationatio). Fabrica ist die fortgesetzte und gewohnte Ausübung der Praxis (usus): sie wird mit den Händen an einem Werkstoff […] zum Zweck einer Formveränderung (deformatio) durchgeführt. Rationatio ist, was bei handwerklich hergestellten Dingen (res fabricatae) aufzeigen und deutlich machen kann, in welchem Verhältnis ihnen handwerkliche Geschicklichkeit (sollertia) und planvolle Berechnung (ratio) innewohnt.“29 Dagegen ist im Mittelalter der theologisch gebildete Bauherr der Ideengeber und der Werkmeister der praxiserfahrene Ausführende.

Der Hildesheimer Bischof Bernward (983–1022) hat, wie sein Lehrer Thangmar um 1000 ausführlich berichtet, großes Interesse am Kunst- und Baubetrieb entwickelt und wohl auch – recht ungewöhnlich – praktische Fähigkeiten erworben30: „Und obwohl er mit dem höchst lebendigen Feuer seines Geistes in dem ganzen freien Wissen (in omni liberali scientia) brannte, so hat er doch nicht weniger sein Studium den niederen Künsten (in levioribus artibus), die man die mechanischen nennt (quas mechanicas vocant), gewidmet. Im Schreiben hat er ganz besonders geglänzt, die Malerei übte er mit größter Sorgfalt (picturam limate exercuit), im Goldschmiedewissen (fabrili scientia), in der Fertigkeit, [Metall]fassungen anzufertigen (arte clusoria), und in jedem [Bau]gefüge (omni structura) tat er sich in erstaunlicher Weise hervor, wie sich später an zahlreichen Bauten (in plerisque aedificiis) zeigte, die er mit prächtiger Zierde gestaltet hat. In den häuslichen Tätigkeiten (in negociis domesticis) und in der Güterverwaltung (ad usum rei familiaris pertinentibus) bewies er noch höchste Tatkraft.“ Später hat sich Bernward als Bischof täglich um die Werkstätten am Dom gekümmert. Nach der Frühmesse widmete er sich zunächst Verwaltungsaufgaben. „Dann unternahm er einen Rundgang durch die Werkstätten, wo Metallgegenstände verschiedenen Gebrauchs gefertigt wurden, und überprüfte die Werke (opera) der einzelnen.“ Anschließend würdigt Thangmar die Fähigkeiten seines Schülers und Bischofs: „Auch gibt es keine Kunstfertigkeit (ars), die er nicht versucht hätte, auch wenn er es nicht bis zur letzten Vollendung bringen konnte. So betrieb er Schreibstuben nicht allein im Dom, sondern auch an verschiedenen anderen Stellen, und erwarb sich hierdurch eine reichhaltige Bibliothek religiöser und philosophischer Schriften. Nie duldete er, dass die Malerei, die Bildhauerei, das Goldschmiede-Handwerk sowie die Fertigkeit, [Metall]fassungen herzustellen, und das, was er sonst an Geschmackvollerem (elegantius) in solcher Kunstfertigkeit (arte) ausdenken konnte, vernachlässigt würde […]. Er hatte, wenn er an den Hof oder auf längere Reisen ging, stets talentierte und überdurchschnittlich begabte junge Männer (ingeniosos pueros et eximiae indolis) in seiner Begleitung, die alles, was ihnen im Bereich irgendeiner Kunst (in ulla arte) an Wertvollem auffiel, genau studieren mussten. Außerdem beschäftigte er sich mit dem Mosaik für den Schmuck von Fußböden, und insbesondere hat er mit der ihm eigenen Erfindungsgabe (propria industria), ohne dass er ihm jemand gezeigt hat, Backsteine zu einem Ziegel zusammengefügt.“

Ähnliches berichtet 1090/1100 der Iburger Mönch Norbert in der Vita des Bischofs Benno II. von Osnabrück (gestorben 1088).31 Benno war in Straßburg und bei Hermann dem Lahmen im Kloster Reichenau in die Schule gegangen. Nach Stationen bei den Bischöfen von Straßburg und Speyer trat er in die Dienste Kaiser Heinrichs III. ein und wechselte schließlich von der Pfalz Goslar, wo er dem geistlichen und dem königlichen Gericht vorsaß, zum Bischofssitz in Hildesheim, wo er als Propst die Verwaltung des Bistums übernahm. „Außer dieser Übung der Erfahrung (experientiae usus) aber, die ihn zur Güterverwaltung auf höchster Ebene in besonderer Weise befähigte, […] besaß er auch in geringfügigeren Dingen eine bewundernswerte, [durch praktische Erfahrung erlangte] Kenntnis (peritia).“ „Außerdem war er auch ein hervorragender Architekt (architectus praecipuus), ein sehr geschickter Ordner des Werkes des Maurers (cementarii operis solertissimus erat dispositor).“ „Seine außerordentliche Erfahrung (summa peritia) in dieser Sache konnte man an dem, was zu Hildesheim, wo er damals Propst war, gebaut wurde, erkennen: bekanntlich sind unter seiner Leitung (magisterium) von dem dortigen Bischof Hezilo frommen Angedenkens so viele hervorragende Bauten errichtet worden.“ „Wie schon erwähnt, war Benno in der Baukunst sehr erfahren (architectoriae artis valde peritus). Sollte einer bemerkt haben, dass dies an unseren Bauten [in Iburg] nicht so sehr in Erscheinung tritt, so muss er wissen, dass diese Bauten zum größten Teil in seiner Abwesenheit errichtet wurden.“ In Speyer hat er 1082 auf königlichem Befehl den Dom gegen Unterspülung durch den Rhein mit Wällen aus Felsblöcken gesichert.

Wie für Bischof Bernward um 1000 so wird 200 Jahre später (nach 1207) auch von Bischof Hugo von Noyer, 1183–1206 Bischof von Auxerre, überliefert, dass er sowohl in den artes liberales als auch in den artes mechanicae Wissen erworben habe (litteraturae et vivacis ingenii adeo, ut in qualibet facultate liberali seu mechanica ei promptum esset verba habere materiae accomoda, ac si plenam eius scientiam esset assecutus). Er baute die bischöflichen Gebäude in Auxerre aus, vergrößerte die Fenster der dortigen Kathedrale, legte bei Réginne eine Festung mit Tierpark an, befestigte das bischöfliche Toucy und seine Vaterstadt Noyer, legte zur Sicherung der Lebensmittelversorgung im Belagerungsfall unterirdische Gänge an und konstruierte Wasser- und Weinleitungen aus Bleirohren.32 Auch für Hugo von Noyer sind wie bei Bernward von Hildesheim und Benno von Osnabrück vorrangig theoretische Kenntnisse anzunehmen. Die praktische Ausführung war dem erfahrenen Werkmeister oder Handwerker überlassen. Die artes mechanicae beinhalten nach Alkuin „die Erfahrung der herstellenden Fertigkeit (mechanica est peritia fabricae artis) in Metallen, Hölzern und Steinen“.33

Hugo von St. Viktor erläutert vor 1141 in seinem Lehrbuch Didascalicon, was man unter ars allgemein zu verstehen hat: „Ars kann ein Wissen (scientia) genannt werden, das auf Vorschriften und Regeln einer Fertigkeit beruht (artis praeceptis regulisque consistit). […] Ars kann auch dasjenige genannt werden, was in einer zugrundeliegenden Materie geschieht und durch Werktätigkeit (per operationem) entfaltet wird, wie die Architektur (architectura).“34

Der Bauherr bestimmte den Bautyp, d. h. das Bauprogramm und die Raumanordnung, vielleicht auch Einzelheiten der formalen Gestaltung. Er benannte – wie mehrfach belegt – ein Bauwerk, das als Vorbild dienen sollte (ad exemplar, ad similitudinem, ad instar).35 Beispielsweise berichtet Adam von Bremen in seiner 1075/76 vollendeten Bischofsgeschichte der Hamburger Kirche: „Auf die Kunde vom Brand des [Bremer] Doms [11. Sept. 1041] kehrte er [Bezelin, Bischof von Hamburg-Bremen 1035–1043] sofort um, und als er im nächsten Sommer [1042] die Fundamente legte, ordnete er an (disposuit), nach der Form (ad formam) der Kölner Kirche [des Doms] die Größe dieser unserer [Kirche] auszuführen. […] Die Mauer der Kirche wuchs empor, deren Form Alebrand [Bezelin] vordem nach dem Vorbild (ad instar) des Kölner [Domes] begonnen hatte, die er selbst jedoch nach dem Vorbild (ad exemplum) der Kathedrale von Benevent auszuführen erwog.“36 In diesen Zusammenhang der Mimesis gehört auch die im 11. Jahrhundert mehrfach zu beobachtende und schriftlich erwähnte imitatio der Aachener Pfalzkapelle Karls des Großen. Zudem machten theologisch-exegetisch bestimmte Zeichen die Kirche oder Teile von ihr zu Bedeutungsträgern: ecclesia materialis spiritualem designat.37 So stehen die Säulen für die Apostel, Propheten und Bischöfe, die die geistige Kirche stützten38, die Steine für die lapides vivi, die Gläubigen, und der Eckstein für Christus.39 Die zeichenhafte Bedeutung der Bauglieder war sinngebend aber nicht formbestimmend und damit für die Baugestaltung kaum maßgebend.

Der Einfluss und die Beteiligung der Bauherren am Kirchenbau wird in den Schriftquellen häufig aktiv mit aedificavit oder construxit ausgedrückt. Wie dieses in der Praxis aussah, ist aus der Vita des Augsburger Bischofs Ulrich (923–973) zu entnehmen. Gerhard, Kleriker und Dompropst unter Ulrich, beschreibt vor 993 wie Ulrich mit großem Gefolge „auf einem Sessel, der an einem Drahtseil von den seitlichen Wänden des Wagenaufbaus herabhing“, zu reisen pflegte; „er blieb niemals untätig, wenn er in einem der Klöster weilte, und wenn er nur an den Kirchen- und Klostergebäuden, an den sonstigen Baulichkeiten oder der Klostermauer arbeitete, wozu man ihm das Werkzeug schon vorher bereitstellen mußte“.40 Gemeint ist hier ja wohl nur ein „symbolisches“ Handanlegen. Kurz vor seinem Tod baten ihn seine Neffen, „er möge doch nach Wittislingen kommen und ihnen zeigen, wie sie die dort gelegene Kirche restaurieren und in welchem Ausmaß sie sie erweitern sollten […]. Er zeigte ihnen nach umsichtiger Planung ganz genau (provida ordinatione perdocuit), wie die Kirche über die Gräber [seiner Eltern] zu erweitern ist“.41 Es handelt sich um eine allgemeine Beratung über den Umfang der Baumaßnahme. Die Kenntnisse sind theoretischer Art, wie das für die Bischöfe Bernward von Hildesheim, Benno von Osnabrück, Theoderich von Metz, Meinwerk von Paderborn, Bezelin (Alebrand) von Hamburg-Bremen und für die Erzbischöfe Bruno und Anno von Köln belegt ist.

1.2.2 Der Bauverwalter

Der Bauverwalter oder Fabrikverwalter leitet die Bauhütte (fabrica) und verwaltet die Baumaßnahme finanziell und organisatorisch42: er hat die für den Bau bestimmten Gelder und Spenden zu vereinnahmen und auszugeben, darüber Buch zu führen und gegenüber dem Bauherrn abzurechnen; er schließt mit den Meistern Verträge ab und bezahlt alle Mitarbeiter am Bau; er beschafft die Baumaterialien und regelt deren Transport; nach Beendigung der Bauarbeiten obliegt ihm die Bauunterhaltung. Nur bei Baumaßnahmen geringeren Umfangs war der Werkmeister zugleich mit der Bauverwaltung betraut; da er aber in der Regel nicht lesen noch schreiben konnte (siehe unten), musste der Bauherr selbst die Verträge und Abrechnungen übernehmen. Die Trennung von praktischer Ausführung und Finanzverwaltung wird besonders deutlich in der Inschrift auf dem Juliana-Relief am Fuß des Vierungspfeilers im Ostbau des Wormser Domes aus der Zeit von 1130/40: Otto me fecit – Adelbraht monetarius (Otto machte mich. – Adelbraht [war] der Finanzverwalter).43 1267 einigen sich Kapitel und Erzbischof über die Pflichten der Finanzverwalter (operarii ecclesiae, 1307 procuratores) der fabrica der Kathedrale von Narbonne; beide Parteien wählen zwei Kanoniker und zwei Kleriker auf ein Jahr zur Administration der Finanzen, dreimal im Jahr legen sie Rechnung vor dem Erzbischof und dem Domkapitel, nach einem Jahr, jeweils am 24. Juni, scheiden sie aus dem Amt oder müssen darin bestätigt werden.44 Die Wahl für ein Jahr ist üblich, wobei häufig die Wiederwahl möglich ist.

Recht zahlreich sind Belege für einen angesehenen magister operis, der in späteren deutschen Quellen in wörtlicher Übersetzung als „Werkmeister“ (Erwin von Steinbach in Straßburg 1284: wercmeistere) oder „Baumeister“ (Wetzlarer Urkunde 1285: procuratores sive magistri operis, vulgariter bumeystere appellantur) bezeichnet wird.45 Er war bei Bischofskirchen ein Kanoniker und bei Klosterkirchen ein Mönch, dem die Bauverwaltung für eine begrenzte Zeit übertragen wurde; beispielsweise werden im Cartularium der Abtei von Whitby/Yorkshire vor 1087 als Zeugen Serlo prior, Willelmus celerarius, Godefridus magister operis eiusdem loci genannt, und 1243 wird der Mönch Rother als magister operis des Zisterzienserklosters Doberan zwischen cellerarius und camerarius in einer Zeugenliste aufgeführt, später wurde er Prior in dem Kloster, also als Stellvertreter des Abtes zuständig für die Verwaltung des Klosters.46

Der Bauverwalter als Beauftragter des städtischen Rats wurde aus dem Kreis der ratsfähigen Patrizier jeweils für ein Jahr gewählt und für die Beaufsichtigung städtischer Bauten insbesondere im Hinblick auf die Finanzverwaltung und Kontrolle der Verwendung der öffentlichen Gelder für Baumaßnahmen der Gemeinde verantwortlich. 1190 setzte König Philipp II. August sieben städtische Schöffen (scabini) für den Bau der steinernen Stadtmauer von Paris ein. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts tauchen in Frankreich die ersten Stadtbaumeister, maitre des oevres de la ville, auf. Für Pfarrkirchen und auch für Domkirchen, wenn diese der Bürgerschaft zugleich als Pfarrkirchen dienten, wie in Straßburg, Freiburg, Regensburg, Wien oder Siena, wurden Ratsmitglieder als Bauverwalter gewählt. So war der Straßburger Bürger Konrad Olemann als Ratsmitglied zum Pfleger der Münsterfabrik gewählt worden; er war zwischen 1261 und 1274 als magister fabricae, magister seu rector fabricae bzw. magister operis mit der Verwaltung des für den Bau bestimmten Vermögens sowie der Einnahmen und Ausgaben betraut.47

Die Verwaltung des kirchlichen Fabrikvermögens durch Laien scheint gegen Ende des 13. Jahrhunderts weit verbreitet gewesen zu sein, denn 1287 befasst sich die Synode von Würzburg in einem eigenen Kapitel damit: „Über die Laien, die die Kirchenfabrik verwalten (De laicis, qui fabricae ecclesiae administrant).“48 In einer Urkunde vom 20. März 1219, die im Schrein der Hll. Felix und Adauctus in St. Aposteln in Köln lag, heißt es nach dem Hinweis auf die zusammengetragenen Reliquien, dass „zu dieser Zeit die Kirche eingewölbt worden ist; das hat der Laie Albero, ein frommer Mann, mit großer Sorgfalt verwaltet (cum multa solicitudine hoc procurante)“.49

Der vom Bauherrn eingesetzte oder von der Gemeinschaft (Konvent der Kanoniker oder Mönche/Nonnen, Rat der Stadt) gewählte Bauverwalter vertrat den Bauherrn und war diesem oder dem Konvent bzw. dem städtischen Rat rechenschaftspflichtig und auch weisungsgebunden. Generelle Baugesetze bzw. Bauvorschriften, die zu beachten waren, sind für das frühe und hohe Mittelalter nicht bekannt; es ist aber anzunehmen, dass die Städte schon im 12. Jahrhundert Vorschriften zur Verringerung der Feuergefahr erlassen haben.50

Die Bezeichnung für den Bauverwalter ist vielfältig und auch am gleichen Ort nicht einheitlich. In einem Tesaurievertrag für den Neubau des Kölner Doms wurden 1248 die provisores seu rectores nove fabrice Coloniensis erwähnt; für diese Administratoren der Kölner Kirchenfabrik, die mit der Verwaltung des für den Dombau bestimmten Vermögens sowie der Einnahmen und Ausgaben betraut waren, sind während des Chorbaus 1248–1322 folgende Bezeichnungen urkundlich nachweisbar: provisor fabricae, magister seu provisor fabricae, magister operis, procurator fabricae.51 Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts zeichnet sich mit der häufigeren Verwendung der Begriffe procurator fabricae und provisor fabricae als Bezeichnung für den Verwalter des „Fabrikvermögens“ die Tendenz zu einer gewissen Vereinheitlichung der terminologischen Vielfalt ab. Seit dem beginnenden 14. Jahrhundert findet sich häufig, besonders in Süddeutschland, für den Bauverwalter die deutsche Übersetzung von magister operis als Baumeister (paumeister). Für das flämische Kloster Ter Duinen sind im Jahre 1265 erstmals „Meister dieser Kirche, die Kirchmeister genannt werden“ (magistri eiusdem ecclesiae, qui dicuntur kercmesters), erwähnt.52

Seit dem 12. Jahrhundert mehren sich besonders in Frankreich und Italien die Quellenbelege für die Bezeichnung operarius für den Verwalter der Kirchenfabrik.53 Im Rahmen einer Reform des Stiftes Saint-Salvi zu Albi verfügte Bischof Wilhelm von Albi um 1185 die Einrichtung des Amtes eines operarius, qui omnia quae eiusdem operis solent essent, accipiat fideliter et dispenset. Im Kloster Saint-Victor zu Marseille wurde zur Zeit des Abtes Bernard de Ruthenis (1064–1079) eine Urkunde im Namen des Guirannus, monachus et operarius, ausgestellt. Eine im Kreuzgang des Klosters Saint-Trophime zu Arles erhaltene Inschrift erwähnt ein im Jahr 1182 verstorbenes Mitglied des Konvents namens Poncius Rebolli, der als sacerdos et canonicus regularis et operarius ecclesie Sancti Trophimi bezeichnet wird. Ein Petrus Malaura, caput scole et operarius, wird unter den Zeugen einer auf März 1196 datierten Urkunde des Erzbischofs Imbert von Arles genannt.

Das allgemeine Verlangen, die Anonymität der Baumeister zu lüften, die unsere romanischen und gotischen Kathedralen geschaffen und über so bewunderte gestalterische und konstruktive Fähigkeiten verfügt haben, hat oftmals eine kritische, objektive Beurteilung der Quellen verhindert und so manchen Kanoniker oder angesehenen, ratsfähigen Bürger als bauverwaltenden magister operis, operarius oder architectus zum planenden und ausführenden Baumeister fehlinterpretiert. So war der in der Literatur als Baumeister gepriesene Enzelin in Würzburg nicht ein bauausführender Werkmeister, sondern er wurde von den Würzburger Bürgern für Bauverwaltungsaufgaben beim Bischof gewählt. In einer 1133 vom Würzburger Bischof Embrich ausgestellten Urkunde heißt es: „[…] Da das Dach unserer Hauptkirche [des Würzburger Doms] wegen der Schäden des Alters fast völlig verfallen war und einzustürzen und zusammenzubrechen drohte, haben wir eingehend nachgedacht, wie wir auch dieses Übel abwenden und die ganze Kirche in besseren Zustand versetzen könnten. Und da Gott gutem Trachten immer hilft, so ist uns durch den Zuruf aller unserer Bürger ein guter Mann bezeichnet worden, welcher uns auch die Brücke als glänzendes Werk gebaut hat, der Laie Enzelin, dem wir die Verwaltung und Leitung für die Wiederherstellung und Ausschmückung unserer Kirche übertragen hatten in genugsam schöner und glücklicher Ordnung, so dass er, welcher Brücke und Weg zur Kirche hergestellt hatte, selbst auch durch die Wiederherstellung der Kirche zum königlichen Palast, d. h. zum himmlischen Palast, emporsteige. […] Damit der vorgenannte Mann, der gute Enzelin, desto lieber die Verwaltung dieses Werkes [des Würzburger Doms] führe, so haben wir die Kapelle, die er selbst in unserer Vorstadt Bleichaha erbaut hatte, durch unsere Kraft frei gemacht und von der Pfarrei, zu der sie gehörte, so auf den Rat der Brüder abgelöst, dass das Volk, das um diese Kirche wohnt, daselbst einen eigenen Priester und ebenso Taufe wie Begräbnis für immer habe; […].“54

Enzelins Tätigkeit entsprach den Aufgaben des vor 1250 verstorbenen Kölner Kanonikers und Subdiakons Vogelo, „unter dessen Rat und Leitung (consilium et magisterium) der Neubau der Kirche [St. Kunibert in Köln, Ostteile 1222 und 1226/27 geweiht] begonnen und vorangetrieben worden ist.“55 Der Begriff magisterium hat eine recht weit gefasste Bedeutung, wird aber vorrangig mit Bezug auf die Bau- und Finanzverwaltung verwendet. So hatte um 1097 Heinrich IV. dem Bischof Otto von Bamberg nach einem Bericht seines Biographen Ebbo (1151/59) die Finanzverwaltung (tocius operis magisterium commisit) des Speyerer Doms übergeben, weil die magistri operis große Mengen des Geldes betrügerisch in ihre eigene Tasche gesteckt hatten und so der Kirchenbau ins Stocken geraten war56; Ottos zweiter Biograph Herbord nennt in seiner fast gleichzeitig (1158/59) verfassten Vita diese Tätigkeit omne opus commisit.57

Seit karolingischer Zeit waren sowohl Theologen als auch Laien als Bauverwalter eingesetzt. Am Aachener Königshof waren beispielsweise zur Zeit Karls des Großen und Ludwigs des Frommen jeweils zeitweise der Laie Einhard, der Mönch Ansegis und der Theologe Gerward mit der Bauverwaltung betraut.58 Der Mönch Ansegis, 822–833 Abt des Klosters Saint-Wandrille am Unterlauf der Seine, war in jungen Jahren von seinem Kloster an den Aachener Hof geschickt worden und wurde 814/17 „Verwalter der königlichen Werke in der Pfalz Aachen unter Abt Einhard (exactor operum regalium in Aquisgrani palatio sub Einhardo abbate)“, der 817–822 Laienabt des Klosters Saint-Wandrille war; „Das verwaltete er [Ansegis] aufs vornehmste, und in allen seinen Werken erwies er sich als klug (Quod nobilissime administravit, atque in cunctis operibus suis prudenter se agebat).“59 Der ostfränkische Adelige Einhard (um 770–840), der in der Klosterschule von Fulda erzogen und ausgebildet worden ist, seit 794 am Aachener Hof weilte und seit 794 Mitglied des Hofkreises war, galt als zweiter Beseleel, der nach Exodus 31 und 35 die Stiftshütte ausgestattet hat. Von Einhard, der „vielen durch Kenntnis nützlich war (multis arte fuit utilis) und am Hof überaus viele Werke ausgeführt hat (confecit multa satis opera)“60, heißt es, er sei variarum artium doctor peritissimus61; zudem hat er sich intensiv mit Vitruvs „Zehn Bücher über Architektur“ befasst. Er war später Stifter und Bauherr der Klosterkirchen in Steinbach (815–827) und Seligenstadt (nach 830). Zum Jahre 828 schreibt Einhard, dass „die Sorge für die Werke und Gefüge [d. h. das Bauen] der Pfalz (palatinorum operum ac structurarum) vom König an Gerward, den Bibliothekar der Pfalz (palatii bibliothecarius), übergeben war (cura commissa erat)“.62

Diese Nachrichten ergänzt der St. Galler Mönch Notker Balbulus in seinen auf Anregung Karls III. 883/87 verfassten Gesta Karoli für die Aachener Pfalzkapelle zur Zeit Karls des Großen63: „Zu dieser Bauunternehmung (fabrica) rief er [Karl der Große] von allen Regionen diesseits des Meeres Meister (magistri) und Werktätige (opifices) aller Künste (artes) dieser Art herbei. Über sie setzte er zur Ausführung des Werkes (ad executionem operis) einen Abt, der von allem der erfahrenste (peritissimus) war.“ Wegen Bestechung wurde er bestraft. „Die aus weiter Ferne Gekommenen überwies er seinem Haushofmeister (praepositus domus) Liutfried, damit er sie aus öffentlichen Mitteln unterhalte und kleide, aber auch alles, das zu jenem Bau gehörte, immer sorgfältig aufzuwenden sich angelegen sein lasse.“ Dieser wurde schließlich wegen Unterschlagung bestraft.

Die Bauherrschaft ließ sich von Werkmeistern beraten. So berichtet der Mönch Gervasius von Canterbury 1180 als Augenzeuge über den Wiederaufbau der Kathedrale von Canterbury nach dem verheerenden Brand am 5. September 1174: „Als sie ihr Elend ein wenig mit Trost gelindert hatten, errichteten sie in dem Kirchenschiff [dessen Dach und Decke völlig verbrannt waren] einen Altar und für sich irgendwelche Plätze, wo sie die täglichen Horen mehr herausheulten als sangen. […] Inzwischen suchten die Brüder Rat (quaerunt consilium), wie und nach welcher Maßgabe der Vernunft die niedergebrannte Kirche wiederhergestellt werden könne, aber sie fanden ihn nicht. Denn die Säulen der Kirche, die gewöhnlich Pfeiler genannt werden, fielen infolge der Schwächung durch das allzu große Wüten des Feuers stückweise herunter und konnten kaum standhalten, und entzogen so allen, auch den sehr Klugen, den richtigen und nützlichen Rat. So wurden Kunstfertige (artifices) aus Frankreich und England zusammengerufen, aber selbst die stimmten nicht überein beim Ratgeben. […] Es war aber unter den anderen Kunstfertigen (artifex) einer aus Sens gekommen, Wilhelm mit Namen, ein ausgesprochen tüchtiger Mann, in Holz und Stein ein sehr geschickter Kunstfertiger. Diesen nahmen sie, indem sie die anderen fortschickten, wegen der Lebhaftigkeit der Erfindungsgabe und wegen des guten Rufes in das Werk (opus) auf. Ihm und der Vorsehung Gottes wurde die Vollendung des Werkes anvertraut. […] Sie stimmten also ergeben, wenn auch nicht gerne zu, den verbrannten Chor einzureißen. So wurde viel Mühe für die Beschaffung von Steinen aus Übersee [Kontinent] aufgewendet. Um die Schiffe zu beladen und zu entladen und um den Mörtel und die Steine [auf]zuziehen, verfertigte er mit großem Erfindungsreichtum Winden. Auch übergab er den Steinmetzen, die zusammengekommen waren, Formen zum Formen der Steine und bereitete anderes in gleicher Weise sorgfältig vor. Der Chor also, der zum Abriss bestimmt war, wurde eingerissen, und darüber hinaus wurde in diesem ganzen Jahr [Sept. 1174 –Sept. 1175] nichts getan“.64

Die Beschaffung und Verpflegung von Frondienst leistenden Dorfbewohnern beim Fundamentieren der Klosterkirche Bloemhof/Wittewierum nordöstlich von Groningen im Jahre 1238 beschreibt Abt Menko von Wittewierum zehn Jahre später sehr anschaulich: „Es arbeiteten aber mit den Pfarrkindern dieser Kirche die Bürger von Wakersum [Wittewierum] einträchtig zusammen, so daß diese fast die Hälfte des Werkes ausführten. Und es wurde den Arbeitenden täglich die Hälfte eines runden Brotes gegeben und ein Stück Käse zu Mittag und drei oder wenigstens zwei große Krüge zu trinken. Und so arbeiteten sie in großer Heiterkeit, und durch die Vollmacht des Herrn Bischofs wurden den einzelnen Arbeitern [je] 5 Tage von der auferlegten Strafe nachgelassen [= Ablass]. Die Kanoniker aber und die Konversen arbeiteten redlich und kräftig mit. Die Hauptbeteiligten am Vorantreiben des Werkes waren Prior Andreas, ein kluger Mann im angenehmen Scherzen und mit fröhlicher Miene, der die Menschen sehr gut zum Arbeiten gewann, Bruder Menko, damals Vestiar [Kleiderwart] und Cellerar im Innern und nicht zuletzt Novizenmeister, später aber zum Abt dieses Klosters eingesetzt, Bruder Itat, ein Kanonikus, und der Konverse Sigrep. Diese riefen, weil ihre Bitten in den beiden Pfarren wirksamer waren, die Menschen zum Arbeiten auf, und oft gingen sie nach des Tages Arbeit und Sorge hinsichtlich der Ordnung und des Vorantreibens des Werkes, während die anderen sich am Abend zur Ruhe begaben, noch nach Sonnenuntergang einzeln von Tür zu Tür herum und baten und luden ein zur morgigen Arbeit und teilten sich und den [einzelnen] Pfarrsprengeln, wie es die Beschaffenheit des Werkes forderte, den Dienst zu.“65

Die Organisation, die den langjährigen Kirchenbau, das Steinwerk (opus, structura, werk), durchführte und für die Bauunterhaltung und den Kirchendienst zuständig war, wird in den mittelalterlichen Quellen ebenso wie die Vermögensmasse zumeist fabrica und erst im Spätmittelalter „Hütte“ genannt.66 Sie stand unter der Aufsicht des Bauverwalters, des Fabrikmeisters, und ihr gehörten, solange gebaut wurde, unter Leitung des Werkmeisters auch alle am Bau beschäftigten Handwerker an. Seit dem 13. Jahrhundert werden feste Holzgebäude als Aufenthaltsraum und Werkzeuglager sowie als Arbeitsraum für die Steinmetzen während des Winters erwähnt, die – seit der Mitte des 13. Jahrhunderts belegt – logia oder loge genannt werden.67 Immer wieder, fast allgemein, wird in der Literatur davon ausgegangen, dass Bauhütten, d. h. ein dauerhafter Zusammenschluss von Handwerkern, insbesondere von Steinmetzen, unter Leitung eines Werkmeisters von einer zur anderen Baustelle gewandert seien.68 Dafür fehlen jede Art von Nachrichten. Vielmehr zeigen Steinmetzzeichen, die im 12. Jahrhundert aufkommen, und Bauplastik, aber auch Steinbearbeitungsspuren, dass nur Werkmeister und einige wenige Steinmetzen tatsächlich über viele Jahre auf einer Baustelle verweilten, allgemein waren aber die Bleibezeiten recht kurz69, im späten Mittelalter musste sogar verfügt werden, dass mindestens eine Woche gearbeitet werden musste.

1.2.3 Finanzierung und Baukosten

An der Wende zum 9. Jahrhundert war die vermögensrechtliche Verselbständigung der ländlichen Kirchen gegenüber dem Bischof weitgehend abgeschlossen, während sich dieser Vorgang in Bereich des städtischen Kirchenwesens bis ins 10. Jahrhundert fortsetzte.70 Im Unterschied zu Italien oder Spanien war die kirchliche Baulast im Frankenreich bis weit ins 8. Jahrhundert hinein nicht Gegenstand einer gesonderten Gesetzgebung. Nach dem Niedergang der Metropolitanverfassung und dem Verfall der Synodaltätigkeit blieb es vielmehr vornehmlich weltlichen Machthabern vorbehalten, in die gesetzlichen Verfügungen der Kapitularien auch Regelungen zur baulichen Unterhaltung aufzunehmen. Das Gut der Kirche blieb auch weiterhin Eigentum des Kirchenherrn, doch war es als zweckgebundenes Sondervermögen rechtlich geschützt. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass nach altkirchlichem Recht die kirchliche Baupflicht auf den Kircheneinkünften lastete, mithin der Pfründeninhaber bzw. Eigenkirchenherr zum Unterhalt der Kirche verpflichtet war.

In den Rahmen der karolingischen Kirchenreform ist schließlich auch die unter König Pippin d. J. bzw. Karl dem Großen erfolgte Einführung des kirchlichen Zehnten als einer allgemeinen, rechtlich verbindlichen „Steuer“ einzufügen, die ursprünglich allein der Bischofskirche zustand, später jedoch ausschließlich auf Pfarr- und Taufkirchen überging und diesen mithin den Erwerb eines eigenständigen Vermögens ermöglichte. Für den deutschsprachigen Raum liegen Hinweise auf die zweckbestimmte Zuweisung von Gütern für die Unterhaltung kirchlicher Gebäude seit dem 11. Jahrhundert vor. 1021 verleiht Kaiser Heinrich II. beispielsweise der Paderborner Bischofskirche die Grafschaft des verstorbenen Grafen Liudolf mit der Bestimmung, dass ihr Ertrag zur baulichen Unterhaltung der Domkirche verwendet werden sollte. Entsprechende Entwicklungen sind auch im Niederkirchenbereich zu beobachten. Die Verselbständigung des „Fabrikgutes“ zu einer eigenständigen Vermögensmasse und eines für den Unterhalt des Geistlichen bestimmten Vermögens (Benefizial- bzw. Pfründengut) ist eng mit der Überwindung des Eigenkirchenwesens seit dem 11. Jahrhundert verknüpft. Mit der Umwandlung des Eigenkirchenrechts in das gemäßigte Patronatsrecht wurden vor allem die Vermögensrechte der Eigenkirchenherren eingeschränkt und der jeweiligen Kirche als einer rechtlichen Anstalt zugesprochen.

Eine genauere Regelung erscheint in einer Dekretale Alexanders III. aus dem Jahre 1179: Die Kosten für den Kirchenbau und Kirchenunterhalt seien vorrangig von der „fabrica ecclesiae“ selbst zu tragen, erst subsidiär sollten auch der Patron und die Pfründner herangezogen werden. Eine rechtliche Verpflichtung der Parrochianen (Pfarrmitglieder) zur Beteiligung an den Kosten war jedoch nicht vorgesehen, diese sollte vielmehr allein auf einer freiwilligen Basis erfolgen. Für die Reimser Kathedrale lieferte der Bischof nach dem Brande von 1210 – abgesehen von einer bescheidenen Landstiftung – keinen nennenswerten Beitrag; das Kapitel hatte vielmehr allein für die Finanzierung der Bauarbeiten zu sorgen. In Beauvais verpflichteten sich nach dem Brande von 1225 Bischof und Kapitel, zehn Jahre lang ein Zehntel ihrer Einkünfte für den Neubau zu geben. Am Bau der Kathedrale von Amiens ab 1220 haben sich die Bürger intensiv beteiligt.

Da das Fabrikgut in der Regel für Neubauten nicht ausreichte, mussten andere Formen der Finanzierung gesucht werden. Diese waren außerordentlich vielfältig.

Die Klöster waren in der Lage, durch Ansammlung und Konzentration ihrer Einnahmen ansehnliche Summen bereitzustellen. Anders war es bei Bischofs- und Stiftskirchen. In der Regel gaben der Bischof, die Kanoniker und die Stiftsherren nur geringe Summen aus ihrem Privatvermögen. Der Kölner Erzbischof Bruno, Bruder Ottos des Großen, war besonders großzügig. Er vermachte in seinem Testament (965) neben einer Reihe einzeln aufgeführter Gegenstände und Güter auch Geld: „100 Pfund zur Vollendung des Klosters [St. Pantaleon in Köln] und 300 Pfund zur Erweiterung der Kirche […], zur Vollendung der Klosterkirche und des Klosters [St. Maria im Kapitol in Köln] 100 Pfund, […] zur Vollendung des Klosters [St. Cäcilien in Köln] 50 Pfund, […] zur Gründung der Kirche und des Stiftes von Soest [St. Patrokli] 100 Pfund.“71 König Ludwig VII. hat 1180 einen Betrag von 200 Pfund zum Neubau der Pariser Kathedrale gestiftet.72

Von größerer Bedeutung war die zeitweise oder dauerhaft erfolgende Übertragung einer oder mehrerer Pfründen bzw. Präbenden (finanzielle Ausstattung der einzelnen Pfarr- und Kanoniker-Stellen) an die Fabrik sowie die Verpflichtung neu in das Kapitel aufgenommener Kanoniker, neben der Zahlung einer Aufnahmegebühr für eine gewisse Zeit auf ihre Einkünfte zu verzichten. Auch wurde vielerorts von jenen, die innerhalb des Kirchenraumes begraben werden wollten, ein Geldbetrag verlangt. Von Bedeutung für die Finanzierung waren auch Kollekten, Vermächtnisse von Einzelpersonen und Opferstockgaben für den Bau sowie Ablässe, die denen gewährt wurden, die den Bau unterstützten. Da es sich nur teilweise um jährliche Einnahmen handelte, konnte der Mittelzufluss in die fabrica, die Finanzverwaltung und Kasse des Kirchenbaus, nachlassen, stocken oder unterbrochen werden wie z. B. 1233/35 durch die Auseinandersetzung zwischen den Bürgern und dem Bischof von Reims. Neben den laufenden Einkünften mussten auch Wälder und Ländereien verkauft werden. Größere Spenden des Adels oder des Königs betrafen üblicherweise erst die Ausstattung der Kirche, insbesondere die Glasfenster.

Da häufig ein Brandunglück den Neubau notwendig machte, konnte dieses aufwühlende Ereignis die Spendenfreudigkeit der Bevölkerung anregen. So war nach dem verheerenden Brand in der Nacht vom 9. zum 10. Juni 1194, bei dem die Kathedrale und ein großer Teil der Stadt Chartres eingeäschert wurden, Frankreichs kostbarste Reliquie, die sancta camisia, das Hemd, das die Jungfrau Maria bei der Geburt ihres Sohnes umhüllt und das Karl III. aus Aachen nach Chartres geholt hatte, verschont geblieben. Diese wundervolle Rettung, die als Zeichen Gottes empfunden wurde, und das Entsetzen über den Großbrand bewirkten vor allem im Kronland der Kapetinger-Könige eine ungewöhnliche Begeisterung und Opferbereitschaft, angefeuert durch Predigten, Dank- und Bittprozessionen mit Wallfahrten zu dem Wunderort. So kamen in kurzer Zeit Geld, Material und Hilfskräfte zusammen, die den Neubau in der von etwa 10.000 Menschen bewohnten Stadt ermöglichten. 1221, nach 26 Jahren, konnten endlich die Kanoniker ihr Gestühl im Chor beziehen, der über der erhalten gebliebenen Krypta völlig neu gebaut werden musste. Mit dem Fortgang der Wiederaufbauarbeiten ließ aber auch in Chartres wie andernorts die „Begeisterung“ und damit auch die Spendenbereitschaft nach.

Auch wurden wundertätige Reliquien der neu zu bauenden Kirche auf Reisen geschickt. Guibert, seit 1104 Abt von Nogent (gest. 1124), berichtet in seiner Autobiographie, dass im Jahre 1112, drei Monate nach dem Brand der Kathedrale von Laon, sieben Kanoniker und einige Laien mit kostbaren Reliquien (Teil des Hemdes der Jungfrau, ein Stück des bei der Kreuzigung verwendeten Schwammes und einem Teilchen des wahrhaftigen Kreuzes) von Laon durch Nordfrankreich von Ort zu Ort gezogen sind und Spenden sammelten, die allerdings schnell für den Kirchenbau aufgebraucht waren.73 So wurde eine zweite Reise im Frühling 1113 nach England unternommen. Über Arras und Saint-Omer erreichten die Kanoniker in Wissant die offene See. Bei der Überfahrt wurden sie von flämischen Tuchhändlern ausgeraubt und von Piraten angegriffen. Von Dover reisten sie nach Canterbury, Winchester, Salisbury und Exeter; nach sieben Monaten kehrten sie schließlich mit reichen Gaben nach Laon zurück. So wurden zusätzlich zu den eigenen Mitteln Summen zusammengetragen, die den Bauablauf beschleunigen konnten; am 29. Aug. 1114 wurde die Kirche geweiht. Für die Geldbeschaffung zur Wiederherstellung des Klosters Petershausen „durchwanderten [1159] Mönche mit den Reliquien der Heiligen die Gegenden ringsum und baten sowohl Reiche als auch weniger Begüterte um Beistand bei der Wiederherstellung. Aus dem Ertrag solcher Sammlung begannen sie also zunächst Wohnräume des Abtes und zwei Kapellen zu bauen“.74

In Straßburg war es Brauch, dass Männer dem sog. Frauenwerk, d. h. der Kirchenfabrik, Rock, Rüstung und Pferd vermachten, aus deren Erlös dann der Münsterbau mitfinanziert wurde. Die Rendite aus Grund- und Hausbesitz spielte bei der Finanzierung zumeist eine recht bescheidene Rolle, ebenso der Rentenkauf. Schließlich sind auch die Bruderschaften zu erwähnen, die seit dem 11. Jahrhundert nachgewiesen werden können. Der Zusammenhang zwischen Altarstiftungen und Bautätigkeit, wie er in der Kunstgeschichte gern zur Baudatierung herangezogen wird, erfordert größte Zurückhaltung, denn die Altarstiftung kommt dem Altar und seinem Kult, nicht der Baufinanzierung zugute.

Alle Versuche, die Baukosten zu ermitteln, müssen letztlich scheitern; nicht nur weil uns die Quellen wenig über die Höhe von Geldstiftungen und Kosten überliefern, sondern weil sie nie über den gesamten finanziellen Aufwand für einen bestimmten Bauabschnitt informieren und nicht erkennen lassen, was an Sachleistungen wie Materialstellung, Hand- und Spanndienst (Frondienst) und Verpflegung hinzukommen, zumeist ein sehr bedeutender Anteil an dem Aufwand für einen Bau. Wenn für die Sainte-Chapelle in Paris (Rohbau 1241–1245, Weihe April 1248) 40.000 Pfund touronische Solidi überliefert sind, während ein mittleres Haus in Paris 150 Pfund kostete, dann ist zu berücksichtigen, dass für den Bau der verhältnismäßig kleinen Kapelle fast nur hochspezialisierte Fachkräfte – Steinmetzen für Profilsteine, Glaser und Maler – erforderlich waren und wir uns in der Mitte des 13. Jahrhunderts schon in einer Zeit befinden, in der die Entlohnung der Fachhandwerker vermehrt durch Geld und weniger durch Sachleistungen erfolgte. Die Baukosten für die Kapelle waren jedoch vergleichsweise niedrig, wenn man bedenkt, dass König Ludwig IX. für die kostbare Reliquie, die Dornenkrone Christi, 135.000 Pfund dem byzantinischen Kaiser Baudouin II. gezahlt hat und dass 1226 die Krönung Ludwigs IX. 4.333 Pfund gekostet hat.

Über die Kosten für Herstellung und Transport von Säulen informiert auch die Chronik des Klosters Zwiefalten, die der spätere Abt Berthold (gest. um 1169) in den Jahren 1137 und 1138 niedergeschrieben hat. Es sei überliefert, dass zur Zeit des Grafen Liutolf (gest. 1098) bei dem Dorf Altenburg am Neckar (bei Tübingen) „die Säulen für unser Münster [Zwiefalten] gebrochen worden sind […]. Für den Bau der Kirche, [und zwar] für den Bruch der Säulen und für ihr Herbeifahren [etwa 55 km über Land], sind 120 und mehr Pfund Silber bezahlt worden, die von überall her gesammelt worden waren“.75 Das ist der Gegenwert von ungefähr 1.500 Morgen Land. Für 1 Hube (= Hufe = ca. 70–120 Morgen) Land zahlte das Kloster 7–9 Pfund Silber, aber auch nur 2–4 Pfund, je nach Größe, Lage und Qualität. „Zwei Güter […] wurden für 130 Pfund Silber verkauft. Von diesem Geld wurden die Kirche und andere Gebäude erbaut, einige wüstliegende, uns geschenkte Ländereien wieder angebaut, mehrere uns dargebrachte, aber verpfändete oder an Laien zu Lehen gegebene Güter ausgelöst, endlich ein paar kleine, uns günstig gelegene Äcker, sobald die Möglichkeit sich bot, für dieses Geld angekauft. Auch wurde die Schar der Brüder […] einstweilen von diesem Geld unterhalten.“ Aus diesen Preisangaben wird im Vergleich überaus deutlich, wie ungemein teuer Säulen waren.

Rechnungsbücher, die über einzelne Kosten Auskunft geben, sind erst für Château Gaillard (1198), Dover Castle (1221–1228), Winchester Castle (1222/24), Lille (1249) und Westminster Abbey (1249–1270) erhalten.76

1.3 Werkmeister

Die praktische, technische Bauausführung bestimmte und leitete ein Baumeister, in den mittelalterlichen Quellen magister operis oder magister fabricae wie der Bauverwalter genannt (in deutscher Übersetzung Werkmeister), auch artifex (Kunstfertiger).77 Er war ein Maurermeister (magister caementarii) oder Steinmetzmeister (magister lapicidae oder sculptor), der während der Wanderschaft auf zahlreichen größeren Baustellen durch persönliche oder mündlich überlieferte Erfahrungen praktische Kenntnisse gesammelt hatte und diese bei einem Neubau einzusetzen verstand. Der Maurer bzw. Werkmeister wird auch als architectus bezeichnet, denn er hat das gemauerte Fundament für die Kirche erstellt, wie Bischof Isidor von Sevilla (570–636) in seinen Etymologiae und ihm folgend der Mainzer Erzbischof Hrabanus Maurus (780–856) in De universo mit Bezug auf das Paulus-Wort (1 Kor. 3,10) „Wie ein weiser Architekt habe ich das Fundament gelegt“, schreiben: „Architekten aber sind Maurer, die in den Fundamenten planen (architecti autem caementarii sunt, qui disponunt in fundamentis).“78

Die Herkunft des Werkmeisters aus dem Handwerk bringt es im frühen und hohen Mittelalter – aber auch noch später – mit sich, dass er ein vir illitteratus ist, d. h., er kann kein Latein; in der Regel kann er auch nicht lesen und schreiben. Entsprechend vermutet auch Wilhelm Schlink, dass Villard de Honnecourt (um 1225) die Beschriftung seines Skizzenbuches zwei oder drei Schreibern diktiert hat.79 Auch die Fähigkeit zu rechnen war höchst bescheiden.80 Noch 1408 schreibt die Prüfungsordnung von Oxford nur das Rechnen mit ganzen Zahlen vor, und Johann Neudörfer, Schreib- und Rechenmeister zu Nürnberg, berichtet um die Mitte des 16. Jahrhunderts, dass der Zimmermeister Weber „weder schreiben noch lesen kann, aber dennoch in der Proportion der Räder, in allerhand Mühlwerk so führtrefflich ist, dass ihm an Zahl und Maß gar nichts mangelt und abgeht.“ Die Geometrie, „Die Unterweisung der Messung mit Zirkel und Richtscheit“ (Albrecht Dürer), beherrscht der mittelalterliche Baumeister.

Über die Ausbildung eines Werkmeisters ist für das frühe und hohe Mittelalter nichts überliefert. Erst die spätmittelalterlichen Hüttenordnungen (1459) verlangen, dass der zukünftige Werkmeister sich einer üblichen Handwerkslehre zu unterziehen hat, d. h. bei einem erfahrenen Meister die Lehre im „Steinwerk“ durchgemacht und weitere Kenntnisse in der Praxis erworben hat. Vorschriften über Lehrlinge und wie viele ein Meister annehmen durfte, sowie über Lehrzeit und Lehrinhalt stammen ebenfalls erst aus dem Spätmittelalter, das Gleiche gilt für die Pflicht, nach der Lehre als Geselle auf Wanderschaft gehen zu müssen.81 Die Baubefunde zeigen aber, dass in allen Jahrhunderten die Wanderschaft üblich war.

Den Aufstieg eines Maurers und Zimmermanns zum Werkmeister stellt die Vita des Paderborner Bischofs Meinwerk (1009–1036), die Konrad, Abt des Klosters Abdinghof in Paderborn, zwischen 1155 und 1165 abgefasst hat, in wenigen Worten dar: „Als aber die Werktätigen tüchtig am Bau [des Paderborner Domes 1009–1015] beschäftigt waren, kam eines Tages ein Unbekannter, der den dabeistehenden Bischof demütig grüßte und ihm ergeben seinen Dienst antrug. Als ihn der Bischof fragte, in welcher Fertigkeit dieser Dienst bestehe, gab er an, Maurer und Zimmermann (caementarius et carpentarius) zu sein; und bald wurde ihm vom Bischof befohlen, einen Nagel herzustellen, der gerade für eine Holzverbindung gebraucht wurde. Als der mit großer Schnelligkeit und raschen Handgriffen angemessen und passend gefertigt war, wurde er den Arbeitenden als Mitarbeiter beigestellt, und nachdem er durch sein Fachwissen (artis suae scientia) als tüchtig anerkannt und durch jegliche Erfahrung ausgewiesen war, wurde er vom Bischof dem ganzen Werk vorgestellt. Als er wenig später starb, bereitete der Bischof seinem Ankömmling ein würdiges Begräbnis; er ließ ihm in der Krypta neben der Mauer ein Grabmal errichten und legte an seinem Kopf seine Kelle und seinen Hammer nieder zur Erinnerung für die Späteren.“82

Die Aufteilung der Zuständigkeiten von Bauherr, Bauverwalter und Werkmeister wird in einem Vertrag von 1261 für den Bau der Klosterkirche von Saint-Gilles-du-Gard in der Provence dargelegt.83 Guillaume de Sieure, Abt des Klosters, und Valentin de Mirabello, Bauverwalter (operarius) dieses Klosters, auf der einen Seite und Meister (magister) Martin de Lonay, Einwohner von Posquières (Vauvert bei Nîmes), auf der anderen Seite treffen eine Vereinbarung „über das Gebäude (edificium), über die Konstruktion (constructio) oder die Durchführung (opus), sowie über die Vorbereitung (apparatus) und die Anordnung (ordinatio) zur Errichtung der Kirche“. Meister Martin, dem die Bauleitung übergeben war, hat sich auf mündliches oder schriftliches Geheiß des Abtes, des Bauverwalters oder eines anderen zwischen dem Fest des heiligen Michael (29. Sept.) und Pfingsten beim Bau einzufinden. Als Lohn werden ihm für jeden Arbeitstag elf touronische Solidi versprochen; er darf außerdem an der Tafel des Abtes teilnehmen mit genauer Aufzählung der ihm zustehenden Speisearten und Mengen, die er auch dann bekommt, wenn er außerhalb des Klosters essen will. Jährlich erhält er zu Pfingsten 100 touronische Solidi für ein Gewand. Die Dauer der Abmachung erstreckt sich bis zur Fertigstellung der Kirche. Die Umrechnung der einzelnen Geldangaben ist kaum möglich. Jedoch ist im Vergleich festzustellen, dass der Werkmeister als Tagelohn ebenso viel oder kaum mehr als ein Steinmetz bekommt.

An diesen Belegen ist die Zweiteilung der Leitungsfunktion einer Großbaustelle deutlich zu erkennen: Es gibt einen administrativen Bauleiter, den Bauverwalter (magister fabricae usw. siehe oben), und einen technischen Bauleiter, der als erfahrener Handwerksmeister auf der Baustelle mitarbeitet, wie Gervasius von Canterbury für den Werkmeister Wilhelm von Sens berichtet: er war „in Holz und Stein ein ganz besonders Kunstfertiger“ (in ligno et lapide artifex subtilissimus); ihm wurde 1174 die praktische Bauleitung für den Wiederaufbau der Kathedrale von Canterbury übergeben. Er arbeitete auf der Baustelle mit. Als er im September 1178 in der Vierung beschäftigt war, „zerbrachen plötzlich die Balken unter seinen Füßen, und er stürzte mit Steinen und Hölzern, die mit ihm zugleich abstürzten, zur Erde, von der Höhe der Kapitelle des oberen Gewölbes, nämlich 50 Fuß [ca. 15 m]. [Er wurde schwer verletzt] Aber weil doch der Winter bevorstand, und es nötig war, das obere Gewölbe zu vollenden, übergab er einem fleißigen und klugen Mönch, der den Maurern vorstand, die Vollendung des Werks. […] Der Meister jedoch, der im Bett darniederlag, ordnete an, was früher, was später gemacht werden musste. So wurde das Gewölbe zwischen den vier Hauptpfeilern geschaffen, […]. Als der Meister [im Sommer 1179] spürte, dass er durch keine Kunst oder Bemühung der Ärzte geheilt werden könne, kündigte er das Werk auf und kehrte über das Meer nach Frankreich zu den Seinen zurück. Ihm folgte in der Bauleitung (in curam operis) ein anderer mit Namen Wilhelm, ein Engländer von Geburt, klein an Gestalt, aber in unterschiedlichen Werken sehr geschickt und tüchtig (in diversis operibus subtilis valde et probus).“84 Die Befähigung in Stein und Holz, die für Wilhelm von Sens ausdrücklich gepriesen wird, ist bereits 150 Jahre früher in der um die Mitte des 11. Jahrhunderts von Everhelm verfassten Vita des Abtes Poppo von Stablo (1021–1048) für Thietmar magister carpentariorum vel latomorum erwähnt, der von Abt Poppo „wegen der Erfahrung seiner Kunst (propter peritiam artis suae) sehr geschätzt wurde (valde carus habebatur)“.85 Auch der Werkmeister des Paderborner Domes war um 1010 „Maurer und Zimmermann“ (siehe oben).

Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts ist erkennbar, dass Werkmeister auf mehreren Baustellen gleichzeitig arbeiteten, nicht zuletzt wegen des finanziellen Anreizes. Der Vertrag mit dem Meister Gautier de Varinfroy vom Oktober 1253 enthält daher auch einen Passus mit der Bestimmung, dass die Erlaubnis des Kapitels von Meaux notwendig ist für den Fall, dass Gautier zusätzlich eine Baustelle außerhalb des Bistums annehmen möchte: „Wir [Bischof, Dekan und Kapitel von Meaux] machen bekannt, dass wir Meister Gautier de Varinfroy aus der Diözese Meaux die Bauarbeiten unseres Kirchenbaus übergeben haben unter folgenden Verabredungen: Er selbst soll für jedes einzelne Jahr zehn Pfund bekommen, solange wir und unsere Nachfolger und das genannte Kapitel zustande bringen, an besagter Baumaßnahme (fabrica) zu arbeiten. Und wenn es sich fügt, dass ihn lange oder dauernde Krankheit befällt, so dass er nicht arbeiten kann, dann soll er die genannten zehn Pfund nicht erhalten. Ebenfalls soll er drei Solidi für jeden Tag empfangen, an dem er an besagter Baumaßnahme arbeitet oder im Dienste der Baumaßnahme geschickt wird, und er soll ohne unsere Erlaubnis kein anderes Werk (opus) außerhalb unseres Bistums annehmen. Ferner soll er das Holz haben, dem sie keine Verwendung für das Bauwerk zuweisen können, und er darf nicht auf die Baustelle (fabrica) von Evreux oder an einen anderen Ort außerhalb der Diözese von Meaux mehr als zwei Monate gehen oder [dort] verweilen, es sei denn mit Erlaubnis des Kapitels. Und er ist verpflichtet, sich in der Stadt Meaux aufzuhalten, und er schwört, dass er treulich an der oben genannten Baumaßnahme arbeitet und der oben genannten Baumaßnahme treu ist.“86 Hier wird erstmalig das bis ins 20. Jahrhundert übliche „Mutterholz“ erwähnt.

Aus überlieferten Verträgen mit Werkmeistern ist deren unterschiedliche Art und Höhe der Besoldung erkennbar. 1129 forderte der Werkmeister Raymond vom Erzbischof von Lugo (Nordspanien) pro Jahr 6 Mark Silber, 36 Meter Stoff, 17 Ladungen Holz, so viele Schuhe und Gamaschen, wie er braucht, 2 Sous für Nahrungsmittel, 1 Maß Salz und 1 Pfund Kerzen.87 In der Chronik Menkos, des dritten Abtes des Prämonstratenserklosters Wittewierum bei Groningen, findet sich, 1248 niedergeschrieben, eine interessante Ergänzung, aus der zu entnehmen ist, dass der Lohn im Winter – bei kürzerer Arbeitszeit wegen der früher einsetzenden Dunkelheit – deutlich niedriger ausfiel: 1238 kam nach Wittewierum „auf den Rat des Herrn Abtes Sibrand der in der Steinmetzkunst erfahrene und in Köln geborene Meister Everard, um die neue Kirche im Blühenden Garten zu errichten, nachdem sein Lohn bestimmt war, nämlich dass er außer der Kost im Sommer täglich sieben deventrische Stüber, im Winter aber, von St. Martin bis Lichtmess, drei erhalte und während dieser Zeit sitze, um Backsteine zu schneiden, aber nachteilig genug wegen der Kürze der Tage und der Dunkelheit des Himmels“.88 Dieser Vertrag wurde jedoch später „wegen seiner und seiner Söhne unerträglichen Gefräßigkeit“ umgeändert, so dass er jährlich 24 Pfund und täglich zwei groningische Unzen erhielt. Seine Aufgabe war die ordnungsgemäße Fundamentierung der Kirche.

Neben Verträgen, die die Anstellung eines Werkmeisters auf Zeit oder auf Dauer betreffen, gibt es auch Verträge zwischen Bauherrn und Werkmeister, die die Ausführung einer einzelnen, nach Umfang und Aufwand überschaubaren Baumaßnahme regeln und die Leistungen des Werkmeisters als Unternehmer spezifizieren. So lautet ein Vertrag, den Aldebert, Abt des Klosters Lérins, über einen Turmbau mit dort tätigen Meistern abgeschlossen hat und der sich auf 1073/88 bezieht: „Diese Vereinbarung haben der Abt und die Meister über das Werk des Turmes gehabt, dass der Abt den Meistern 50 Solidi bezahlt; und sie selbst müssen fünf Fuß ausführen, und so bis zur Vollendung des Werkes. Es muss gemacht werden, wie zuvor gesagt ist, fünf in der Höhe und in der Dicke eines Rohres, wo es genauer wird. Über das Fundament ist in der Tat so angeordnet: wenn sie drei Fuß unten in die Erde eindringen sollten, müssen die Meister es ganz vollenden; wenn aber vier, dann möge der Abt ein und die Meister drei durchführen. Für das Ziehen der Steine, für das Ochsen angemessen sind, ist der Abt verpflichtet zu sorgen; das Kloster ist verpflichtet, das Holz zu fällen und bis zum Ofen zu transportieren. Das übrige müssen die Meister ergänzen. Auch ist das Kloster verpflichtet, allen Meistern wie jedem Mönch Speise im Refektorium zu geben.“89

Für die in der Stadt Avignon tätigen Meister bestimmt eine städtische Ordnung aus dem Jahr 1243 im Passus 145, „was die Meister (magistri) schuldig sind zu arbeiten bei denen, mit denen sie übereingekommen sind: Ferner setzten wir fest, dass jeder Steinmetz- oder Zimmermeister (magister lapidum vel lignorum) oder jeder andere Meister (magister) oder Zimmermann (carpentarius), der mit jemandem übereingekommen ist, in seiner Fertigkeit (ars) zu arbeiten, ob ihm ein fester Lohn (certa merces) festgesetzt ist oder nicht, dass er an dem zur Arbeit bezeichneten Tag mit allen Mitteln zu arbeiten schuldig ist, mit dem er übereingekommen ist zu arbeiten, und [auch] ein begonnenes Werk zu vollenden, wenn es der Herr will, wenn sich der Meister nicht mit einem berechtigten Grund (iusta causa) entschuldigen kann. Und wenn der Meister dagegen handelt, wird er verurteilt, dem Herrn, mit dem er übereingekommen ist zu arbeiten, für jeden Tag, an dem er darin gefehlt hat, zwei Solidi [zu zahlen]“, d. h. schon im 13. Jahrhundert waren Konventionalstrafen üblich.90 Die wahrscheinlich auf Anforderung König Ludwigs IX. des Heiligen (1226–1270) 1258 abgefassten beschworenen Gewohnheiten von 100 Pariser Handwerkerzünften enthalten bis in Einzelheiten gehende Vorschriften u. a. auch für die „Maurer, Putzer und Mörtelmacher“.91 Mit dieser Ordnung befinden wir uns aber am Beginn einer neuen Zeit mit der Entstehung der Zünfte. Über die Stellung und Tätigkeit der königlichen Werkmeister (master masons) in England ist für die Zeit vor 1245 wenig bekannt; erst mit Meister Henry de Reyns (1245–1253) ist der erste königliche Werkmeister mit Namen bekannt.92

Das Ansehen der Werkmeister in der Gesellschaft war nicht besonders, sie waren eben „nur“ Handwerker. So wundert sich Bischof Otto von Freising (gest. 1158), dass man in Italien „junge Leute der unteren Stände und Handwerker irgendeines verachteten mechanischen Gewerbes (mechanicarum artium opifices), die andere Völker wie die Pest von ehrenvolleren und freieren Beschäftigungen ausschließen, zum Rittergürtel und zu höheren Würden zulässt“.93

Im Verlauf des 13. Jahrhunderts änderte sich die Stellung der Werkmeister auf der Baustelle. So schreibt Thomas von Aquin 1269 in Paris: „Es muss aber bedacht werden, dass bei jedem beliebigen Kunstwerk in einfacher Weise derjenige, der in Bezug auf das Kunstwerk Anweisungen vornimmt und architector genannt wird, besser ist als irgendein Handwerker, der an dem Werk ausführend handelt gemäß dem, was ihm von einem anderen angewiesen wird, weshalb zum Bau von Gebäuden derjenige, der Anweisungen bezüglich des Gebäudes vornimmt, wenngleich er nichts mit den Händen arbeitet, sich um einen höheren Lohn verdingt als die handwerklich Kunstfertigen, die Hölzer behauen und Steine schlagen.“94 Entsprechend lästert der Franziskanermönch Nicolaus de Byard 1261: „Die Maurermeister (magistri caementariorum), Messstab und Handschuhe in den Händen, sagen zu den anderen: Schlage mir dieses, und sie arbeiten nicht; und dennoch erhalten sie einen größeren Lohn.“ In den Distinctiones, die ebenfalls Nicolaus de Byard zugeschrieben werden, heißt es: „Auf diesen großen Bauten pflegt ein Hauptmeister (magister principalis) zu sein, welcher nur durch das Wort anordnet; selten oder niemals legt er Hand an, und doch erhält er einen höheren Lohn als die anderen.“95

Die hier charakterisierte Stellung der Werkmeister war das Ergebnis eines eingreifenden Strukturwandels, zu dem Geldwirtschaft, Arbeitsteiligkeit in den Städten, zahlreiche technische Innovationen und eine entwickelte Laienkultur in Europa geführt hatten. Die starre gesellschaftliche Ordnung, die Stellung eines jeden in der theologisch bestimmten Weltordnung, löste sich auf. Im Verlauf dieser Entwicklung gewann im 13. Jahrhundert auch der Handwerksmeister, der artifex oder magister lapicidae, als technischer Bauleiter Ansehen und Einkommen. Die Werkmeister zählten aber weiterhin zu den Handwerkern.

Mit dem Aufkommen von Bauplänen seit der Mitte des 13. Jahrhunderts (siehe unten) wird die Leistungseffizienz gesteigert und der Baumeister von der täglichen Anwesenheit auf der Baustelle freigestellt; damit wird ihm auch die Möglichkeit gegeben, weitere Bauten zeitgleich zu planen und zu beraten, wie es sich u. a. für Pierre de Montreuil und Jean Deschamps und seine Familienmitglieder (1248–1357) in Schriftquellen und Bauten nachweisen lässt.

Seit der Mitte des 13. Jahrhunderts zeugt der Hausbesitz von einer recht hohen sozialen Stellung der Werkmeister. Dem Kölner Dombaumeister Gerhard, dem allgemein die Planung und Ausführung des ersten Bauabschnitts des Neubaus ab 1248 zugeschrieben wird, überließ 1257 das Kölner Domkapitel wegen seiner Verdienste um die Domkirche in Erbpacht ein besonders großes Grundstück mit einem großen Steinhaus, das Meister Gerhard aus eigenen Mitteln gebaut hat.96 Aus der undatierten Durchführung (vor 1302) seiner testamentarischen Bestimmungen über das Steinhaus in der Marzellenstraße erfahren wir, dass das Haus so groß war, dass es in vier Wohnungen geteilt werden konnte. Aus der Nachlassregelung ist ferner zu entnehmen, dass Gerhard drei weitere Häuser in der Marzellenstraße besaß. Hausbesitz bei einem eindeutig als Handwerksmeister charakterisierten magister ist auch sonst seit dem 13. Jahrhundert mehrfach bezeugt. Auch der Werkmeister der Pariser Kathedrale, Pierre de Montreuil, wird 1247 in Saint-Denis und 1265 in Paris im Zusammenhang mit Grunderwerb genannt; ferner gehörten ihm mehrere Grundstücke und ein Steinbruch.97 John of Gloucester, Baumeister des englischen Königs, besaß bei seinem Tod 1260 ein Haus in Puck Lane, beim Nordtor der Stadt Gloucester, ein Gut in Bletchington in der Grafschaft Oxford, ein Haus in Bridport in Dorset, Ländereien im Süden von London, zwei Häuser in Oxford und ein Geschäft bei den Tuchhändlern von Gloucester.98

Abb. 1.2: Grabplatte des Baumeisters Huges Libergier (gest. 1263), Ende 13. Jahrhundert, Messlatte, Richtscheit, Winkel, Zirkel, Modell (aus Saint-Nicaise in Reims, heute in der Kathedrale).

Abb. 1.2: Grabplatte des Baumeisters Huges Libergier (gest. 1263), Ende 13. Jahrhundert, Messlatte, Richtscheit, Winkel, Zirkel, Modell (aus Saint-Nicaise in Reims, heute in der Kathedrale).

Zeitgleich mit der Entwicklung zu einer angesehenen persönlichen Stellung treten in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts Grabplatten mit Namensnennung auf, wie die des Werkmeisters der Klosterkirche Saint-Nicaise in Reims, Hugues Libergier (gest. 1263), die vermutlich erst Ende des 13. Jahrhunderts angefertigt worden ist (Abb. 1.2), oder die des Guerin aus der Pfarrkirche Saint-Marcel in Saint-Denis, vermutlich 3. Viertel des 13. Jahrhunderts.99 Am Straßburger Münster befindet sich eine Inschrift für Erwin von Steinbach. Auch werden nun – wie schon früher in Italien – Werkmeister mit Namen in Schriftquellen und auf Bauteilen genannt, z. B. Gislebert auf dem Tympanon der Kathedrale in Autun oder Durand um 1233 auf einem Schlussstein der Kathedrale von Rouen oder für alle Kirchenbesucher sichtbar und verständlich am Tympanon des Eingangs in die spätromanische Stadtkirche von Engen im Hegau: „Diz machet ane swere Rudolf der murere.“ Pierre de Montreuil, der auf seinem Grabstein 1267 in der Marienkapelle von Saint-Germain-des-Prés in Paris doctor lathomorum genannt wird, ließ sogar zum Gedenken an seinen 1258 verstorbenen Vorgänger Jean de Chelles auf dem Sockel am Südquerschiff der Pariser Kathedrale eine 10 Meter lange und 8 Zentimeter hohe Inschrift einmeißeln: „Im Februar 1257 wurde dieses begonnen […] von dem [damals noch] lebenden Steinmetzmeister Johann (lathomo vivente Johanne magistro).“100 Bei der Planung des Neubaus setzte der Werkmeister seine auf anderen Baustellen erworbenen Erfahrungen ein und nutzte als Vorbild andere Bauten, die ihm wohl zumeist der Bauherr vorgab.101

1.4 Bauplanung und Entwurf

1.4.1 Musterbuch des Villard de Honnecourt

Über die Vielfalt der Interessen und Aufgaben eines hochmittelalterlichen Werkmeisters gibt das einzige aus dem Mittelalter erhaltene Architektur-Musterbuch Auskunft, dessen Zeichnungen Villard de Honnecourt auf Reisen u. a. nach Cambrai, Meaux, Vaucelles, Reims, Laon, Chartres, Lausanne und Ungarn um 1220/30 teils nach der Natur, teils nach Bildvorlagen angefertigt hat.102 Die Skizzenblätter wurden von dem aus Honnecourt bei Cambrai in der Picardie stammenden, vermutlich als Werkmeister tätigen Villard nachträglich zu einem livre zusammengestellt, soweit möglich thematisch geordnet und in Altfranzösisch mit didaktischer und erklärender Absicht beschriftet und zwar sehr wahrscheinlich nach Diktat von drei verschiedenen Schreibern, weil Villard schreibunkundig war wie im frühen und hohen Mittelalter bei Laien allgemein üblich; sogar der bedeutende staufische Kaiser Friedrich Barbarossa (gest. 1190) konnte kein Latein und weder lesen noch schreiben. Der Dichter Hartmann von Aue (1160/65–um 1210), einer der drei großen epischen Klassiker des Mittelalters, war Ministeriale und betont ausdrücklich zu Beginn seines „Armen Heinrichs“, „er habe eine solche Bildung erlangt, dass er alles lesen und verstehen konnte, was in den Büchern geschrieben steht“; er hatte offenbar eine klösterlich-gelehrte Bildung erhalten, was für Laien ungewöhnlich war.

Auf fol. 1v nutzt Villard den Platz über der obersten Apostelreihe zu einem Wort an seine Leser: „Wilars dehonecort grüßt Euch und bittet alle diejenigen, die mit diesen Konstruktionen, die man in diesem Buch findet, arbeiten werden, für seine Seele zu beten und sich seiner zu erinnern. Denn in diesem Buch kann man großen Rat finden über die große Fertigkeit der Maurerei und der Konstruktionen der Zimmerei, und Ihr werdet die Fertigkeit des Zeichnens finden, die Grundzüge, wie die Kunstfertigkeit der Geometrie sie verlangt und lehrt.“

Schon im Mittelalter gingen etwa 13 Blätter verloren, heute sind noch 33 Blätter, also 66 Seiten, erhalten. Die noch vorhandenen 325 Einzelzeichnungen zeigen zu etwa zwei Dritteln Menschen- (163) und Tierdarstellungen (62), ferner liturgisches Gerät, Maschinen, Ansichten und Grundrisse von Kirchen sowie vier Seiten Geometrie für die Bauerstellung. Die braunen Federzeichnungen sind in Bleistift und bei den Bauabbildungen auch durch Blindrillen auf dem Pergament vorbereitet. Die am heutigen Baubestand nachkontrollierbaren Zeichnungen von Reims, Laon, Chartres und Lausanne erweisen, dass Villard die Bauformen aufgrund seiner eigenen konstruktiv-geometrisch bestimmten Logik leicht verändert und teilweise summarisch wiedergegeben hat. Seine Figurenzeichnungen im späten Muldenfaltenstil gehören in vielfältige ikonographische Bereiche der Skulptur und der Buch- und Glasmalerei: christliche Figuren, Allegorien, Gerichts- und Turnierszenen, Würfelspieler und Löwenkampf sowie Aktdarstellungen, vermutlich nach antiken Skulpturen. Die zahlreichen Tierdarstellungen mit geometrischen Figuren als Zeichenhilfe stehen in der Tradition von Bestiarien, zoologisch-mythologische Darstellungen vom Aussehen und Verhalten der Tiere, um 200 in Alexandria verfasst und besonders im 12. Jahrhundert vielfach abgeschrieben und ergänzt.

Seine Skizzen geben Hinweise auf die damaligen Planungstechniken, vor allem für die Kathedrale von Reims, die für die Entwicklung der Hochgotik formal (Gliederpfeiler, Maßwerk, Skulpturenprogramme), technisch und im Planungsverfahren (Aufkommen von Baurissen) 1211/33 von höchster Bedeutung ist und die er auf sechs Blättern mit Innen- und Außenansichten sowie Detailzeichnungen darstellt und zwar in steileren Proportionen und gegenüber der Ausführung veränderten Details (z. B. das Strebewerk). Er zeigt aber bezüglich des Maßwerks sehr genau die Unterschiede zwischen den Chorkapellen einerseits und dem Langchor und Querschiff andererseits. Der schematische Grundriss einer „eckigen Kirche, die für einen Bau des Zisterzienserordens vorgesehen war“, und der Chorentwurf, den Villard und Peter von Corbie „in gemeinsamer Besprechung miteinander erfunden haben“ und für den der Chor der Zisterzienserkirche zu Vaucelles bei Cambrai vorbildhaft gewesen war, zeigen in ihrer unterschiedlichen Darstellungsweise als Linienschema bzw. horizontaler Mauerschnitt mit Gewölbeeintragung die Vielfalt der Darstellungsweisen. Mit dem in mehreren Ebenen zusammen projizierten Grundriss und perspektivischen Aufriss eines der nach 1205 errichteten Westtürme von Laon beweist Villard, wie erschöpfend er ein architektonisches Vorbild wiederzugeben vermochte. Ein Beispiel für die Kopierweise und Umstilisierung eines Architekturdetails ist das große runde Westfenster der Kathedrale von Chartres auf fol. 15v, das dem Neubau nach 1194 angehört, dessen obere Teile vor 1220 fertiggestellt waren. Villard übernimmt die Konzeption des Originals, verändert das Ganze aber im Hinblick auf größere Leichtigkeit und detailliertere Gliederung. Grundsätzlich wird durch die veränderten Proportionen das Fenster schematischer, geometrisch einfacher konstruierbar und damit nachvollziehbarer, es wird ornamentaler, ein bedeutender Schritt hin zum Maßwerk. Ganz ähnlich ist Villard mit dem vor 1225/30 entstandenen Rundfenster am Südquerhaus der Kathedrale von Lausanne verfahren (fol. 16).

Über den Werkmeister Villard ist sonst nichts weiter bekannt. Die häufig geäußerte Auffassung, es habe sich eher um einen „Theoretiker“ oder Maler gehandelt, ist im Hinblick auf die technischen Details nicht wahrscheinlich; vielmehr zeigt das Musterbuch deutlich die weit gespannten Aufgaben eines mittelalterlichen Werkmeisters. Das entspricht dem, was wir über die antiken Architekten wissen und was sich aus dem Œuvre von Leonardo da Vinci erkennen lässt. Villard repräsentiert den Werkmeister am Übergang zur Gotik, am Beginn eines intensiv gewandelten Baubetriebes.

1.4.2 Baupläne

Immer wieder stellt sich die Frage nach den Planungsgrundlagen für die Einmessung der Fundamente und für die Ausführung des aufgehenden Mauerwerks mit seinen vielfältigen Gliederungen.103 Die Antwort auf die Frage nach dem Vorhandensein und dem Aussehen von Bauplänen (Werkrissen), die für die Errichtung eines Baus notwendig sind und der Errichtung unmittelbar vorangehen, ist auch deshalb von grundlegender Bedeutung, weil viele Maß- und Proportionsforscher wohldurchdachte und umfangreiche Vorgaben für die Bemessung der Bauten erschließen: zum Teil komplizierte geometrische Figuren und in vielfacher Weise durch Maßbeziehungen vorherbestimmte Grundriss- und Aufrissdispositionen werden vorgeschlagen, die eigentlich nur durch maßstabsgerechte Planzeichnungen entwickelt und danach auf den Bau übertragen werden können.104 Auch wenn sich kaum einer vorstellen kann, dass die großen Kirchenbauten im frühen und hohen Mittelalter ohne Verwendung von Bauplänen gebaut worden sind, deuten alle Anzeichen darauf hin, dass Werkzeichnungen (seit dem 15. Jahrhundert riß oder visierung genannt) in verkleinertem Maßstab und 1:1-Risse erst im 13. Jahrhundert aufkommen. Allgemein galt, dass das Bauwerk im Geist konzipiert wurde: opus in mente conceptum. Das betrifft beispielsweise auch den Dreikonchenchor von St. Maria im Kapitol in Köln (um 1040–1065), der über der von Speyer abhängigen Krypta steht, wobei die Raumbildungen das Übereinander der Stützen und Mauern nicht erahnen lassen. Andererseits wurde bei dem als Familiengrablege vorgesehenen Speyerer Dom ein ambitionöses Bauwerk Kaiser Konrads II. die Grundrissplanung während der Ausführung (1030–1061) mehrmals beträchtlich verändert: Erweiterung der Hallenkrypta unter dem Chor in die Vierung und in die Querschiffarme hinein, Verlängerung des Langhauses, Verstärkung der Vierungspfeiler.105 Erst in der Mitte des 13. Jahrhunderts kommen einigermaßen proportionsgerechte Zeichnungen auf. Einen mit einem Maßstab versehenen Plan kennt man erst seit der Renaissance, also seit dem 15./16. Jahrhundert. Das älteste, maßstäbliche Modell ist für S. Petronio in Bologna von 1390 überliefert, und der älteste erhaltene Plan mit Maßstab stammt von Madern Gartener aus dem 2. Jahrzehnt des 15. Jahrhunderts. „Der im Geist [des Baumeisters] konzipierte Bau“ (opus in mente conceptum) wird unmittelbar auf der Baustelle aufgemessen (siehe Abschnitt 1.4.3). Allein grobe Skizzen auf Wachstäfelchen zeigen den ungefähren Grundriss, und kleine Wachs- oder Holzmodelle vermitteln dem Bauherrn und den Geldspendern eine sehr allgemeine Vorstellung.

Heiric von Auxerre (gestorben um 876) überliefert für die Kirche Saint-Germain in Auxerre, wo er als Lehrer wirkte: „Kunstfertigen (artifices), die in dergleichen höchst erfahren waren, wurde die Angelegenheit übergeben. Indem deren Fleiß zu der Gunst des Ortes hinzukam, wurde ein Modell des geplanten Werks hergestellt (concepti operis exemplar conficitur) und gleichsam in einem Vorspiel der künftigen Größe wurde der Bau klein in Wachs gebildet (caeris brevibus informatur) in der Schönheit der Feinheit, die des Königs, der Engel und der Menschen, die der Gemeinschaft der Heiligen, die auch der Erhabenheit dieses Ortes würdig wäre. Als für die entsprechenden Ausgaben Vorsorge getroffen war, wurden Arbeiter und Werkmeister ausgewählt, dank deren rastlosem Eifer und höchster Emsigkeit das gewaltige Werk in unglaublicher Geschwindigkeit ausgeführt wurde.“106

Die in den Händen von Stiftern und Bauherren in der Buchmalerei oder auf Grabsteinen dargestellten Architektur-Modelle sind nicht als Abbildung von Baumodellen zu interpretieren, sondern sie sind Symbol für den von ihnen gestifteten oder errichteten Kirchenbau.107

Richard von St. Viktor in Paris (gestorben 1173) illustriert die Einzelform der Torbauten des Tempels von Jerusalem in seinem Kommentar zu den Visionen des Ezechiel durch eine einfache Grundriss-Strichzeichnung und erläutert: „Weil wir aber […] über die Beschreibung der Toranlage schon hinreichend gesprochen haben und […] der Reihe nach ausgeführt haben, wollen wir an dieser Stelle zur größeren Anschaulichkeit dessen, was gesagt wurde und was noch zu sagen ist, die Form (formam) all der [Dinge], die weiter oben von Teil zu Teil vorgetragen wurden, in einer Figur [Zeichnung] zusammenfassen (in unam figuram colligere), damit der Geist des Betrachters Ort, Lage und Zahl, Beschaffenheit, Größe, Proportion aller dieser [Dinge] gesammelt leicht entnehmen kann. Weil es aber schwierig oder sogar unmöglich ist, Länge und Breite und Höhe von Gebäuden in der Fläche in dieser Figur [Zeichnung] wiederzugeben, glaube ich, dass es genügt, wenn man Lage und Ort all der [Dinge], die ich genannt habe, in die rechte Form gebracht und durch proportionsgerechte Linien (lineis proportionalibus ductis) gleichsam das Fundament all dieser [Dinge] gelegt hat. Denn wenn wir die Linien, die nach proportionsgerechter Vermessung abgemessen sind, betrachten und unter ihnen nichts anderes verstehen als sozusagen die gelegten oder bezeichneten Fundamente der Wände, ist leicht mitzuverstehen, wie von dieser Führung der Linien sich die Wände in die Höhe erheben und auf diese Wände sich das Dach legt.“108

Nach der Auffassung von Richard von St. Viktor kann auf das eingemessene Fundament, deren Form durch eine Skizze vorgelegt wird, problemlos das aufgehende Mauerwerk entwickelt werden: nämlich gemäß der Vorstellung vom Bauwerk und nicht auf der Grundlage von Bauplänen. Richard erläutert die Zeichnung, die er seinen Ausführungen beigibt: sie soll die bisherigen Darlegungen zusammenfassen, scheint zunächst aber einen nur begrenzten Aussagewert zu haben, da die genaue, maßgerechte Länge und Breite, erst recht aber die Höhe graphisch nicht wiederzugeben sind. Diese Schwierigkeit räumt er jedoch sogleich aus, indem er die Zeichnung als Abbildung der Fundamente interpretiert und wie schon Hieronymus den Leser daran erinnert, dass auf diesen ohne Schwierigkeit aufgebaut werden könne. Daraus lässt sich für unsere Fragestellung ein wertvoller Hinweis entnehmen: Richard geht von der Voraussetzung aus, dass die Einmessung der Fundamente die Konzeption des Gebäudes in umfassender Weise vermittelt: die Vorstellung des vorgesehenen Baus in seiner Gesamtheit ist den Fundamenten bereits zu entnehmen. Die Zeichnung, die Richard vorlegt, übernimmt mit der Abbildung der Fundamente deren informative Funktion. Entsprechend schreibt der Spanier Isidor von Sevilla (570–636) in seinen Etymologiae, deren Formulierung Hrabanus Maurus (780–856) in sein didaktischen Zwecken dienendes Werk De universo wörtlich übernimmt: architecti autem caementarii sunt, qui disponunt in fundamentis.109

Die Form des geplanten Gebäudes existierte zunächst nur in der Vorstellung des Architekten; der Grundriss wurde danach unmittelbar auf dem Bauplatz aufgemessen und mit Schnüren und Pflöcken oder mit hellem Sand oder Kreidestaub vermarkt (siehe S. 46). So schrieb der in Paris ausgebildete Magister Robert Grosseteste, Regens und Kanzler in Oxford, um 1228 an den Magister Adam Rufus einen Brief, in dem er sich ausführlich über die Form äußerte: „Im Geiste des Architekten existiert die Form und die Ähnlichkeit des zu bauenden Hauses, auf dessen Form und Vorbild er sich einzig bezieht, um nach dessen Ähnlichkeit das Haus zu bauen.“110 Die unmittelbare Umsetzung der im Geiste vorhandenen Planung ohne Zwischenschaltung einer Zeichnung oder eines Modells bezeugt Wilhelm von Conches: „Wie nämlich ein Handwerker (faber), der etwas fertigen will, jenes zuerst in seinem Geist entwirft (in mente disponit) und danach, wenn er das Material gesucht hat, nach seinem Geist bearbeitet“, so hat der Schöpfer die Welt geformt.111 Den gleichen Gedanken trägt Thierry von Chartres (gestorben nach 1149) ausführlich vor: „Der Mensch als Kunstfertiger (artifex) denkt die Form des Hauses oder eines beliebigen anderen Dinges voraus und zeugt sie gleichsam, bevor er sie durch ein Handeln zusammensetzt. […] Wie ein Haus aus Hölzern und Steinen entsteht, wenn diesen die Form, die der Kunstfertige vorausgedacht hat, hinzugefügt und verbunden ist.“112 Und Thomas von Aquin formuliert in seiner 1265 in Paris begonnenen Summa theologiae: „Das Ebenbild (similitudo) des Hauses existiert im Geist des Baumeisters (aedificator) voraus. Und dieses kann die Idee des Hauses genannt werden, weil der Kunstfertige (artifex) danach strebt, das Haus der Form anzugleichen, die er im Geiste konzipiert hat.“113 Thomas von Aquin beschreibt mehrfach in seinen Abhandlungen die Aufgabe des Baumeisters, beispielsweise: „Der Erbauer (aedificator) erschafft durch die Form des Hauses, die er im Geiste hat, das Haus, das in der Materie ist“.114 Diese Hinweise auf den allgemeinen Bauvorgang machen deutlich, dass der entstehende Bau unmittelbar die Idee verwirklicht und nicht eine Plankonzeption als Grundlage zwischengeschaltet ist. Das Fehlen von Bauplänen bestätigt auch der Bericht des Giraldus Cambrensis (1147–1223), Hofkaplan Heinrichs II. von England. 1204/05 beschreibt er eine Situation, in der ein Planungsfehler direkt auf die Baustelle appliziert wird und erst die Vermessung des Grundrisses die unzureichende Größe der Kirche erweist: „Und als er die Erdoberfläche der Richtschnur entsprechend geöffnet hatte, indem er nach Art der Vermessenden den Rasen überall anritzte, wobei er das Bauwerk als Urbild in einer sinnlich wahrnehmbaren Weise ringsum anlegte, da erschien der hintere Grundriss des Kirchenkörpers einigermaßen aufnahmefähig, das Presbyterium aber übermäßig eng und unförmig.“115

Auch Ordericus Vitalis beschreibt um 1120/40, wie der Baumeister (peritissimus artifex) Thomas die Bauanlage unmittelbar im Gelände entwickelt: „Der König Gundaforus aber sprach mit ihm über den Bau des Palastes und zeigte ihm den Ort des Gebäudes. Thomas ergriff ein Messrohr, und messend sagte er: Siehe, dort ordne ich Türen an und einen Eingang nach Osten: zunächst eine Vorhalle, dann […]. Der König sagte, indem er es sorgfältig betrachtete: Wahrlich, du bist ein Kunstfertiger, und du musst Königen dienen.“116

Um 1200 berichtet Lambert von Ardres bei dem Burgenbau bei Saint-Omer, den der Graf von Guînes 1139 angeordnet hat, dass der in der Feldmesskunst erfahrene Grabungsmeister Symon „hier und dort das im Geist konzipierte Werk nicht mit der Messlatte, sondern mit dem Augenmaß“ auf dem Gelände vermaß.117 In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts wird über Abt Girald, der 1079 an den Ort des geplanten Klosters Sauve Majeur in der Diözese Bordeaux kam, betont: „Schon im Geiste bestimmte er (iam designabat in mente), wo er die Kirche und die anderen Klostergebäude geeignet verteilen und errichten würde. […] Unter sorgfältiger Überlegung begann er das Einzelne zu vermessen (singula coepit diligenti consideratione metiri).“118

Dass keine Baupläne im 12. Jahrhundert existierten, zeigt sich auch daran, dass Wilhelm von Sens, als er nach dem Sturz vom Gerüst schwerverletzt im Bett lag, Anweisungen vom Krankenlager aus erteilte, die notwendig waren, um die Bauarbeiten fortzuführen; als sich zeigte, dass er „für sich selbst und das Werk unbrauchbar geworden war“, wurde er durch einen anderen Werkmeister ersetzt.

Noch im 13. Jahrhundert musste, da keine Baupläne vorlagen, die Form des auszuführenden Gebäudes beschrieben werden. Als 1248 Abt Menko von Wittewierum bei Groningen in Holland erkannte, dass die Bauarbeiten seiner Kirche, die er 1238 unter der Leitung des in der Steinmetzkunst erfahrenen (lapicidariae artis peritus), aus Köln stammenden Meisters Everad begonnen hatte, wegen Geldmangel unterbrochen werden mussten, schrieb er: „Weil schwer ist, weiter zu bauen, wenn man die Absicht des ersten Gründers nicht kennt, zumal jeder ausgezeichnete Werktätige die Gestalt seines Werkes zunächst im Geist disponiert, […] deshalb führen wir an dieser Stelle die Beschreibung der ersten Konzeption (ordinatio) des Werkes durch, damit, wenn es den Nachkommen gefällt weiter zu bauen, sie daraus die Gestalt des Fortzusetzenden haben.“119 Hätte ihm ein gezeichneter Bauplan zur Verfügung gestanden, hätte er auf diesen verweisen können.

Das Fehlen ausreichender Baupläne erfordert eine genaue verbale Aufstellung der verlangten Leistungen des Werkmeisters. So wurde 1284 für den Bau der Franziskanerkirche in Provins vereinbart: „Zunächst wird das Kloster dem Boden gleichgemacht. Und der vordere Giebel und die Seite werden dieselbe Größe haben wie vorher, nur dass der Seitenflügel auf Rundpfeilern und auf Steinbögen ruhen wird, die wiederum die Länge des ehemaligen Flügels einnehmen. Und der Bogenlauf wird die Höhe haben, die der Abstand gebietet, der notwendig ist, um sie mit dem Gebälk zu verbinden, das das Dachwerk des Kirchenschiffes stützt; und auf dieser Seite werden so viele Bogen sein wie Joche zwischen zwei Zugankern, so wie es die Länge des alten Flügels erfordert, und diese Bogen werden von der Größe sein, die das Dachwerk verlangt. Am Giebel wird an dem Bogenanfall auf der Hofseite ein Widerlager [Strebepfeiler] mit einer Auskragung von 6 Fuß und einem Blockstein von 3 Fuß angebracht. Das Widerlager wird durch eine Schräge über der Tragvorrichtung des Giebels abgefangen”.120

Kleine Skizzen, vielleicht auf Wachstäfelchen, können das im Geist vorhandene Bild von dem geplanten Gebäude festhalten. Frühmittelalterliche Grundrisse sind als Kopien von vier Zeichnungen erhalten, die Adomnan, Abt von Hy/Jona (679–704), vor 686 dem von ihm niedergeschriebenen Reisebericht Bischof Arculfs „Über die heiligen Stätten“ mit für das Mittelalter ungewöhnlich genauen Baubeschreibungen beigegeben hatte: „Diese vier Kirchengrundrisse (figurae) haben wir [Adomnan] nach der Vorlage (iuxta exemplar), deren kleine Form mir Arculf selbst auf eine Wachstafel gezeichnet hat, abgemalt; nicht dass ihre Ähnlichkeit in einem Bild gestaltet wiedergegeben werden könnte, sondern damit gezeigt werde, […] dass das Grabmal des Herrn in der Mitte der Rundkirche steht.“ Kopien sind als kolorierte Federzeichnungen in Handschriften seit der Mitte des 9. Jahrhunderts vielfach überliefert.121 In diesen Zusammenhang gehört auch der St. Galler Klosterplan, ein um 820/30 auf der Insel Reichenau gezeichneter Idealplan eines karolingischen Benediktinerklosters.122 Dieser Ideenplan wurde durch nachträgliche Maßinschriften für Länge und Breite der Kirche für diese baufähig. Ansichtszeichnungen sind ebenfalls in Handschriften als Illustration seit der Jahrtausendwende bekannt: Psychomachia des Prudentius im Vatikan um 1000, Kölner Dom im Hillinus-Codex um 1025, Klosterkirche von Centula um 1100, Wasserversorgungsplan des Klosters von Canterbury um 1160.123 Auch wenn sie einen bestimmten Bau mit seinen Charakteristika zu erfassen suchen, gehören sie in den Zusammenhang von Architekturdarstellungen.

Im Baufortgang wurden die Einzelteile in Originalgröße auf dem hölzernen Reißboden (Schnürboden) oder auf Gipsflächen gezeichnet. So entstanden alle Werkstücke und die geometrisch bestimmten Maßwerkfiguren. In einer Kammer der Vorhalle des Kapitelhauses der Kathedrale von York (1360 bis 1. Hälfte 16. Jh.) ist eine auf dem Fußboden aufgetragene, 8x5 Meter große Gipsfläche mit Ritzzeichnungen erhalten, u. a. ein Maßwerkfenster für die Marienkapelle der Kathedrale (seit 1361 im Bau).124 Seit dem Ende des 12. Jahrhunderts sind entweder auf gequaderten oder verputzten Wandflächen oder auf Terrassendächern mit erheblichem Aufwand angebrachte, zwei bis drei Millimeter eingetiefte Ritzzeichnungen erhalten.125 Der früheste erhaltene und recht zuverlässig datierte Bodenriss ist der von Soissons aus der Mitte des 13. Jahrhunderts (Blendarkade und Maßwerkfenster); die Risse von Byland/England und Notre-Dame-en-Vaux in Châlons-sur-Marne stammen möglicherweise schon aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts. Diese 1:1-Risse dienten zum Abmessen der in dieser Zeit aufkommenden Schablonen und der Kontrolle der fertigen Werksteine vor dem Versatz.

Die ältesten erhaltenen, auf Pergament gezeichneten, verkleinerten (Auf-)Risse sind die beiden Reimser Palimpseste (Blindrillen von ausradierten Zeichnungen) mit der dreiportaligen Querschifffassade einer Kirche, die 1250/60 als Kopien von Vorlagen aus der Zeit um 1230/50 aufgetragen wurden.126 Villard de Honnecourt hat in Reims schon Werkrisse als Vorlage für die Zeichnungen in seinem Musterbuch benutzt und Grundrisse mit Darstellung von Mauerdicken entwickelt (siehe S. 36). Um 1225/30 besuchte Villard de Honnecourt die zu seiner Zeit modernste Baustelle, die erzbischöfliche Kathedrale Notre-Dame in Reims, die Krönungskirche der französischen Könige, die nach dem Brand 1210 ab Mai 1211 völlig neu gebaut wurde; 1221 waren Chorumgang und Kapellenkranz benutzbar, nach einer Bauunterbrechung von November 1233 bis Januar 1236 waren Chor, Querschiff und die vier östlichen Langhausjoche im September 1241 fertig. Villard war ein sehr genauer Beobachter. Er zeichnete jeweils von außen und innen eine Chorkapelle und den Wandaufriss der vier östlichen Mittelschiffjoche noch ohne Gewölbe und Strebewerk. Da aus technischen Gründen die Gewölbe und die Strebebogen etwa gleichzeitig aufgemauert werden müssen, da sonst das Gewölbe die Mittelschiffmauer nach außen oder der Strebebogen die Mauer nach innen drücken würden, hat Villard den Aufriss während des Baufortganges gezeichnet, wahrscheinlich nicht nach einem Riss, denn die Proportionen stimmen nicht, der Aufriss ist überhöht. Auf einem weiteren Blatt hat er eine Zeichnung des geplanten Strebewerks kopiert, das jedoch 1236–1240 verändert ausgeführt worden ist.

Einen der beiden nach 1205 errichteten Westtürme der Kathedrale von Laon hat Villard in Grundriss und perspektivischer Ansicht wiedergegeben; bei der Ansicht hat er die Proportionen leicht verändert, die Details zur Verdeutlichung vergrößert und für die Kapitelle eine einheitliche Signatur verwendet; schließlich hat er einen pyramidenförmigen Dachabschluss mit krabbenbesetzten Graten ergänzt. Aus dem Skizzenbuch des Villard ist zu entnehmen, dass in Reims und Laon wohl schon Baurisse vorhanden waren, über deren genaues Aussehen die Skizzen keine Auskunft geben, da Villard nachweislich von ihm beobachtete Bauzustände in den Details und in den Proportionen verändert wiedergegeben hat.

Um 1260 entstand der älteste Straßburger Riss A für einen Teilaufriss der Westfassade des Münsters, der von den Querhausfassaden der Pariser Kathedrale beeinflusst ist; es folgten die Risse B um 1275 (250 Zentimeter hoch) und D 1277/80.127 Risse von anderen Baustellen stammen ebenfalls aus dem letzten Viertel des 13. Jahrhunderts, so der älteste erhaltene Grundriss (Wiener Riss A) für den Südwestturm des Kölner Doms um 1280, der Kölner Riss F für die Westfassade um 1300, etwa im Maßstab 1:36 (405 cm hoch). Zum Teil zumindest waren die Ansichtszeichnungen Präsentations-Risse für den Bauherrn und die potenziellen Spender, damit sie einen Eindruck von dem Geplanten vermittelt bekamen.

Auf dieser Grundlage kann man sich kaum vorstellen, dass komplizierte Proportionsfiguren zur Bemessung von Grund- und Aufriss angewandt wurden. Stattdessen waren nur einfache, auch bei der Grundrissvermessung seit der Antike angewandte Dreieckskonstruktionen sowie glatte Zahlen von Fußmaßen für Grund- und Aufriss bestimmend. Dem folgen auch noch 1391–1400 die zur Begutachtung eingeladenen Werkmeister bei der Diskussion über die konstruktiv sinnvolle Dimension des Mailänder Langhauses, die „nach der geometrischen Vernunft des Dreiecks erfolgte“.

Eine ausgewogene Gestaltung wird durch feste Maßverhältnisse einzelner Bauteile zueinander und zum Ganzen (Proportion), ausgehend von dem Grundmaß oder von Grundfiguren, erreicht. Das Grundmaß ist als Werkmaß die Länge der Grundstrecke bei der Vermessung von Bauten, angegeben in Fuß (z. B. römischer Fuß 29,6 cm, karolingischer Fuß 33,29 cm, französischer Königsfuß 32,48 cm u. a.), als Modul (z. B. der untere Halbmesser einer Säule als Verhältnismaß für den zu errichtenden Bau) oder als eine andere, die Proportion bestimmende Grundstrecke wie der Goldene Schnitt, die Teilung einer Strecke in zwei Teile, die sich zueinander verhalten wie der größere zur Gesamtstrecke (schon seit dem Altertum verwendet). Die Grundfigur ist entweder ein gleichseitiges Dreieck (Triangulatur), ein Quadrat (Quadratur) oder ein Fünfeck (Pentagramm, auch Drudenfuß), denen jeweils eine entsprechende zweite Figur diagonal einbeschrieben ist usw., also jeweils mit entsprechenden kleineren Seitenlängen; auch ein Achtort, Achtspitz oder Achtuhr, zwei einem Kreis einbeschriebene, übereckgestellte Quadrate. Bei der harmonischen Proportion wird die Architektur mit der Musik in Verbindung gesetzt gemäß der antiken, von Augustinus in das christliche Abendland vermittelten Entdeckung, dass bei zwei angezupften Saiten der Unterschied der Tonhöhe eine Oktave beträgt, wenn die eine halb so lang ist wie die andere, eine Quinte, wenn sie zwei Drittel, eine Quarte, wenn sie drei Viertel der anderen Saite beträgt, also Maßverhältnisse 1:2, 2:3 oder 3:4.

1.4.3 Vermessung

Nach welchen geometrischen Grundfiguren und in welcher Weise der Grundriss, insbesondere die komplizierten polygonalen Chöre mit Umgang und Kapellen, auf der Baustelle umgesetzt und eingemessen wurden, wissen wir nicht. Es gibt zahlreiche, sich gegenseitig ausschließende Theorien und Rekonstruktionsversuche auf der Grundlage einer mehr oder weniger genauen modernen Grundrissvermessung.128

Abb. 1.3: Geometrie mit Messstab und Bodenzirkel, 1175/91 (Herrad von Landsberg, Hortus delicianrum, fol. 32, verbrannt).

Abb. 1.3: Geometrie mit Messstab und Bodenzirkel, 1175/91 (Herrad von Landsberg, Hortus delicianrum, fol. 32, verbrannt).

Nachdrücklich ist darauf hinzuweisen, dass nur verhältnismäßig geringe Entfernungen genauer gemessen werden konnten, da man mit einem aus Hanf oder Flachs gedrehten Seil von mehr als 25 Meter kaum einen genauen Kreis ziehen kann. Letztlich ist es notwendig, ein einfaches, gut zu kontrollierendes Messsystem zu entwickeln. Es ist davon auszugehen, dass in Kenntnis der Geometrie des Euklid die Vermessung durch Dreieckskonstruktionen vorgenommen wurde. Über einer Grundstrecke wird dazu von deren beiden Enden mit der Schnur je ein Kreisbogen geschlagen und deren Kreisschnittpunkt festgelegt (gleichschenkliges Dreieck); dessen Verbindung mit der Mitte der Grundstrecke (Lot) ergibt einen rechten Winkel. Dieser Vermessungsvorgang wird nach allen Seiten wiederholt; so erhält man auf der Fläche Reihen von Messpflöcken, die, mit Seilen verbunden, die Lage der Mauern angeben.129 So ist beispielsweise die Pfalz Gelnhausen um 1160/65 aufgemessen worden. Für den Speyerer Dom dagegen existierte eine Kreuzachse, auf der alle Fluchten parallel eingemessen wurden (wobei die Abweichung vom rechten Winkel 2° beträgt, siehe unten).

Als Messinstrumente standen Messstange (pertica oder virga), Richtschnur (linea), Richtscheit (regula), Rechtwinkelmaß (norma) Lot (perpendiculum) und Lotwaage (libella, libra) zur Verfügung.130 Man wusste um die Konstruktion des rechten Winkels mittels eines Dreiecks mit den Seitenlängen 3:4:5 (Pythagoras). Für die Planung auf dem Reißboden standen Richtscheit und Bodenzirkel (Abb. 1.3)131 und ab der Mitte des 13. Jahrhunderts für die Planzeichnung auf dem Pergament zusätzlich der Stechzirkel (Abb. 1.2; Abb. 1.4) zur Verfügung. Auf dem Grabstein aus dem Ende des 13. Jahrhunderts für den Werkmeister Hugues Libergier in Reims sind als Instrumente, die seine planende und vermessende Tätigkeit charakterisieren, Modell, Messlatte, Richtscheit und Stechzirkel dargestellt (Abb. 1.2). Diese einfache Ausstattung mit Werkzeugen erlaubte eine recht genaue Einmessung des Grundrisses und war von der Antike bis ins 20. Jahrhundert üblich.

Abb. 1.4: Steinmetz mit Richtscheit/Winkel und Zirkel, um 1235 (Schlussstein in Notre-Dame in Sémur-en-Auxois).

Abb. 1.4: Steinmetz mit Richtscheit/Winkel und Zirkel, um 1235 (Schlussstein in Notre-Dame in Sémur-en-Auxois).

Eine ausreichende Zahl von schriftlichen Quellen gibt Auskunft über den Vermessungsvorgang.132 Am 6. März 1278 wurden beim Bau des englischen Zisterzienserklosters Vale Royal zehn Männer für die Vorbereitung des Geländes bezahlt, „wo der (Schnur-) Wurf (iactus) für das Kloster geschehen sollte“.133 Um die Mitte des 9. Jahrhunderts wird über die Klostervermessung in Corvey im Jahre 822 berichtet: „Nach beendeter Dankandacht warfen sie die Richtschnur aus und schlugen Pflöcke ein und begannen zu messen (iactaverunt lineam et infixerunt paxillos et ceperunt mensurare).“134 Noch in Lorenz Lachers Unterweisungen von 1516 wird die traditionelle Chorvermessung mit Schnur und Pflöcken beschrieben: „schlag die Pfel nach einer schnuer, und auss demselben reiss ein fierung und auss derselbigen fierung gewin ein Achtecket-Khor mit den [Strebe] Pfeillern. Wie dan die Pfeiller stehn sollen, die zeug alss auss den mitlbunten [Mittelpunkten] des Khors; daran bindt ein schnuer und richt alle Pfeiler darnach dass sie nicht falsch stehn. […] und wanss tu mit dem bau heraus khombts über die Erdten, so zieh den bau wieder auf ein Neues ab, das er sein rechte mauer dickhe wieder bekhombt mit den Pfeillern auf den rechten grundt“.135 Die Vermessung führten Fachleute aus. Bischof Oswald von York (961–992) bemühte sich, wie zwischen 995 und 1005 niedergeschrieben, „Maurer anzuwerben, die mit gerader Gradlinigkeit des Richtscheits (recta rectitudine regulae) und mit dem dreiteiligen Dreieck (triangulum ternarium) sowie dem Zirkel (circinus) ehrenvoll die Fundamente des Klosters [Ramsay] anzufangen wussten.“136

In dem 1443/52 verfassten Werk „Zehn Bücher über Architektur“ (1485 gedruckt) beschreibt Leon Battista Alberti den traditionellen Messvorgang: „Bevor du zu graben beginnst, musst du die Ecken der Grundfläche und alle Seitenlinien auf das sorgfältigste immer wieder bezeichnen, wie sie sein sollen und wo sie hingehören. Bei der Bestimmung dieser Ecken muss man kein winziges, sondern ein sehr großes Rechtenwinkelmaß (norma) haben, damit man die Richtungslinien mit größerer Sicherheit erhält. Das Rechtenwinkelmaß machten die Alten [wie schon bei Vitruv beschrieben] aus drei geraden Richtscheiten, die zu einem Dreieck verbunden waren. Von diesen hatte eines drei Ellen, das andere vier Ellen, das dritte fünf Ellen. […] Ich ziehe eine Linie von der Mitte der Gebäudefront nach rückwärts; in ihrer halben Länge schlage ich einen Nagel in die Erde, durch welchen ich nach den Regeln der Geometrie die querliegende Senkrechte fälle. Und so beziehe ich auf diese beiden Linien alles, was ausgemessen werden muss.“137

Lambert von Ardres berichtet voller Hochachtung über den Vermessungsvorgang für die Burg von Ardres im Jahre 1139: „Denn wer […] war nicht erfreut, den in der Feldmesskunst (doctum geometricalis operis) so erfahrenen Grabungsmeister Symon zu sehen, der mit seinem Messstab in meisterhafter Art umzugehen wusste und hier und dort das schon im Geiste konzipierte Werk dieses Projekts nicht so sehr mit dem Messstab (virga), als vielmehr mit der Messstange (pertica) der Augen vermaß.“138 Wie man sich das Ergebnis einer solchen Vermessung vorzustellen hat, wird nach 1079 für Hildesheim überliefert: „Man sah die Grenzlinien bezeichnet und gleichsam zum Ausheben des Fundaments einer Kirche durch den kunstfertigen rechten Winkel des Messenden in der Art von Frühlingsreif niedergeschrieben, ausgerichtet von der uralten Kapelle St. Maria nach Westen, so breit und lang unter sich Abstand haltend wie die Mauerdicke, die Länge der Kirche und die Geräumigkeit es erforderten.“139 Hierzu schildert Giraldus Cambrensis, Hofkaplan Heinrichs II. von England, 1204/05 einen Traum: „Es erschien mir, dass ich sah, wie Johann, der Sohn des Königs [Heinrich II. von England], auf einer ebenen grünen Fläche gleichsam im Begriff war, eine Kirche zu gründen. Und als er die Erdoberfläche der Richtschnur entsprechend (linealiter) geöffnet hatte, indem er nach Art der Vermessenden den Rasen überall anritzte, wobei er das Bauwerk als Urbild in einer sinnlich wahrnehmbaren Weise ringsum anlegte, da erschien der hintere Grundriss (signatio) des Kirchenkörpers einigermaßen aufnahmefähig, das Presbyterium aber übermäßig eng und unförmig.“140 Das heißt, es bestand nur eine im Geist vorhandene Vorstellung, die im originalgroßen Aufmaß auf dem Baugelände erst Formen annahm, es gab also keine genaue Zeichnung, nach der vermessen wurde (siehe Abschnitt 1.4.2).

Um den Rasen anritzen und damit den Verlauf der Fundamente anzeigen zu können, werden Richtschnüre ausgespannt. Dem Mönch Gunzo von Cluny zeigen 1085 im Traum die Kirchenpatrone den mit Schnüren auf dem Gelände markierten Grundriss der neuen Kirche von Cluny141, die unter Hugo von Semur (1024–1109) der mit „einzigartigem Wissen“ begabte Mathematiker Hezilo entworfen und der architectus Gunzo gebaut hat : „Dann erschien Petrus, wie er die Seile (funiculos) hielt und ausspannte und die Grenzen für die zu umschreibende Größe setzte und die Maße angab.“142 „Nachdem das Fundament gelegt ist, streckt der Maurer die Richtschnur (lineam) gerade aus, lässt das Lot (perpendiculum) hinab und setzt dann die sorgfältig geglätteten Steine in die Reihe“, schreibt Hugo von St. Viktor vor 1141 in seinem Lehrbuch Didascalicon, „die erste Lage der Steine, die auf das Fundament zu legen sind, werden an der ausgespannten Richtschnur angeordnet.“143 Eine solche zwischen vermauerte Pflöcke gespannte Schnur ist durch Abdrücke in der ehemaligen Burgkapelle von Villars-les-Dombes bei Lyon (Anfang 12. Jahrhundert) belegt. Und in der 1248 fortgesetzten Klosterchronik von Wittewierum bei Groningen berichtet der spätere Abt Menko über die Fundamentierung der Klosterkirche: „Mit dem der Richtschnur angehaltenen Lot maß der Meister [Everard aus Köln], wie tief das Fundament gegraben werden müsse, damit die auf den Grund gelegten Hölzer allzeit Wasser hätten.“144

Bei Isidor von Sevilla lesen wir in seinen im Mittelalter weitverbreiteten Etymologiae: „Das Einrichten von Wänden muss nach dem Rechtenwinkelmaß (ad normam) gemacht werden und dem Lot entsprechen. […] Schließlich wird beim Bau, wenn nicht alles nach Lot und zuverlässigem Richtscheit (ad perpendiculum et certam regulam) geschieht, notwendigerweise alles falsch eingerichtet.“145 Auch in vielen anderen Quellen wird auf die genaue geometrische Bemessung hingewiesen. Die Geometrie bestimmt den Bau.146 So wird im 13. Jahrhundert Gott mit dem Bodenzirkel dargestellt, wie er die Welt erschafft (Abb. 1.19)147; entsprechend werden der Werkmeister und der Steinmetz durch die Attribute Zirkel und Rechtenwinkelmaß in den Darstellungen charakterisiert (Abb. 1.4).

Die mittelalterlichen Werkmeister haben mit den aufgeführten Instrumenten und geometrischen Vermessungsmethoden die Kirchengrundrisse und das aufgehende Mauerwerk in allen Einzelheiten sorgfältig und sehr genau bestimmt. Ungenauigkeiten und Abweichungen sind in örtlich ungünstigen Verhältnissen auf der Baustelle oder mangelnden Fähigkeiten des Werkmeisters begründet. Jedenfalls war es das Bestreben des Werkmeisters, nach den Regeln der Geometrie ein perfektes Bauwerk zu schaffen, das je genauer um so näher der Wahrheit und damit der Schönheit kommt und somit ein Abbild der göttlichen Schöpfung darstellt.

In der Baupraxis sind Ungenauigkeiten und Planungswechsel recht häufig zu beobachten. Hans Erich Kubach und Walter Haas haben den Dom zu Speyer während der Restaurierung 1957–1971 intensiv untersucht und ihre vielfältigen Beobachtungen 1972 publiziert.148 Die Kirche wurde als Bischofssitz und Grablege der salischen Könige von Konrad III. 1025/30 gegründet und 1061 geweiht. Um den Fundamentverlauf des Kirchenbaus auf der Baustelle abzustecken, „hat man in Speyer eine Längsachse festgelegt, die von der Ostrichtung um etwa 3,5° nach Süden abweicht, und eine Querachse, die aber nicht genau senkrecht dazu steht, sondern um etwa 2° nach Nordost-Südwest verdreht ist. Der Winkel wurde offensichtlich nur einmal bestimmt und die weiteren Grundrisspunkte dann durch Koordinatenmessungen innerhalb dieses Achsenkreuzes festgelegt.“ Die Ungenauigkeit des rechten Winkels ist auf einen Messfehler zurückzuführen. Im Bauverlauf wurde an verschiedenen Stellen versucht, die Schiefwinkligkeit zu korrigieren. In der Krypta sind auch die einzelnen Pfeiler zwischen Vierung und Querarmen in sich schiefwinklig, d. h. ihre Fluchten wurden ohne Winkel mit ausgespannten Schnüren parallel zu der Hauptachse angelegt. Nachdem die Fundamentgräben entsprechend dieser Vermessung bis 4 Meter Tiefe zumeist bis auf dem gewachsenen Boden ausgehoben und die Fundamente, deren Breite nicht davon abhängig war, welche Auflast sie zu tragen hatten, gemauert waren, folgte eine genaue Einmessung des aufgehenden Mauerwerks; dabei ergaben sich Differenzen gegenüber dem Fundamentverlauf, der vereinzelt durch Vormauerungen korrigiert werden musste. Bei den Mauern zeigt der Steinschnitt der zunächst kleineren, später größeren Buntsandsteinquader eine Entwicklung, die vom Einpassen jedes einzelnen Steins in das bis dahin schon gebaute Mauerwerk durch Ausklinkungen ausgeht und erst allmählich zum fertigen Vorrichten aller Quader für durchlaufende Schichten auf dem Werkplatz kommt.

Abb. 1.5: Höhenmessung, Musterbuch des Villard de Honnecourt, 1220/30 (Paris, Bibl. Nat., Ms. fr. 19093, fol. 20v).

Abb. 1.5: Höhenmessung, Musterbuch des Villard de Honnecourt, 1220/30 (Paris, Bibl. Nat., Ms. fr. 19093, fol. 20v).

In der Bauplanung lassen sich im Bauverlauf mehrere Planungswechsel feststellen. Bei Baubeginn mit der rechteckig ummantelten Krypta unter dem Ostchor bestand noch keine Vorstellung von der Fortsetzung nach Westen. Als die Krypta bis zur halben Raumhöhe aufgeführt war, wurden östliche Winkeltürme angefügt. Nach Fertigstellung der Ostkrypta wurde die Ausdehnung der Krypta unter dem Querschiff mit ausgeschiedener Vierung geplant, dazu ein kurzes Langhaus (um 1039). Inzwischen hatten der Chor und die Winkeltürme eine Höhe von 21 Meter erreicht. Nun folgte eine weitere Planänderung: es wurden das Langhaus nach Westen verlängert, die Seitenschiffe erhöht und ihre Gliederung verändert. Schließlich wurden die Vierungspfeiler verstärkt, um vermutlich einen Vierungsturm tragen zu können. 1041/46 wurde der Hochaltar geweiht; die Ostteile waren fertig. Anschließend wurden der Westbau und der Obergaden des Mittelschiffs (1045 datiertes Gerüstholz) gebaut und die Seitenschiffe eingewölbt; diese Gewölbe waren nicht von Anfang an beabsichtigt, sondern erst im Bauverlauf geplant.

Über die Höhenmessung gibt Villard de Honnecourt um 1225 Auskunft; er steht in der Tradition der römischen Agrimensoren, die sich in der Gerbert von Aurillac/Reims zugeschriebenen Geometria und der davon abhängigen Practica geometriae des Hugo von St. Viktor (um 1096–1141) ausführlich beschrieben findet.149 Die Beschriftung der Zeichnung Villards besagt: „Auf diese Weise misst man die Höhe eines Turmes.“ Die zugehörige Zeichnung macht das Verfahren deutlich (Abb. 1.5). Die Hypotenuse des rechtwinklig-gleichseitigen Dreiecks, das Hugo trigonum orthogonium nennt, wird auf die Spitze des Turmes gerichtet. Basis und Kathete stehen im Verhältnis 4:3. Die Höhe ergibt sich aus dem Verhältnis von Basis zur Höhe des Dreiecks wie der Abstand des Turmfußes vom Augenpunkt zur Turmhöhe. Neuzeitliche Versuche, Höhenproportionen mit genauen Maßen nachzuweisen, sind abzulehnen, da mit der genau beschriebenen und nachvollziehbaren Höhenmessung keine exakten Maße bestimmt werden konnten.

1.5 Konstruktionstechniken

Die technischen Probleme, die der Werkmeister beim Bau einer Kirche zu lösen hatte, waren vielfältig und sind untrennbar verbunden mit der formalen Gestaltung. Dabei waren die Leistungen der Werkmeister beachtlich und auch heute mit moderner Technik und statischer Berechnung im Ergebnis kaum zu übertreffen,150 insbesondere bei gotischen Kathedralen, bei denen die Werkmeister erfolgreich Masse durch Konstruktion zu ersetzen sich bemüht haben.151

Das Mittelalter kannte keine rechnerische Statik in unserem heutigen Sinne. Statik ist die Lehre, bzw. die Theorie vom Gleichgewicht der Kräfte (dazu gehören statische Lasten wie Eigen- und Schneelast und dynamische Lasten wie Wind- und Verkehrslast), die auf feste, starre Körper einwirken. Die Baustatik untersucht die Art und Herkunft jener Kräfte, denen ein Konstruktionsglied ausgesetzt ist, ferner dessen statisches und dynamisches Verhalten unter verschiedenen sogenannten ‚Lastfällen‘ (Normallast, ‚Bruchlast‘) und bestimmt alle Abmessungen von Bauteilen, damit diese den denkbar ungünstigsten Belastungen widerstehen können, ohne dass das Gleichgewicht und ihre Materialfestigkeit gefährdet wird. Die Konstruktion, die Summe der Tragelemente, sorgt für die Standfestigkeit eines Bauwerks. Die Grundlage zur Lösung dieser Aufgaben schufen Galilei (1564–1642) und Newton (1643–1727). Die Anwendung auf die Baukonstruktionen ermöglicht die mathematisch genaue Ermittlung der zulässigen Belastungen, der erforderlichen Abmessungen aller konstruktiven Teile und ihrer Anordnung. Doch erst seit den empirischen Festigkeitsmessungen im 18. Jahrhundert sind diese Berechnungen voll einzusetzen.

Über die Kenntnisse und Fähigkeiten der Werkmeister im frühen und hohen Mittelalter sind wir nicht informiert; erst für das 15. Jahrhundert sagen darüber schriftliche Quellen etwas aus. Wir müssen aber davon ausgehen, dass die Kenntnisse in der Zeit davor nicht besser waren, zumal die Werkmeister weder lesen noch schreiben konnten. Zudem ist den mittelalterlichen Prüfungsordnungen der Universitäten ist zu entnehmen, dass rechnerisches Wissen nicht verlangt wurde.152 Die Prüfungsordnung von Oxford schreibt 1408 nur das Rechnen mit ganzen Zahlen vor. Erst im Laufe des 15. Jahrhunderts findet sich vereinzelt Unterricht im Rechnen, dann jedoch nur linear mit ganzen Zahlen. Noch 1548 gibt der Nürnberger Arzt und Mathematiker Walter Ryff (Rivius) dem Rechnen nur unterstützende Funktion für die Geometrie und für die Berechnung von Materialbedarf und Löhnen. Ryffs Forderung „das fur allen dingen dem künstlichen Architecto von nöten sey, das er des schreibens und lesens […] guten verstandt und wissen hab“, ist wohlberechtigt, denn Architekten und Baumeister konnten auch im späten Mittelalter häufig nicht schreiben. 1535 erstellt Graf Reinhart von Solms sehr umständliche Massenberechnungen, und Endres Tucher erwähnt 1465/75 nur das Rechnen mit Kerbhölzern, die auch Graf Solms für die Abrechnung der Baumeister mit den Bauverwaltern aufführt. Stattdessen findet man seit dem 12. Jahrhundert in den Quellen immer wieder den Hinweis auf die Geometrie, die noch Ryff als wichtiges Element der Baukonstruktion nennt.153 Villard de Honnecourt schreibt um 1220/30: „Denn in diesem Buch kann man guten Rat finden über die große Kunst der Maurerei und die Konstruktionen des Zimmerhandwerks; und Ihr werdet die Kunst des Zeichnens darin finden, die Grundzüge, so, wie die Disziplin der Geometrie sie erheischt und lehrt.“ Die Lösungen gestalterischer und steinmetzmäßiger Probleme werden mittels geometrischer Hilfsfiguren dargestellt. Der französische Baumeister Jean Mignot, um 1400 Leiter der Bauarbeiten am Mailänder Dom, wird „ein wahrer Meister der Geometrie“ genannt, Heinrich III. Parler 1401 „in der Geometrie sehr erfahrener Meister“ und der in Bordeaux tätige Colin Tranchant „Meister der Geometrie“; schließlich rühmt sich ein maître de la maçonnerie de Paris als großer Geometriker und Zimmermann, der der oberste der Maurer ist. Derartige Belege ließen sich noch zahlreich anführen. Messen, Messwerk, ist die Geometrie, wie 1516 Lorenz Lacher in der Unterweisung an seinen Sohn aufführt und entsprechend für die Dimensionierung von Stützen auch nur in Proportionen angegebene Maßzahlen nennt.

Die Werkmeister stützten sich im Mittelalter auf bewährte Regeln als mündlich überlieferte Erfahrungen. Auch die spätmittelalterlichen Steinmetz-Musterbücher bzw. Traktate von Matthäus Roritzer 1486/88, Hans Schmuttermayer 1484/89 oder Lorenz Lechler (Lacher) 1516 ergeben nicht mehr; sie verweisen immer wieder auf die „Alten“, auf die Vorgänger, Roritzer und Schmuttermayer sogar ausdrücklich auf die Junker von Prag, also die Parler. Die Bezugnahme auf die „Alten“ und die Wertschätzung des exemplum, d. h. die Nachahmung alter und bewährter Vorbilder, wird dem mittelalterlichen Meister zur Pflicht gemacht.

In schwierigen Situationen und bei widersprüchlichen Meinungen wurden Gutachtersitzungen angesetzt, zu denen mehrere Meister zusammen geholt wurden. In England waren 1174 u. a. auch Werkmeister aus Frankreich anwesend, als die abgebrannte Kathedrale von Canterbury begutachtet werden sollte. Jeweils war die Summe der Erfahrungen Grundlage für eine Entscheidung. Von Statik sollte demnach im Zusammenhang mit mittelalterlicher Baukunst nur dann gesprochen werden, wenn die Anwendung moderner Methoden zum Nachrechnen von historischen Konstruktionen gemeint ist, ansonsten ist allein der neutrale Begriff Konstruktion zu verwenden.

Auf welchen Kenntnissen und Überlegungen Konstruktionen entwickelt und entschieden wurden, kann aus einer späteren Quelle entnommen werden. Es ist zumindest zu vermuten, dass auch in der Zeit vor 1250 die Situation keine andere war. Ausführliche Protokolle der Mailänder Dombauhütte geben interessante Einblicke in das Wissen über Konstruktionen am Ende des 14. Jahrhunderts.154 Für den 1387 begonnen Neubau des Mailänder Doms war im Juli 1389 der französische Werkmeister Nicolas Bonaventure, magister und inzignerius, angeworben worden; er verließ am 31. Juli 1390 die Baustelle wieder, weil man sich über die Dimensionierung der Vierungspfeiler nicht einigen konnte. Zweifel an der Richtigkeit des Entwurfs verstärkten sich, so dass der Consilio della Fabbrica, die Verwaltung der Dombauhütte, am 24. September 1391 den in Piacenza lebenden Gabriele Stornaloco, expertus in arte geometrice, um ein Gutachten über Höhe und Länge der Kirche bat, das er am 10. Oktober in Mailand erstellte; die Skizze und der erläuternde Brief sind erhalten. Er ermittelte die Höhe des Mittelschiffs, indem er über der durch die Fundamente bereits festgelegten Breite des Langhauses von 96 Ellen ein gleichseitiges Dreieck konstruierte, dessen Höhe eine irrationale Zahl ergibt, die mit einer angenäherten, durch sechs teilbaren Zahl, nämlich 84 Ellen, angegeben wurde. Die Sechsteilung ergab sich aus der Forderung nach einer fünfschiffigen Kirche, deren Mittelschiff doppelt so breit wie die Seitenschiffe und deren Querschnitt in drei Stufen gestaffelt sein sollte. Aus dieser Teilung der Basislinie ergeben sich sechs ineinandergestellte gleichseitige Dreiecke, die die Kämpferlinien und Gewölbehöhen festlegen. Am 27. Nov. 1391 traf Heinrich von Gmünd, der Werkmeister des Ulmer Münsters, ein, um ein Gutachten vorzulegen, das er mit einem hölzernen Modell (?) erläuterte.

Die endgültige Entscheidung über die Lösung des Aufrissproblems sollte auf einer großen Zusammenkunft von 14 namentlich erwähnten Werkmeistern, u. a. Michael Parler, am 1. Mai 1392 getroffen werden; elf Fragen wurden vorgelegt, die durch Mehrheitsbeschluss geklärt werden sollten. Gefragt wurde: „Ob die Kirche selbst, den zu bauenden Vierungsturm im Maß nicht mit einbezogen, bis zum Quadrat oder bis zum Dreieck aufragen soll.“ Die Antwort lautete: „Sie haben erklärt, sie könne bis zum Dreieck oder bis zur dreieckigen Form aufsteigen und nicht darüber.“ Schließlich wurde die Mittelschiffhöhe von 84 Ellen bei Stornaloco auf 76 Ellen reduziert. „Frage: Wie viele Ellen die Mittelstützen aufsteigen, die oberhalb der großen Pfeiler vor der Mauer gemacht werden sollen bis zu den Gewölben bzw. Bogen, die darüber zu machen sind, und wieviele Ellen sollen die Gewölbe [hoch] sein, die über diesen gemacht werden sollen. Antwort: Sie haben beschlossen und erklärt, die Mittelstützen seien 11 Ellen [hoch] und das Gewölbe des Mittelschiffs selbst soll zum Dreieck aufsteigen, eben 24 Ellen.“

Diese Frage wurde in der Sitzung vom 25. Januar 1400 wieder akut; dort erklärte die Baukommission gegenüber Johannes Mignot, „die genannte Kirche steigt auf ad triangulum [zum Dreieck], wie durch andere inzignerii erklärt worden ist.“ In der Sitzung vom 15. Mai 1401 wurde noch einmal das Dreiecksproblem aufgegriffen: „Im Vergleich zu jener ersten Anordnung gibt es einige Änderungen der Höhe, wenn man [den Bau] nach dem Projekt Mignots vollendet, aber diese Änderung ist lobenswert, weil sie der geometrischen Vernunft des Dreiecks folgt“, ferner wird von „der rechten Ordnung des Dreiecks“ gesprochen, „von der ein in der Geometrie Erfahrener weder abweichen kann noch darf.“

Nach dem Tod der Werkmeister Giovannino de´Grassi (am 12. Juli 1391 zum ingegnere della fabbrica ernannt, von ihm stammt ein Holzmodell des Domes) und Giacomo Zambonino da Campione im Jahre 1398 traten Zweifel an der Stabilität des bisher Gebauten auf, und die reverenda fabbrica wandte sich am 13. April 1399 um Hilfe an den in Paris lebenden flandrischen Maler und Baumeister Jacques Cona und seine beiden Mitarbeiter Johannes Campanosen und Johannes Mignot; sie sollten eine neue Zeichnung „von den Fundamenten bis zur höchsten Stelle“ ausarbeiten, die Magister Johannes Mignot vorlegte; er fand aber bei der Bauhütte kein Gehör und bat den Herzog um Vermittlung. Mignot wurde veranlasst, sein Gutachten zu erstellen, dessen 45 Kritikpunkte am 11. Januar 1400 diskutiert wurden.

Vorrangig geht es um „die Pfeiler, die die hinteren Abschnitte besagter Kirche zwischen den großen Fenstern zu stützen und aufrecht zu halten haben, sind so schwach, dass es notwendig ist, zwei andere Pfeiler neben diese zu bauen, sonst wird dieser Teil der Kirche nicht so fest sein, wie er sollte, bevor diese beiden gebaut sind.“ Gemeint ist der Chor, dessen Mauern durch die großen Fensterflächen und durch Verzicht auf Kapellen nicht genügend Stabilität besaßen, um dem Schub der Gewölbe standzuhalten. Die angegriffenen Werkmeister beriefen sich auf die solide Ausführung des bisher gebauten, die tiefreichenden Fundamente, die sorgfältige Bearbeitung der Steinblöcke, die durch Dübel miteinander verbunden waren. Sie betonten die besondere Bauweise der Pfeiler selbst, die durch zusätzliche eiserne Zuganker noch belastbarer werden sollten. „Und über die besagten Kapellen beschließen wir, wie schon beschlossen war, alle Spitzbogen seien entsprechend dem Vorbild, das von anderen erfahrenen Ingenieuren vorgeschlagen wird, wie die diese betreffend sagen, dass Spitzbogen keinen Druck auf die Strebepfeiler ausüben, und aus besagten Gründen schließen wir, dass alle Strebepfeiler stark und angemessen sind und noch größere Lasten aushalten, weshalb es nicht erforderlich ist, noch zusätzliche Strebepfeiler in irgendeinem Teil der Kirche zu bauen.“

Da keine Einigung herbeigeführt werden konnte, vertagte man sich auf den 25. Januar 1400. Mignot verwies erneut mit Nachdruck auf die konstruktiven Mängel, die er bereits dem Bauausschuss der Mailänder Kirche schriftlich dargelegt hatte, „er sagte es wiederum und behauptete, dass alle Strebepfeiler um die besagte Kirche herum weder stark noch fähig sind, die Last zu tragen, die auf sie entfällt, denn sie müssen dreimal so stark – für jeden – sein als ein Pfeiler im Inneren der Kirche stark ist. Die [Mailänder Werk-]Meister antworteten: Hinsichtlich des ersten Satzes sagen sie, dass alle Strebepfeiler der besagten Kirche stark und fähig sind, ihre Last zu tragen und mehr, aus vielen Gründen, weil eine Elle unseres Marmors und Sarizos nach jeder Seite so stark ist wie zwei Ellen der Steine Frankreichs bzw. der Kirche Frankreichs, welche er den oben genannten Werkmeistern als Beispiel vorhält. Diese sagen daher, dass, wenn sie ein oder eineinhalbmal so stark sind – und sie sind es –, als es die Pfeiler in der Kirche sind, dann seien diese Strebepfeiler stark und richtig; und wenn sie größer gewesen wären, dann hätten sie besagte Kirche verfinstert, wie es augenscheinlich die Kirche zu Paris zeige, die sowohl Strebepfeiler nach der Art des Meisters Johannes habe wie auch andere Gründe, die geschadet haben können.“

Mignots Kritik wandte sich im Folgenden gegen vier Türme, die an den Ecken des geplanten Vierungsturms hinzugefügt werden sollten. „Ebenso sagte er, dass vier Türme angefangen sind, um den Vierungsturm der besagten Kirche zu stützen, und dass keine Pfeiler noch ein anderes Fundament da seien, fähig, die besagten Türme zu tragen; ja vielmehr, wenn die Kirche völlig fertig sei, würden sie sofort mit den besagten Türmen unfehlbar zusammenstürzen. Hinsichtlich dessen aber, was sicher aus Vorliebe geschehen sei, dass einige Unwissende anführen, die gespitzten Bogen seien stärker und von geringerer Last als die runden und dass weiter über anderes nach Willen und nicht nach Können verhandelt worden sei und, was noch schlimmer sei, dass entgegnet worden sei, dass das Wissen der Geometrie hier keinen Platz habe, weil das Wissen eines und die Kunst etwas anderes sei. So sagte der genannte Meister Johannes, dass ‚Kunst ohne Wissen nichts ist‘ (ars sine scientia nihil est) und dass die Bogen, ob gespitzt oder gerundet, nichts seien, wenn sie kein gutes Fundament hätten. Und überdies, obgleich sie gespitzt seien, hätten sie größere Last und Gewicht. Ebenso sagen sie, dass sie die Türme aus verschiedenen Gründen und Ursachen machen wollen, wie sie sagten, nämlich zuerst, um die vorgenannte Kirche und das [Vierungs] Gewölbe richtig zu machen, dass die dem Quadrat gemäß der Ordnung der Geometrie entspreche; ferner aber wegen der Stärke und Schönheit des Vierungsturms, nämlich fast nach dem Beispiel, wie Gott der Herr im Paradies auf seinem Thron sitzt. Um den Thron sind die vier Evangelisten gemäß der Offenbarung; und das sind die Gründe, weswegen sie angefangen worden sind. Und obgleich zwei Pfeiler bei jeder Sakristei nicht gegründet sind, da sie über der Erde anfangen, so ist doch die Kirche stark genug aus folgenden Gründen, da nämlich Vorsprünge sind, auf denen die besagten zwei Pfeiler stehen; und die besagten Vorsprünge sind aus großen Steinen und mit Eisenankern verklammert; und dass das Gewicht in den besagten drei Türmen überall über ihrer Grundfläche laste, und sie werden senkrecht und stark gebaut werden, das Senkrechte aber kann nicht fallen; daher sagen sie, dass die Türme an sich stark sind und daher dem Vierungsturm Halt geben werden, da er in der Mitte jener Türme eingeschlossen ist, wodurch die besagte Kirche sehr stark ist.“ Mignot wurde am 22. Oktober 1401 fristlos entlassen, weil seine Gewölbe weniger schön und weniger fest als die geplanten seien und Baufehler an den Sakristeien gerügt wurden.

Die aus den Mailänder Protokollen erkennbare Denk- und Handelsweise ist auch schon für das 12. Jahrhundert üblich. Nach der anonymen, auf Boëthius aufbauenden und an Gerbert von Aurillac/Reims anschließenden Practica geometriae aus der Mitte des 12. Jahrhunderts bietet die Geometrie das Grundwissen für die Land- und Bauvermessung und ermöglicht auf diesem Weg die Umsetzung in die Form; hier ist das rechtwinklige Dreieck die Grundform, denn das Dreieck hat alle Dimensionen, und sein Inhalt ist die Hälfte des Quadrates.155 Zudem wird jede Form durch das Göttliche bestimmt, das sich im Dreieck und Quadrat zeigt (triangulatio vel quadrangulatio), wie Thierry von Chartres in der Mitte des 12. Jahrhunderts formuliert hat.156

Der Baumeister darf nicht nur auf die Schönheit seines Werkes achten, sondern muss auch die Standfestigkeit berücksichtigen. Dazu findet sich in einer Lebensbeschreibung des Yorker Bischofs Johannes (gest. 721) aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts eine ausführliche Darlegung157: „Zu derselben Zeit wurde in der Mitte des Kreuzes [Vierung] derselben Basilika [St. Johann in Beverley] ein sehr hoher Turm gebaut, von wunderbarer und unvorstellbarer Schönheit, so sehr, dass die Vollkommenheit und Feinsinnigkeit der Kunstfertigkeit des Mauerwerkes sich dabei selbst stolz zur Schau stellte. Im Bau eben dieses Turmes war man so weit fortgeschritten, dass das Steinwerk fertiggestellt war; an der Vollendung des ganzen [Baues] hätte nur noch gefehlt, dass man darauf ein Dach setzte, von steinernem Werk und von einer Höhe, die der Proportion entsprach. Die Kunstfertigen, die dem Werk vorstanden, waren nicht so umsichtig, wie sie es hätten sein müssen, nicht ebenso klug, wie sie in ihrer Fertigkeit feinsinnig waren; sie verwandten ihre Sorgfalt mehr auf die Zierde als auf die Festigkeit, mehr auf die erfreuliche Wirkung als auf den Nutzen der Stabilität. Als diese nun die vier Hauptsäulen errichteten, also die Stützen der gesamten Last, die darauf gelegt werden sollte, da fügten sie diese feinsinnig, wenngleich nicht fest, in das alte Werk ein, nach der Art derer, die ein neues Stück Tuch an ein altgewordenes annähen. Daher geschah es, dass sie weder die Basen noch die Schäfte der Säulen von jener Festigkeit herstellten, dass sie die gewaltige Last des so bewundernswerten und so steil sich erhebenden Baues hätten aushalten können; obgleich deren Instabilität im Fortschreiten des Werkes hinlänglich hätte bemerkt werden können – durch klaffende Öffnungen und Spalten der Teile, durch einen Riss, der durch gewisse Marmorsäulen der Länge nach von der Basis bis zum Epistyl ging! –, meinten sie dennoch keineswegs, dass man von der Weiterführung des begonnenen Werkes ablassen müsste, obgleich es doch feststeht, dass jenes Gebäude, das über einem gebrechlichen Fundament errichtet wird, zum Einsturz bereitsteht. Je mehr sie also eine immer größere Ansammlung von Steinen drauflegten, umso mehr beschleunigten sie den tiefen Sturz des Turmes: umso riesiger wurden die Risse der Schäfte und Basen, je mehr sie es wagten, sie zu belasten.“

Die wenigen, aber aussagekräftigen Quellen zeigen deutlich, dass der Werkmeister über keine theoretischen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügte, sondern die Konstruktion der Bauwerke allein aus praktischer Erfahrung heraus und auf der Grundlage der Geometrie bestimmte, wobei in schwierigen Fällen die Meinung mehrerer Werkmeister abgefragt wurde.

1.6 Logistik

Wenn im Mittelalter eine größere Baumaßnahme, insbesondere ein Neubau geplant wurde, war es für den Bauherrn oder Bauverwalter die vorrangige Aufgabe, einen günstig gelegenen Steinbruch zu erwerben, der brauchbares Steinmaterial bot, das man möglichst bequem über den Wasserweg auf Flößen oder mit gekauften oder gemieteten Schiffen zur Baustelle transportieren konnte, denn über die schlechten Straßen war der Transport mit den schweren, grobschlächtigen, ein- oder zweiachsigen, von Ochsen gezogenen Lastfuhrwerken (plaustra) teilweise über große Entfernungen nur in der trockenen Jahreszeit möglich, da bei Regen und Schnee die Wege kaum brauchbar waren.158 Zudem war es notwendig, Waldbestände möglichst nahe der Baustelle oder an Flüssen ausfindig zu machen und Kalkgruben und seit dem 12. Jahrhundert auch Ziegelöfen in der Nähe der Baustelle einzurichten. Teilweise wurden die Steine auch im Steinbruch schon grob zugehauen (bossiert), um ihr Gewicht für den Transport zu reduzieren. Die Leistung der Steinbrecher und der dann notwendige Transport zur Baustelle war beträchtlich. Für die Zisterzienserklosterkirche Vale Royal in Cheshire/England wurden in drei Jahren 1278/81 35.448 Karren Steine vom Steinbruch zur 8 Kilometer entfernten Baustelle transportiert. Wahrscheinlich verließ jede Viertelstunde ein von Ochsen gezogener Karren den Steinbruch.

Ein besonderes Problem war die Bereitstellung von geeignetem Steinmaterial für die Anfertigung von Säulen.159 Häufig war man darauf angewiesen, Säulen aus römischen Ruinen zu beschaffen. Das ist schon für Karl den Großen überliefert, der Säulen und Marmor aus Rom und Ravenna nach Aachen und Ingelheim und aus Nîmes nach Maguelonne holen ließ. 876 heißt es von Auxerre, dass die Mönche eine gefährliche Expedition nach Arles und Marseille unternahmen, um unter großen Schwierigkeiten dort, „teils indem sie sie beanspruchten, teils gegen einen Preis“, aus den Ruinen der alten Gebäude eine große Menge kostbaren Marmors zu entnehmen und per Schiff nach Auxerre zu bringen.160 Odilo von Cluny (994–1049) hat „einen Kreuzgang errichtet, der mit Marmorsäulen wunderbar geschmückt ist, die aus den fernsten Teilen der Provinz über die besonders reißenden Flüsse Durade und Rhône mit großer Mühe herbeigebracht wurden“.161

Nach 1098 berichtet Leo Marsicanus über die Schwierigkeiten bei der Beschaffung und dem Transport von Säulen und anderem Material für den Neubau der Klosterkirche von Montecassino im Jahre 1066: „Als nun die bestellt worden waren, die diese [die Fundamentierung] mit ganzem Schwung und höchstem Fleiß durchführen sollten, brach er selbst unterdessen nach Rom auf, und indem er jeweils die ansprach, die ihm am freundlichsten gesonnen waren, und gleichzeitig mit freigebiger Hand in geschickter Weise Gelder austeilte, kaufte er Säulen, Basen und lilienförmige Kapitelle und nicht zuletzt Marmor in verschiedenen Farben in großer Menge zusammen, und all diese Dinge ließ er aus der Stadt [Rom] zum Hafen, vom römischen Hafen aber über das Meer bis zum Turm von Gariliano (?) und von dort nach Sujo mit gewaltigem Vertrauen bringen, nachdem er die Schiffe gemietet hatte. Von dort aber ließ er sie bis zu diesem Ort auf Frachtwagen mit größter Mühe transportieren [ca. 30 km]. Und damit man den Eifer der Gläubigen, die ihm Folge leisteten, noch mehr bewundert: hier stellte allein die zahlreiche Menge der Bürger, vom Fuß des Berges [ausgehend], die erste Säule mit der Kraft ihrer eigenen Nacken und Arme auf; denn zur Mühsal kam hinzu, dass der Aufstieg dieses Berges damals allzu abschüssig, eng und rauh war: Es war ihm nämlich noch nicht in den Sinn gekommen, eben diesen Weg einzuebnen und auszuweiten, so wie er es später getan hat.“162

Für die Erweiterung der Klosterkirche von Saint-Trond in der Provinz Limburg/Belgien ließ Abt Adelard II. (1055–1082) Mauersteine von Ferne antransportieren und beschaffte Säulen, wie Abt Rudolf um 1110/20 berichtet: „Wunderlich war es zu sehen und unglaublich wird es zu berichten sein, welche große Menschenmenge nicht abließ, von wie weit her und mit welch großem Eifer, welcher Freude Steine, Kalk, Sand, Holz und alles, was für das Werk nötig war, nachts und tagsüber auf Bauernwagen und Lastwagen (plaustris ac curribus) aus freien Stücken und auf eigene Kosten heranzufahren. […] Die Säulen aber, die von Worms bis nach Köln auf dem Rhein mit dem Schiff transportiert worden waren, und andere, die man von anderswo mit Lastfuhrwerken herangebracht hatte, die man gleichsam von Köln bis zu uns über Land transportieren musste [ca. 150 km], zog das Volk in glühendstem Eifer wechselweise mit Seilen, die an die Frachtwagen gebunden waren, und ohne jegliche Hilfe von Rindern und Zugvieh schleiften sie sie ohne Brücke über den Grund der Maas und brachten sie in Scharen unter Hymnengesang zu uns.“163 Bischof Hugo von Durham (gest. 1195) ließ Säulen über das Meer aus Frankreich nach Durham in England transportieren.164 Überliefert sind auch Säulentransporte von Altenburg nach Zwiefalten (55 km), von Nîmes nach Maguelonne (50 km) und schließlich für Magdeburg aus Rom. Beim Bau von Sainte-Foy in Conques (vor 1065) wurden „26 Ochsenjoche“ zum Transport der Säulen und für „das ungeheure Gewicht der Basen“ vom hangaufwärts gelegenen Steinbruch zur Baustelle benötigt.165 Das Gefälle war so groß, dass die überhitzten Achsen der Karren platzten. Für die Kathedrale von Cambrai unter Bischof Gerhard (1023–1030) heißt es, nichts sei schwieriger „als der lange Transport der Säulen, die fast 30 Meilen entfernt geschlagen wurden“.166 Daher wurde „an vielen Orten in unserer Umgebung“ der Boden untersucht, bis man endlich nur eine Viertelmeile von der Stadt entfernt auf „säulentaugliche Steine“ stieß.

Ungemein deutlich und ausführlich äußert sich Abt Suger von Saint-Denis in seinem zwischen 1144/45 und 1151 verfassten Libellus de consecratione über seine Anstrengungen, geeignete Säulen für seinen Neubau der Abteikirche Saint-Denis bei Paris zu beschaffen167: „Von sehr festem Material indessen bot sich ein neuer Steinbruch dar, so beschaffen und ergiebig, wie er niemals zuvor in dieser Gegend gefunden worden war, den Gott uns schenkte. Eine große Menge geschickter Maurer, Steinmetze, Bildhauer und anderer Arbeiter folgte, so dass die Gottheit uns in diesem und in anderem von dem befreite, was wir fürchteten, und uns ihren Willen vermittelte, indem sie uns stärkte und uns zu Hilfe kam mit Dingen, die wir nicht zu hoffen gewagt hätten. […] Als wir nämlich bei der Ausführung von solcherlei Arbeiten vor allem um das Übereinkommen und den Zusammenhalt des alten und des neuen Werks besorgt waren und beim Überlegen, Umherschauen und Nachforschen in verschiedenen Gegenden entfernter Gebiete keine finden konnten, von woher wir marmorne oder marmornen gleichwertige Säulen erhalten könnten, blieb uns, die wir uns in Geist und Sinn mühten, allein übrig, sie aus der Stadt Rom – wir hatten sie nämlich im Palast des Diokletian und in anderen Thermen oft wunderbar gesehen – über das Mittelmeer mit sicherer Flotte und weiter über das englische Meer und durch die windungsreiche Biegung des Seine-Flusses unter großem Aufwand der Freunde, auch unter freiem Geleit der Feinde, der benachbarten Sarazenen, zu bekommen. Und viele Jahre lang haben wir uns oftmals durch Nachdenken und Fragen gequält, als plötzlich die großzügige Freigebigkeit des Allmächtigen sich zu unseren Mühen herabließ und, was weder auszudenken noch zu vermuten erlaubt schien, zur Verwunderung aller durch das Verdienst der heiligen Märtyrer angemessene und ganz vorzügliche Säulen offenbarte. Je mehr uns daher das göttliche Erbarmen wider Hoffen und menschliches Erwarten mit einem passenden und nirgendwo angenehmeren Ort zu beschenken geruhte, umso größere Dankestaten glaubten wir mit dem dafür zu leistenden Werk als Preis für die Abhilfe bei solchen Schwierigkeiten zu entrichten.

Der Ort freilich des wunderbaren Steinbruchs, der bei der Burg Pontoise im Grenzgebiet unserer Ländereien an ein tiefes, nicht von der Natur, sondern durch menschlichen Fleiß ausgehöhltes Tal grenzte, bot den Brechern von Mühlsteinen von alters her ihren Erwerb, und – so glauben wir – er bewahrte, während er bisher nichts Besonderes hervorbrachte, den Beginn so erheblicher Brauchbarkeit für einen so großen und so göttlichen Bau, gleichsam als Erstlingsgaben für Gott und die heiligen Märtyrer. Sooft aber die Säulen von der tiefsten Sohle mit zusammengeknoteten Seilen emporgezogen wurden, führten sehr fromme Leute, sowohl unsrige wie auch solche aus den benachbarten Gebieten, sowohl Edle wie Gemeine, diese, nachdem sie um Unterarme, Brust und Oberarme Seile geschnürt hatten, anstelle von Zugtieren heraus; und auf der Mitte des Absturzes der Burg kamen verschiedene Dienstleute hinzu, die, nachdem sie die Werkzeuge ihrer eigenen Aufgaben weggelegt hatten, die eigenen Kräfte anboten für die Schwierigkeit des Weges, indem sie mit aller zur Verfügung stehenden Kraft Gott und den heiligen Märtyrern Gefolgschaft leisteten. Dabei trug sich ein denkwürdiges und erzählenswertes Wunder zu, welches wir, die wir es selbst von den Anwesenden erfuhren, zum Lobe des Allmächtigen und seiner Heiligen mit Feder und Tinte niederzuschreiben beschlossen haben. Eines Tages nämlich, als infolge eines Regengusses düstere Finsternis die aufgewühlte Luft bedeckt hatte, hatten sich, während die Wagen am Steinbruch eintrafen, diejenigen, die gewöhnlich als Arbeitshilfen tätig waren, wegen der Heftigkeit des Regens eigenmächtig entfernt. Die Ochsentreiber aber setzten denen, die noch klagten und laut widersprachen, mit ihrem Geschrei, sie gingen müßig und ließen die wartenden Arbeiter im Ungewissen, solange zu, bis einige Schwache und Gebrechliche zusammen mit einigen Jungen, der Zahl nach 17, und, wenn ich mich nicht irre, mit einem Priester, der dabei war, zum Steinbruch eilten; und sie nahmen eines der Seile auf und ließen, als sie es um eine Säule schlangen, den anderen Pflock auf dem Boden liegen. Es war nämlich niemand da, der geholfen hätte, diesen zu ziehen. Und so sprach die winzige Schar, beseelt von frommem Eifer: ‚Heiliger Dionysius, hilf uns, wenn es Dir gefällt, indem Du selbst den freibleibenden Pflock aufnimmst. Denn nicht uns wirst Du die Schuld zuweisen können, wenn wir es nicht schaffen.‘ Alsbald nahmen sie beharrlich in Angriff, was gewöhnlich 140 oder mindestens 100 schwer aus dem tiefen Tal herausgezogen hätten, und schleppten – nicht aus eigener Kraft, was nicht möglich gewesen wäre, sondern durch den Willen Gottes und durch die Unterstützung der Heiligen, die sie anriefen – den Schaft heraus, den sie dann auf einem Wagen (plaustrum, Lastfuhrwerk) zur Baustelle der Kirche brachten.“

Der Transport der Baumaterialien erfolgt auf der Baustelle in Wagen und bei kleineren Gewichten in der Schubkarre (chiveria), die seit dem 12. Jahrhundert nachgewiesen ist, auf Holzbahren, die von zwei Männern getragen wird (Abb. 1.6; 1.1; 1.7)168 in der Holzmulde auf der Schulter (Abb. 1.1; 1.8; Abb. 1.9)169 in Körben170 oder in einem seit 1200 bezeugten Holzwinkel mit zwei Stangen über den Schultern (avis, Vogel, oiseau, Abb. 1.7).171 Höhere Arbeitsebenen erreichte man über Leitern172 und Laufschrägen unterschiedlicher Konstruktion (Abb. 1.6; 1.7; 1.9; 1.10)173. Zum Kran und Baugerüst siehe Abschnitt 1.8.

Abb. 1.6: Baustelle mit Laufschräge, Trage, Lotwaage, um 1225 (Glasmalerei im nordöstl. Chorumgang der Kathedrale von Chartres).

Abb. 1.6: Baustelle mit Laufschräge, Trage, Lotwaage, um 1225 (Glasmalerei im nordöstl. Chorumgang der Kathedrale von Chartres).

Abb. 1.7: Bauherr und Werkmeister bei den Steinmetzen auf der Baustelle, um 1220 (französische Bible moralisée, Wien, Österr. Nat. Bibl., Cod. 2554, fol. 50).

Abb. 1.7: Bauherr und Werkmeister bei den Steinmetzen auf der Baustelle, um 1220 (französische Bible moralisée, Wien, Österr. Nat. Bibl., Cod. 2554, fol. 50).

Abb. 1.8: Turmbau zu Babel, Steinmetzen mit Lot, Richtscheit, Doppelspitze, Schlageisen und Klöpfel sowie Mörtelmischer mit Mischhacke (Herrad von Landsberg, Hortus deliciarum, fol. 27, verbrannt).

Abb. 1.8: Turmbau zu Babel, Steinmetzen mit Lot, Richtscheit, Doppelspitze, Schlageisen und Klöpfel sowie Mörtelmischer mit Mischhacke (Herrad von Landsberg, Hortus deliciarum, fol. 27, verbrannt).

Abb. 1.9: Turmbau zu Babel, Bauherr, Werkmeister mit Richtscheit, Mörtelmischer mit Mischhacke, Auslergegerüst mit Laufschräge, 2. Viertel 13. Jahrhundert (Mosaik in der westlichen Vorhalle von San Marco in Venedig).

Abb. 1.9: Turmbau zu Babel, Bauherr, Werkmeister mit Richtscheit, Mörtelmischer mit Mischhacke, Auslergegerüst mit Laufschräge, 2. Viertel 13. Jahrhundert (Mosaik in der westlichen Vorhalle von San Marco in Venedig).

Abb. 1.10: Bauherr auf der Baustelle, Laufschräge, Spitzfläche, Lotwaage, um 1210/15 (Glasmalerei im Chor der Kathedrale von Laon).

Abb. 1.10: Bauherr auf der Baustelle, Laufschräge, Spitzfläche, Lotwaage, um 1210/15 (Glasmalerei im Chor der Kathedrale von Laon).

1.7 Materialwissen

Bei keiner anderen Kunstäußerung ist die Auswahl des Materials von so existentieller Bedeutung wie in der Baukunst, denn die Bearbeitungsmöglichkeit und Belastbarkeit des Materials ist ausschlaggebend für jedwede Gestaltung; aber auch die Verfügbarkeit und Erfahrung sind eine wichtige Grundlage. So wichtig aber auch das verwendete Material für die Konstruktion und damit Standfestigkeit und Beständigkeit des Bauwerks ist, für das Ansehen, die Erscheinung der raumbildenden Wände und des Baukörpers, ist das Material weniger von Bedeutung, denn vornehmlich Putz/Schlämme und Farbe/Ornament bestimmen die Ansichtigkeit und Wirkung. Auch können plastische Formen in ihrer Erscheinung konstruktive Aufgaben vortäuschen wie beispielsweise die Dienste in der gotischen Wandkonstruktion, die optisch die Rippen auffangen und stützen, konstruktiv aber weitgehend unbelastet sind (die Last- und Druckkräfte der Gewölbe werden von den hinter den Diensten liegenden Mauern und Pfeilern aufgenommen), oder auch die Fugenmalerei, die auf den vom Steinmaterial und Backstein gegebenen Fugenverlauf keine Rücksicht nimmt, sondern allein nach Gestaltungsabsichten bestimmt wird.

1.7.1 Holz

Das Bauholz wurde in möglichst nahe gelegenen Wäldern gezielt für die einzelnen Baumaßnahmen im Winter geschlagen und anschließend verzimmert, da saftfrisches Holz mit Axt und Beil einfacher zu bearbeiten ist, wobei auch die Poren geschlossen werden.174

Große Balken zur Überdeckung breiter Kirchenschiffe waren recht schwierig zu beschaffen. So berichtet Abt Suger von Saint-Denis über seine Schwierigkeiten, 1135/40 angemessen große Holzbalken für das Dachwerk seiner Kirche zu beschaffen.175 „Und nachdem wir sowohl bei unseren als auch den Pariser Zimmerleuten nachgefragt hatten, wie Balken aufzufinden seien, antworteten sie uns – nach ihrer Auffassung wahrheitsgetreu – dass man in dieser Gegend aufgrund des Mangels an Wäldern keine Stämme solcher Art finden könne, diese müssten vielmehr aus dem benachbarten Gau von Auxerre herbeigebracht werden. […] Ich begann eines Nachts […] im Bett zu erwägen, durch alle Wälder dieser Gegend persönlich zu gehen. […] Nachdem wir alsbald alle Pflichten erledigt hatten, eilten wir, am frühen Morgen aufbrechend, mit Zimmerleuten und den Maßen der Stämme in den Wald, der Iviline genannt wird. Und als wir unsere Besitzung im Tal der Chevreuse durchquerten, riefen wir die uns dienenden Hüter herbei, die unsere und andere Wälder kannten, und fragten diese beim Schwur der Treue und der heiligen Sakramente, ob wir dort, unter welchen Schwierigkeiten auch immer, Stämme jener Maße zu finden vermöchten. Diese lächelten, […] sie wunderten sich, ob wir denn gar nicht wüssten, dass im ganzen Land nichts Derartiges gefunden werden könne, vor allem weil Milo, der Castellan von Chevreuse, unser Dienstmann, der zusammen mit einem anderen die Hälfte des Waldes von uns zu Lehen hat, da er lange Zeit vom Herrn König und von Amalrico de Monte Forti befehdet worden war, zum Schutze und für die Errichtung eines Bollwerks keine Stämme solcher Art unberührt gelassen hatte. Wir aber wiesen zurück, was auch immer sie sagten, und begannen mit einer gewissen Kühnheit unseres Glaubens, den Wald zu durchstreifen, und fanden gerade um die erste Stunde einen dem Maße entsprechenden Stamm. Und weiter: Bis zur neunten Stunde oder früher bestimmten wir zur Verwunderung vornehmlich aller Umstehenden inmitten der Sträucher, des Schattens der Wälder, des Dornengestrüpps zwölf Stämme – so viele waren nämlich erforderlich – und ließen diese zur heiligen Basilika gebrachten Stämme unter Jubel für die Überdachung des neuen Werkes aufsetzen.“

Schon im frühen 11. Jahrhundert mussten nach dem um 1049/70 verfassten Bericht für die Dächer der Abteikirche Saint-Rémi in Reims Balken aus den Wäldern der Benediktinerabtei Orbais beschafft werden, weil es in der näheren Umgebung keine ausreichend großen Bäume gab. Für den Wiederaufbau des 1159 abgebrannten Klosters Petershausen „fällte man [1160] im Wald bei Begrenz eine gewaltige Menge Zimmerholz an großen Balken und anderen Hölzern; diese brachten mehr als 50 Ruderer über den breiten See bis zu uns“.176

Nach einem Brand 754 wurde unter Abt Wido (753–787) die Klosterkirche von Fontanelle (Saint-Wandrille) wiederhergestellt. Für den Dachreiter, der „durch hervorragende Arbeit errichtet werden sollte, wurde ein Balken gesucht, der in der Höhe aufgerichtet werden sollte und auf den sich das ganze Gewicht der Pyramide und der First des gesamten Werkes mit seinem Holzwerk stützen könnte. Lange war in den benachbarten Wäldern ein Baum dieser Art gesucht und keiner gefunden worden, […].“ Am frühen Morgen sahen einige Fischer „einen Platanenbaum von wundersamer Größe und gewaltigem Gewicht mitten durch den Fluss schwimmen. Als sie diesen gefunden hatten, befleißigten sie sich, es den leitenden Leuten des Klosters zu melden. Diese kamen flohlockend zum Fluss und zogen den Baum heraus“.177

Häufig wurde aber auch das Bauholz über den Holzhandel besorgt.178 Holzniederlagen gab es in den großen Städten wie Wien, Lübeck oder Köln seit dem 12. Jahrhundert. Auf den Holzmärkten oder Holzniederlagen waren Stämme, Balken, Bretter, Dachrinnen, Schindeln, Räder und alle Holzartikel wie Mulden, Fässer, Schaufeln usw. zu kaufen.

1.7.2 Steine

Seit dem 8. Jahrhundert wurde der Steinbau immer häufiger und verdrängte zunächst die Holzkirchen. Die Beschaffung brauchbaren Steinmaterials war eine wichtige Aufgabe. Bei Großbaustellen waren die Bauherren bemüht, eigene Steinbrüche zu betreiben. Die für den Steinbruch bestimmte Grundfläche wurde genau festgelegt und entweder käuflich erworben oder auf Zeit gegen eine Rente von dem Eigentümer zur Ausbeutung gepachtet. Steinbruch und Zufahrtswege wurden zur Überwachung einem Aufseher oder Grubenmeister gegeben, der unter Oberaufsicht des Werkmeisters zugleich das Brechen der Steine organisierte und die Steinbrecher und deren Hilfskräfte anleitete. Sie wurden von dem Bauverwalter direkt bezahlt und arbeiteten in engem Kontakt mit dem Werkmeister, denn teilweise wurden die Steine auch im Steinbruch schon grob zugehauen (bossiert), um ihr Gewicht für den Transport zu reduzieren. Auch mussten die Steine entsprechend ihrer jeweiligen Verwendung am Bau nach ihrer Qualität von dem Werkmeister ausgesucht werden, denn Steinbrüche liefern kein einheitliches Material.

Für das Kloster Oudenburg bei Ostende heißt es nach 1084 zur Qualität und Herkunft des Steinmaterials: „Denn im Osten, Süden, Westen und Norden war die Kirche aus schwarzen und äußerst harten Steinen erbaut. Freilich können Steine von solcher Farbe und überaus starker Härte in der gesamten Provinz Flandern nicht von natürlicher Herkunft gefunden werden, außer in Gallien im Sprengel von Tournai. In den Nordteilen aber hatte eine Hand in alter Zeit ein Fundament aus quaderförmigen und großen Steinen, die mit Eisen und Blei fest gefügt waren, gelegt. Man sagt, dass diese Art von Steinen nur in der Provinz Boulonge zu finden sei. Auch waren unterhalb der Befestigung der Mauern einige Wohngebäude aus leichten und nicht sehr harten Steinen gebaut worden. Natürlicherweise aber werden diese Steine [Tuff] im Osten bei der Kölnischen Provinz gefunden. […] Die Säulen und Wände aber sind von Steinen aus Tournai gebaut, es fügen sich aber auch Säulenkapitelle von Steinen aus Boulogne ein“.179

Auch für die Kathedrale von Amiens (1220–1264) beispielsweise „kamen verschiedene Steinsorten zur Anwendung. Der grobe Kreidestein der Brüche von Blavelincourt nahe Amiens für die Fundamente so wie der harte Sandstein (grés), der nördlich von Amiens gefunden wird, für die Sockel […]. Die Hauptmasse des Baus besteht aus Kalkstein aus Croissy. Sie sind nicht sehr widerstandsfähig […]. Für die der Witterung besonders ausgesetzten Teile wie Friese oder Fialen hat man die harten Steine aus den Brüchen von Sailly-Lorette benutzt. Für das Füllmauerwerk hingegen nahm man den weichen Kreidestein der nächsten Umgebung, wegen seines geringen Gewichtes auch für die Gewölbekappen. Das Kapitel besaß die Steinbrüche in Croissy. Nachteilig waren die großen Entfernungen und die daraus folgenden Transportkosten. Deshalb verschaffte sich die Domfabrica 1234 für 50 Pfund (ein mittleres Haus in Paris kostete 150 Pfund) das Recht, Steine aus den näher gelegenen Steinbrüchen von Beaumetz zu brechen, der in Art und Qualität vom Stein aus Croissy kaum zu unterscheiden ist“.180

Für die Gewölbe der Kathedrale von Canterbury 1175/80, für das Dormitorium des Klosters Fontanelle (Saint-Wandrille an der Seine) 823/833 und für das Kloster Mariengaarde in Holland 1176ff. wurde Tuff vom Rhein herbeigeholt. Zahlreiche Kirchen und Burgen in England erhielten im 11.–13. Jahrhundert ihr Steinmaterial aus den Brüchen bei Caen in der Normandie. Vielfach wurden Steine auch aus Abbrüchen, besonders römischer Ruinen, beschafft.

1.7.3 Backstein

Während Holz und Natursteine je nach Bedarf kurzfristig auf der Baustelle bereitstehen können, ist für den Backstein (later) eine längere Vorlaufzeit notwendig.181 Die über dem Ton lagernden humosen oder sandigen Deckschichten müssen abgeräumt und der Ton in der frostfreien Zeit von Frühjahr bis Herbst gestochen, in großen Gruben eingesumpft oder in Hügeln aufgeschichtet werden, um einen Winter durchzufrieren. Im zweiten Arbeitsgang wird der Ton zumeist im trockenen Zustand zerkleinert und unter Wasserzugabe durchgeknetet, um einen halbplastischen Zustand zu erreichen. Der Tonkuchen wird dann mit der Hand in eine Holzform gedrückt und mit dem Brett abgestrichen. Seltener werden die Backsteine aus großen Platten herausgeschnitten. Der ausgeformte Rohling muss einen Sommer lang an der Luft trocknen. Dann erst kann er in Feldbrandöfen gestapelt und, nach und nach auf hohe Temperatur gebracht, gebrannt werden. Nach langsamer Abkühlung des Ofens steht eine beschränkte Zahl von Backsteinen zur Verfügung. So kann frühestens nach 1  Jahren mit dem Vermauern begonnen werden. Um für eine zügige Bauerstellung eine ausreichende Zahl von Backsteinen zur Verfügung zu haben, muss über mehrere Jahre mit vielen Öfen auf Vorrat produziert werden, das bedarf einer Organisation, die bei der frühmittelalterlichen Naturalwirtschaft und dem feudalen Gesellschaftssystem unüblich war und erst mit dem Aufkommen der Geldwirtschaft im 12. Jahrhundert in steinarmen Gegenden (Oberitalien, Bayern, Sachsen, Niederrhein) möglich wurde. Nur in karolingischer Zeit mit der zentralen Ordnung wurden in der 1. Hälfte des 9. Jahrhunderts Backsteine hergestellt, so bestellt Einhard über einen Egmunelus große Backsteine von 60–67 cm Länge, 10–11 cm Breite und 7,5–8,3 cm Dicke; in Steinbach und Seligenstadt 823–834 ließ er 15–16 oder 27–34 cm lange und 3,0–4,6 cm dicke Backsteine vermauern.

1.7.4 Weiteres Material

Die Dächer wurden mit Stroh oder Ried (stramen, arundum), Holzschindeln (scindulae, tegulae ligneae), Bleiplatten (tabulae plumbeae, plumbum), Kupferplatten (cuprum), Schiefer (lapides) und in karolingischer Zeit (Ende 8./Anfang 9. Jahrhundert), von Bischof Bernward in Hildesheim (993–1022) und seit dem 12. Jahrhundert allgemein mit Stegziegeln (in römischer Tradition), Flachziegeln (Biberschwänze, tegulae, lateres) oder Hohlziegeln (Mönch und Nonnen, imbrices) gedeckt.182 Auf der Burg Münzenberg in der Wetterau waren beispielsweise um 1160/65 der Palas mit Flachziegeln, die Wirtschaftsgebäude mit Hohlziegeln und der runde Bergfried mit dreieckigen Schieferplatten gedeckt.183

Lehm und Sand suchte man in der Nähe des Bauplatzes zu gewinnen, damit die Transportwege und die damit verbundenen Schwierigkeiten und Kosten möglichst gering gehalten werden konnten.184 Mörtel ist für die Standfestigkeit von Mauern wichtig. So sieht das Pariser Reglement von 1258 für mangelhafte Materialqualität Geldstrafen vor: „Wenn die Putzer den zu verarbeitenden Gips herbeibringen, muss der Maurer […] gemäß seines Eides darauf achten, dass die Bemessung des Gipses in Ordnung sei; und wenn er daran zweifelt, muss er den Gips selbst prüfen oder in seiner Anwesenheit prüfen lassen. Und wenn er erkennt, dass die Bemessung nicht gut sei, muss der Putzer dafür fünf Sous Strafe zahlen. […] Die Mörtelmacher müssen […] schwören, dass sie den Mörtel nur aus gutem Kalkstein bereiten, und wenn sie einen anderen Stein verwenden oder er aus Kalkstein ist, aber nicht ausreichend zerkleinert, muss er zerkleinert werden, und sie müssen dem Handwerksmeister vier Denare Strafe zahlen“.185

Eisen186, Blech, Blei, Nägel, Bitumen, Wachs, Lichtöl und Korb- und Seilerwaren kaufte man seit dem 12./13. Jahrhundert gewöhnlich bei städtischen Händlern und Handwerkern.

1.8 Bautechniken und Instrumente

Die verwendeten Werkzeuge, die aus den Schriftquellen, zeitgenössischen Abbildungen und Arbeitsspuren bekannt sind, haben sich seit der Antike bis ins 19. Jahrhundert kaum verändert. Ihre mittelalterliche Benennung schwankt und ist nur teilweise bekannt, wobei die lateinischen Bezeichnungen für den Holzbau besser überliefert sind als für den Steinbau.187

Abb. 1.11: Zimmermann beschlägt einen Balken, 1248 (italienisches Stundenbuch, Bologna, Archivio di Stato).

Abb. 1.11: Zimmermann beschlägt einen Balken, 1248 (italienisches Stundenbuch, Bologna, Archivio di Stato).

Abb. 1.12: Spannsäge, süditalienische Federzeichnung, 1022/23 (Montecassino, Cod. 132, fol. 394, 418).

Abb. 1.12: Spannsäge, süditalienische Federzeichnung, 1022/23 (Montecassino, Cod. 132, fol. 394, 418).

Abb. 1.13: Spannsäge, süditalienische Federzeichnung, 1022/23 (Montecassino, Cod. 132, fol. 394, 418).

Abb. 1.13: Spannsäge, süditalienische Federzeichnung, 1022/23 (Montecassino, Cod. 132, fol. 394, 418).

Abb. 1.14: Zimmerleute mit Säge, Bohrer, Hobel, Breitbeil und Rahmensäge, um 1220/1300 (Mosaik in der westlichen Vorhalle von San Marco in Venedig).

Abb. 1.14: Zimmerleute mit Säge, Bohrer, Hobel, Breitbeil und Rahmensäge, um 1220/1300 (Mosaik in der westlichen Vorhalle von San Marco in Venedig).

Die Bäume werden mit der Axt (securis188 gefällt; die Axt ist ein beidhändig geführtes Werkzeug mit langem hölzernem Stiel (Helm), der in das Haus (Öse) einer keilförmigen eisernen Klinge mit Schneide parallel zum Stiel gesteckt ist. Sie dient zum Fällen, Spalten und groben Bearbeiten bzw. Entästen von Baumstämmen. Die Axt kommt auch als Doppelaxt mit zwei gegenüberliegenden Schneiden vor (bipennis, dolabrum, bisacuta, rosticucius). Die Axt ist zu unterscheiden von dem Beil (Barte, securis, Abb. 1.11)189, das etwas kleiner und im Blatt breiter ist. Das Beil dient zum Spalten und Behauen kleinerer Hölzer, u. a. zur Herstellung von Holznägeln. Die grob bearbeiteten Stämme werden auf den Zimmerplatz, die sogenannte Zulage, gefahren und dort auf zwei Holzböcke aufgeklammert. Die Richtungslinien der nachfolgenden Bearbeitung werden mit Schnurschlägen (Richtschnur, linea) vorgerissen: die von der Haspel (Spule) ablaufende Schnur wird mit dem im Schnurkasten aufbewahrten Rötel eingefärbt und dem Stamm entlang stramm angezogen; lässt man nun die in der Mitte angehobene Schnur auf den Stamm zurückschnellen, zeichnet der Rötel eine gerade Linie, entlang der mit dem zumeist beidhändig geführten Breitbeil (Schlichtbeil, Beschlagbeil, securis, acucia, Abb. 1.11)190 mit leicht gekrümmter, einseitig geschärfter, 30–40 cm langer Schneide, die vom Handstiel etwa 6–8 cm nach außen abgebogen ist, die Flächen geschlagen werden. Das so entstandene Kantholz wird mit der 90–120 cm langen, von zwei Männern geführten Quersäge (Bundsäge, Schrotsäge) oder der leichteren Spannsäge (Örter- oder Schließsäge, serra, Abb. 1.12; 1.13)191 abgelängt und mit der von zwei Männern geführten Rahmensäge zu Bohlen oder Brettern geteilt.192 Holzverbindungen in den Balken und Profile werden mit der Queraxt (Haue, Dächsel, Dexel, Dachsbeil, ascia) mit zum Stiel quergestellter Schneide, mit Klöpfel (malleus) und Beitel (Stemmeisen, Stecheisen, celtis, cuvilla, assiculus) oder dem Stangenbohrer (Löffel- oder Hohlbohrer, terebrum, Abb. 1.14) ausgearbeitet. Zum Glätten dienen Hobel (runcia), Ziehklinge (planatorium ferrum), Feile (lima) und Sandsteine.

Abb. 1.15: Steinmetzen bei der Arbeit mit Spizlfläche, Schlageisen und Fäustel, Lot sowie Schablonen und Zirkel, um 1220/25 (Glasmalerei in der nördl. Chorkapelle der Kathedrale von Chartres).

Abb. 1.15: Steinmetzen bei der Arbeit mit Spizlfläche, Schlageisen und Fäustel, Lot sowie Schablonen und Zirkel, um 1220/25 (Glasmalerei in der nördl. Chorkapelle der Kathedrale von Chartres).

Abb. 1.16: Bauherr und Werkmeister bei den Steinmetzen auf der Baustelle, um 1220 (französische Bible moralisée, Wien, Österr.).

Abb. 1.16: Bauherr und Werkmeister bei den Steinmetzen auf der Baustelle, um 1220 (französische Bible moralisée, Wien, Österr.).

Abb. 1.17: Turmbau zu Babel, 1135/40 (Mosaik auf der südlichen Mittelschiffwand der Capella Palatina in Palermo).

Abb. 1.17: Turmbau zu Babel, 1135/40 (Mosaik auf der südlichen Mittelschiffwand der Capella Palatina in Palermo).

Das am häufigsten abgebildete Haugerät der Steinmetzen193 ist die Spitzfläche (bipennis), erstmals bezeugt in der Deckenmalerei von Schwarzrheindorf 1151/56194 und in einer Handschrift der Chronik des Otto von Freising aus dem 3. Viertel des 12. Jahrhunderts (Abb. 1.15).195 Dieses Werkzeug kombiniert den Zweispitz (picus196 mit der Fläche (securis), so dass sich zwei Arbeitsgänge, nämlich das grobe Abarbeiten der Bosse (des über den Randschlag vorstehenden unregelmäßigen Steins) und das anschließende Ebnen der Quaderfläche, mit demselben Gerät ausführen lassen; gleichwohl werden Zweispitz und Doppelfläche (Abb. 1.1; 1.7; 1.17; 1.16)197 weiter verwendet. Der Zweispitz (Doppelspitze, Spitzhaue, Abb. 1.8) ist ein beidhändig geführtes Hauwerkzeug mit Holzstiel und einem in zwei Spitzen endenden eisernen Kopfstück zur groben Bearbeitung von Rohquadern. Die Doppelfläche wird ebenfalls beidhändig geführt; ihr Holzstiel ist etwa 30–40 cm lang; das eiserne Kopfstück besteht aus zwei zum Stiel parallelen, ca. 10 cm langen Schneiden. Die Fläche dient zur abschließenden Glättung der Quaderoberflächen nach der groben Bearbeitung. Die Zahnfläche198 entspricht der Fläche, jedoch mit gezahnter Schneide zur gröberen und schnelleren Bearbeitung der Quaderfläche nach dem Spitzen (Bearbeiten des Steins mit dem Spitzeisen oder der Doppelspitze). Ihre Zähnung variiert je nach Beschaffenheit des Steins. Die Bildquellen geben nur selten eindeutige Auskunft über die Zähnung einer Fläche. Hiebspuren zeigen, dass die Zahnfläche seit karolingischer Zeit, weitverbreitet seit der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts nördlich der Alpen verwendet wurde.

Neben den Haugeräten waren die mit dem Holzklöpfel oder Fäustel (malleus) getriebenen Setzeisen (Meißel, Abb. 1.1; 1.8; 1.16; 1.18; 1.20)199 in Gebrauch. Der Klöpfel (Kipfel) ist ein aus Buchenholz gefertigter, halbkugelförmiger oder zylindrischer Kopf mit kurzem Stiel. Der Fäustel (Schlägel, Schlegel, malleus) hat einen aus Eisen gefertigten Kopf mit zwei Schlagflächen. Mit dem Schlageisen (Setzeisen, Beizeisen, scisellus, sculca, scalprum), einem ca. 20 cm langen Eisen mit 2 – 4 cm breiter Scheide, wurde der Randschlag des Quaders bearbeitet, wie es schon im Hortus Deliciarum der Herrad von Landsberg 1175/91 gezeigt wird (Abb. 1.8): ein Steinmetz setzt sein Eisen am Rand der Quaderfläche an und schlägt mit einem kugelförmigen Klöpfel. Das Spitzeisen, ein ca. 20 cm langes Eisen mit pyramidaler Spitze, benutzte man zum Abtragen der Bosse und neben schmalen Schlageisen zur Bearbeitung profilierter Werkstücke und für Bildhauerarbeiten wie z. B. für Kapitelle. Besonders anschaulich ist die Anwendung der beiden Eisen auf einem Kapitell im Westbau von St. Servatius in Maastricht um 1180200, wo auch das Umdrehen eines großen Quaders mit der Hebe- bzw. Hebelstange gezeigt wird. Die Hebelstange ist eine Eisenstange zum hebelartigen Ansetzen an große Steine und wird auch als Brechstange benutzt.201 Der an Steinobjekten in Arbeitsspuren nachweisbare Bohrer ist nirgends erwähnt und nur kaum erkennbar abgebildet.

Abb. 1.18: Steinmetz mit Schlageisen und Klöpfel, dahinter mit Doppelfäche, Federzeichnung um 1175 (München, Bayer. Staatsbibl., Cod. lat. 13074, fol. 90v).

Abb. 1.18: Steinmetz mit Schlageisen und Klöpfel, dahinter mit Doppelfäche, Federzeichnung um 1175 (München, Bayer. Staatsbibl., Cod. lat. 13074, fol. 90v).

Abb. 1.19: Gott vermisst die Welt mit dem Bodenzirkel, um 1220 (Bible moralisée, Wien, Österr. Nat. Bibl., Cod. 2554, fol. 1v).

Abb. 1.19: Gott vermisst die Welt mit dem Bodenzirkel, um 1220 (Bible moralisée, Wien, Österr. Nat. Bibl., Cod. 2554, fol. 1v).

Abb. 1.20: Werkzeug des Steinmetzen, um 1225/30 (Glasmalerei im südöstl. Chorumgang der Kathedrale von Chartres).

Abb. 1.20: Werkzeug des Steinmetzen, um 1225/30 (Glasmalerei im südöstl. Chorumgang der Kathedrale von Chartres).

Beim Mauern von Bruchsteinen oder Backsteinen sowie beim Versetzen von Quadern benutzten Maurer und Steinmetzen zum Verteilen des Mörtels auf der Maueroberfläche eine dreieckige, flache oder gemuldete Kelle (trulla, Abb. 1.17). Zum Festklopfen diente ein Hammer (malleus, Abb. 1.1)202.

Für den Steinmetz sind neben den Hauwerkzeugen Richtscheit (regula, Abb. 1.1; 1.2; 1.4; 1.16; 1.20), Meßlatte (virga, Abb. 1.2; 1.3)203, Zirkel (Abb. 1.3; Abb. 1.19)204 und Schablone (molle205, Abb. 1.15; 1.20), für den Maurer und Steinmetzen Lot (perpendiculum, Abb. 1.8; 1.15)206 und Setz- oder Lotwaage (Abb. 1.8; 1.15; 1.20)207 von großer Bedeutung. Das Richtscheit wird vorrangig von den Steinmetzen zum Versehen (Prüfung mit dem Auge) der Randschläge und Flächen bei der Herstellung von Quadern verwendet. Für die gleichmäßige Anfertigung von Formsteinen konnten Schablonen aus Holz (molle, molda, forma, frz. patron, molde, engl. templates, niederl. mallen, brederen) verwendet werden (Abb. 1.15). Ihr zeitliches Aufkommen ist strittig; die ersten Erwähnungen finden sich im Skizzenbuch des Villard de Honnecourt (um 1220/30), die ersten Darstellungen in den Glasfenstern der Kathedralen von Chartres und Rouen (um 1220) (Abb. 1.15; 1.20).208

Der Mörtelrührer mischt den Mörtel mit einer Hacke in einem mit Bohlen eingefassten Mörtelkasten (Abb. 1.8; 1.9; 1.17)209, der mit einem flachgeneigten Pultdach gegen Sonne und Regen geschützt ist. Mit einer Holzschaufel wird der Mörtel in Holzmulden, dem sogenannten Vogel (avis210), oder in Körbe gefüllt, die über Leitern auf das Gerüst getragen werden. Durch Ausgrabungen nachgewiesene runde Mörtelplatten aus dem 9.–11. Jahrhundert verweisen auf mechanische Mörtelmischer, die durch im Kreis laufende Tiere betrieben wurden.211

Schon seit dem 12. Jahrhundert wurden Quader oder Rohformen für Bauglieder im Steinbruch vorgefertigt, um den Transport zu erleichtern212, aber erst zu Beginn des 13. Jahrhunderts lassen sich Typisierungen, d. h. Serienfertigung und Präfabrikation feststellen.213 Zuvor wurden die Quader individuell in die Steinschichten eingepasst. Während an den Kathedralen von Laon (1160–1205) und Bourges (1200–1214) noch die traditionelle individuelle Einzelanfertigung kurz vor dem Versatz zu erkennen ist, findet sich am Chor der Kathedrale von Soissons (1200/05–1212) und an der Kathedrale von Chartres (1194–1220) schon eine gewisse Typisierung. Eine serielle Vorfertigung ist jedoch erst am Langhaus der Kathedrale von Amiens (1220–1230) nachzuweisen, wo 28 große Gliederpfeiler unter Verwendung von zwei Steintypen einheitlich ausgeführt sind, während in Reims für die gleichen Gliederpfeiler noch acht Steintypen verwendet wurden, was auch schon als Besonderheit galt, denn Villard de Honnecourt hat den Befund 1220/30 in seinem Musterbuch durch genaue Fugenzeichnung festgehalten. Sämtliche Rippenprofile, Vorlagen der Mittelschiffhochwand, Maßwerk der Fenster, Gesimse und Kapitelle sind nach Schablonen einheitlich vorgefertigt. Zugleich wurde auch die Stapelbauweise eingeführt, d. h. die im Mauerverband stehenden Gliederungselemente, vorrangig die Dienstvorlagen (dünne Dreiviertelsäulen), wurden vorgefertigt und aufgesetzt, die Mauern dann dazwischen eingefügt. Diese um 1220 aufkommende Typisierung erlaubte den Steinmetzen, in größerem Umfang auch im Winter zu arbeiten (und im Sommer zu versetzen), und förderte damit eine kürzere Bauzeit und bessere Ausnutzung der Spezialkräfte. Noch beim Bau der Kathedrale von Chartres (1194–1220) sind Unterbrechungen während der Wintermonate nachzuweisen. Zugleich erforderte es aber auch eine Festlegung der formalen Einzelgestaltung, d. h. maßstäbliche zeichnerische Darstellung, die Einführung von Schablonen und Bauplänen, zunächst als Ritzzeichnungen von einzelnen Baugliedern wie Maßwerkfenstern im Maßstab 1:1 ab etwa 1220 und dann auch ganzer Bauabschnitte wie die Palimpseste der Westfassade von Reims um 1250/60 nach Vorlagen aus der Zeit um 1230/50 (siehe S. 43). Um 1235 waren mit dem Bau des Chors der Kathedrale von Amiens die Entwicklungen abgeschlossen; beim Umbau von Saint-Denis 1231–1241 und beim Bau der Schlosskapelle Saint-Germain-en-Laye, die um 1238 begonnen wurde, sind die neuen Techniken eingesetzt.

1.8.1 Kran

Häufig wurde das in einen Korb, Eimer oder auf Paletten gelegte Material (Steine, Mörtel) an einem Seil, das über eine Rolle am Galgen geführt wurde, hinaufgezogen.214 Größere Steine wurden am Seil befestigt, bis zum 13. Jahrhundert mittels des Wolfs, einer dreiteiligen Eisenaufhängung in einer schwalbenschwanzförmigen Vertiefung in der Steinoberfläche. Seit Anfang des 13. Jahrhunderts benutzte man die Steinzange, die durch Hebelkraft in zwei in die Sichtfläche und Rückseite des Steins eingearbeitete, kleine, quadratische oder runde Löcher greift. Darstellungen des 12. und beginnenden 13. Jahrhunderts bezeugen den allmählichen technischen Aufholprozess gegenüber der Spätantike und dem byzantinischen Osten. Um 1100 kam der Lastkran auf, dessen zwei Säulen mit einem Querriegel verbunden sind, an dem die Seilrolle angebracht ist.215 Daneben existierte der Säulenkran mit einem Ausleger oder mit T-förmig aufsitzendem Ausleger, dessen Enden eine Rolle tragen.216 Beide Grundformen sind seit dem 13. Jahrhundert nebeneinander zu beobachten.

Als früheste Form des mittelalterlichen Windwerks wird seit dem 13. Jahrhundert die Haspel mit horizontaler Welle dargestellt, die in zwei Holzpfosten oder in einem bockähnlichen Gestell gelagert war und mit Handspeichen oder einer Kurbel betätigt wurde. Der Kran mit dem schon in der Antike verwendeten Laufrad ist erst seit der Mitte des 13. Jahrhunderts für den gotischen Baubetrieb in Frankreich in Abbildungen bezeugt und ist spätestens im 14. Jahrhundert allgemein in Europa verbreitet (Abb. 1.1).217 Das Laufrad wurde durch das Körpergewicht eines oder mehrerer im Innern der Trettrommel laufender Windeknechte angetrieben, während die verlängerte Trommelachse als Windkörper diente. Dadurch konnten auch größere Steinlasten in jede beliebige Höhe gehoben werden.

In Paris und Laon sind schon um 1180 die Steinformate in den Obergeschossen der Kathedrale deutlich größer, und an der Kathedrale von Soissons finden sich vor 1212 im oberen Bereich des Mittelschiffs Werkstücke an Gewölben und Fensterlaibungen als monolithe Platten, die mehrere Zentner wiegen. Die Mittelschiffkapitelle des Speyerer Domes, Bau II, um 1100, wiegen etwa zwei Tonnen, die Mittelschiffkapitelle der gleichzeitigen Klosterkirche Limburg a. d. Haardt 2.800 kg; sie wurden mittels eines Wolfs hochgezogen und versetzt. Gervasius von Canterbury bewunderte ausdrücklich die Winden, die der französische Baumeister Wilhelm von Sens 1175 zum Be- und Entladen der Steine, welche aus Nordfrankreich nach England zum Bau der Kathedrale von Canterbury per Schiff antransportiert wurden, höchst einfallsreich konstruiert hat. Auch Villard de Honnecourt befasst sich in seinem Musterbuch 1220/30 mit der Konstruktion verschiedener Maschinen, zeigt aber noch keinen Kran mit Laufrad. Das Baumaterial zogen allgemein Windeknechte hinauf, die höher bezahlt wurden als die Handlanger. Sie wurden wie die anderen Hilfsarbeiter täglich entlohnt.

1.8.2 Baugerüste

Zum Mauern und Versetzen der Steine dienten Arbeitsbühnen auf Bock-, Ausleger- oder Standgerüsten (machima).218 Das Bockgerüst besteht aus einer Anzahl sogenannter Böcke auf je vier Beinen mit aufgelegten Gerüstbohlen, kommt aber in mittelalterlichen Abbildungen nur in der Kombination mit niedrigen Stangengerüsten vor. Auslegergerüste oder „fliegende bzw. schwebende“ Gerüste waren – nach den Abbildungen zu schließen – die gängige Bauweise für Arbeitsgerüste (Abb. 1.9).219 Die Gerüstbohlen oder auch Flechtwerk lagen auf waagerechten Auslegern in Form von runden, halbierten oder geviertelten Rundhölzern oder auch Kanthölzern, die in 1–2 m Abstand alle 1,30–1,60 m im Baufortgang eingemauert und durch das darauf liegende Mauerwerk am Abkippen gehindert wurden. Sie waren aber auch vereinzelt durch Bügen (Spreizen) von unten gegen die Mauer oder auf den unteren Auslegern abgestützt. Wenn die Mauerkrone erreicht war, wurden von Etage zu Etage die Ausleger entfernt und die Mauer verputzt. Stangengerüste werden in Italien seit dem 11. Jahrhundert, nördlich der Alpen erst seit der Mitte des 14. Jahrhunderts dargestellt, aber nach archäologischen Befunden schon seit dem ausgehenden 8. Jahrhundert benutzt. Etwa 1,00–1,50 m von der Mauer entfernt wurde eine Reihe von Rüststangen (20–30 cm dick) oder Rüstbäumen soweit eingegraben und vereinzelt auch verkeilt oder untereinander diagonal verstrebt, dass sie fest standen. In der gewünschten Arbeitshöhe (ca. 1,30–1,60 m) wurden Streichstangen (Barren) mit Stricken waagerecht an die Stangen gebunden. Der Raum zwischen Mauer und Streichstange wurde mit Netz- oder Rüstriegeln überbrückt, die Laufbohlen oder Flechtwerk aufnahmen. Die auf der Mauer aufliegenden Enden der Netzriegel wurden nach Bauabschluss wie die Ausleger abgesägt oder herausgezogen und hinterlassen in der Mauer den Auslegern entsprechende Löcher, so dass an erhaltenen Mauern nur schwer erkannt werden kann, welche Sorte Baugerüst verwendet worden ist. Die Gerüste erstellten die Zimmerleute, die auch die Stützgerüste und Lehrbogen für die Bogen und Gewölbe anfertigten und aufstellten sowie schließlich das Dachwerk zimmerten, das als Arbeitsbühne für die Einwölbung dienen konnte. Auch kamen Hänge-Arbeitsböden vor.220

1.9 Bauleute und Bauprozess

Auf einer mittelalterlichen Kathedralbaustelle waren verschiedene Handwerker (artifices, operarii) und zahlreiche Hilfsarbeiter (garciones, famuli, servi, knechte) beschäftigt, ferner ein Hüttenknecht, mehrere Mörtelmacher (morteliers, morterrürer), Windeknechte und Erdarbeiter (fodiatores). Als Fachkräfte standen zur Verfügung: Maurer (caementarii, lathomi, muratores, 1271 murer), Steinmetzen bzw. Bildhauer (lapicidae, sculptores, caesores lapidum, seit dem Ende des 13. Jahrhunderts auch steinmetz), Zimmerleute (carpentarii, zimerman), Schmiede (fabri) und zeitweise Dachdecker (tegulatores, decker), Seiler (funifex, seiler) und Glaser (vitrarius) sowie im Steinbruch Steinbrecher (fractores lapidum, incisores in lapidicina, quarriatores).221 Die nach dem Stadtbrand von London 1212 festgelegte Höchstlohnliste führt als Bauhandwerker auf: Zimmermann (carpentarius), Maurer (caementarius), Dachdecker (tegulator), Steinmetz/Bildhauer (sculptor lapidum), Tüncher (dealbator), Lehmbewerfer (auf Flechtwerk in Fachwerkwänden, appositor luti) und Putzer (torchiator).222 Die 1268 vom französischen König Ludwig IX. veranlasste Aufstellung der in Paris vorhandenen Handwerker enthält den Bau betreffend: Maurer (macons), Steinmetzen (taillieurs de pierre), Putzer (plastieres), Mörtelmacher (morteliers), Zimmerleute (charpentiers) und Schreiner (huissiers).223

Die Zahl der auf einer Kirchenbaustelle beschäftigten Handwerker und Hilfsarbeiter war sehr unterschiedlich. Sie konnte von Jahr zu Jahr verschieden sein, aber auch innerhalb eines Arbeitsjahres von Frühjahr bis Herbst deutlich schwanken. An der Westminster Abbey, die König Heinrich III. neu bauen ließ, waren von Mitte Juni bis zum 20. Juli 1253 bis zu 435 Personen beschäftigt, darunter 130 Steinmetzen und 220 Hilfsarbeiter, ferner Marmorarbeiter, Polierer, Maurer, Zimmerleute, Schmiede, Bleigießer und Glaser. Während der Ernte im September ging die Zahl auf etwa 200 zurück, wobei vorrangig die Hilfsarbeiter die Baustelle verließen. Nach der Ernte waren bis zum 9. November dann wieder bis zu 160 Hilfsarbeiter beschäftigt, anschließend blieben nur noch die ebenfalls in ihrer Zahl reduzierten Fachkräfte zurück, aber immerhin noch 100 Personen.224

An der Klosterkirche von Vale Royal waren bis zu 231 (im Juni 1278) und durchschnittlich 135 Handwerker und Hilfsarbeiter tätig, und zwar arbeiteten 1278 bis zu 64, 1279 bis zu 39 und 1280 bis zu 51 Steinmetzen gleichzeitig bei einer durchschnittlichen Beschäftigungsdauer von 5–10 Monaten. Von den 30 im Jahre 1280 beschäftigten Steinmetzen waren elf 29–36 Monate und vier 12 Monate auf der Baustelle, alle übrigen nur für kürzere Zeit, wie auch im ersten Jahr kürzere Verweilzeiten üblich waren.225 Aus den für Vale Royal überlieferten Namen ist zu erkennen, dass die insgesamt 486 beschäftigten Fuhrleute, Gräber und Steinhauer aus dieser Gegend stammten, von den 71 Zimmerleuten und Schmieden etwa die Hälfte, von den 131 Steinmetzen nur etwa 5–10 Prozent. Immer wieder wird in den Quellen die Beschaffung der Steinmetzen als besondere Leistung vermerkt.226 Aus den Steinmetzzeichen und Lohnlisten ist zu erkennen, dass die Steinmetzen während ihrer Wanderung häufig nur sehr kurze Zeit auf einer Baustelle gearbeitet haben227, was dazu geführt hat, dass Erfahrungen sehr schnell von Baustelle zu Baustelle übermittelt wurden, aber auch die Hütten dazu veranlasst hat, im Spätmittelalter die Mindestzeit für die Tätigkeit auf einer Baustelle auf eine Woche festzulegen. Wo die nicht ansässigen Handwerker schliefen (vermutlich in Herbergen oder bei den Bewohnern im Ort, vereinzelt auch in Holzhäusern neben der Baustelle) und wie sie verpflegt wurden (in Straßburg aus der Küche der Bauhütte), ist nicht überliefert, nur, dass der Bauherr bzw. die Hüttenverwaltung die Lebensmittel und gelegentlich auch Wein zur Verfügung stellten.

Das Arbeitsjahr für alle am Bau Beschäftigten war allgemein – seit dem 13. Jahrhundert nachweisbar – in zwei Teile, zwei Drittel (Sommer) zu einem Drittel (Winterarbeitszeit), geteilt.228 Die tägliche Arbeitszeit dauerte im Sommer von 5 bis 19 Uhr, darin morgens und mittags eine und abends eine halbe Stunde Essenszeit, die am Arbeitsplatz oder in der Hütte abgehalten wurde; samstags und vor religiösen Festen war schon um 15 Uhr Feierabend. Somit betrug die tägliche Arbeitszeit 11,5 Stunden, die wöchentliche Arbeitszeit etwa 65 Stunden, im Winter reduzierte sich die tägliche Arbeitszeit auf 10 Stunden oder auch weniger. Neben 52 Sonntagen im Jahr waren auch noch je nach Gegend 30–41 Feiertage arbeitsfrei. So kann man im 14./15. Jahrhundert von etwa 5,0–5,1 Arbeitstagen je Woche ausgehen, daraus folgt eine wöchentliche Arbeitszeit von etwa 50–55 Stunden.

Für die Handwerker auf der Baustelle und im Steinbruch war es üblich, dass sie am Freitag oder Samstag entlohnt wurden. Die Hilfsarbeiter bekamen in der Regel ihren Lohn täglich ausbezahlt. Bei den Steinbrechern, Steinmetzen und Zimmerleuten war aber auch Stücklohn (Akkord, Fürgriff, Gedinge) üblich.229 Der Franziskanermönch Berthold von Regensburg predigte zwischen 1250 und 1272 in Süddeutschland „Von den zehn Chören der Engel und der Christenheit“. Im 2. Chor prangert er die Steinmetzen und Zimmerleute an, dass sie ihre Auftraggeber betrügen: arbeiten sie im Tagewerk, „so sollen sie nicht desto träger sein, auf dass die Werktage viele werden; arbeiten sie nach Übereinkunft [Akkord, Stücklohn], so sollen sie nicht umso schneller eilen, damit sie bald weiterkommen und dass das Werk über ein Jahr oder zwei niederfalle“.230

Bei der Höhe des Tagelohnes wurde die geringere Arbeitszeit im Winter berücksichtigt; er betrug etwas mehr als Zweidrittel des Sommerlohnes. Da der Geldwert in den einzelnen Gegenden sehr verschieden und eine Angleichung der Baulöhne an die Kaufkraftentwicklung gegeben war, können Vergleichzahlen nur jeweils für die betreffende Gegend und eine bestimmte Zeit gelten.231 Maurer, Zimmerleute und Dachdecker erhielten in der Regel den gleichen oder nur wenig geringeren Tagelohn wie die Steinmetzen; Putzer und Anstreicher bekamen davon Dreiviertel und Hilfsarbeiter die Hälfte oder etwas weniger. Dem Werkmeister stand zusätzlich zu seinem Jahreslohn der gleiche Lohn wie für die Steinmetzen zu, wenn er auf der Baustelle praktisch mitgearbeitet hat. Lehrlinge verdienten je nach Lehrjahr den halben bis ganzen Lohn eines Gesellen.

Der Lohn wurde zumeist in Mark zu 12 oder 48 solidi oder in libera (Pfund, talentum) zu 20 solidi (sous, Schilling, sterling) zu 12 denarii (Denare, deniers, Pfennige, Halbpfennige = Heller, Hälbling) bezahlt. Hierzu kamen aber noch Sachleistungen in Form von Brot und Wein. Bei erfolgreichem Abschluss von Bauabschnitten, z. B. Einwölbung, oder bei besonders anstrengender Arbeit bekam jeder am Werk Tätige ein Trinkgeld. So ist es kaum möglich, sich eine angemessene Vorstellung von Einkommen und Lebensstandard der am Bau beschäftigten Handwerker und Hilfsarbeiter zu machen. Das gilt entsprechend bei der Abrechnung in Stücklohn. Da auf einzelnen Baustellen Steinmetzen in Tagelohn und Stücklohn gleichzeitig nebeneinander beschäftigt waren, dürfte der Stücklohn etwa dem Tagelohn entsprochen haben. Warum diese Unterschiede im Arbeitsvertrag getroffen wurden, ist unbekannt; vielleicht wurden kurzfristig beschäftigte, durchreisende Gesellen zunächst mit Stücklohn eingestellt. Dieselbe Frage stellt sich bei Bauten, deren Quader Steinmetzzeichen tragen; auch hier sind jeweils nicht alle Steine mit Zeichen versehen.

Die Ausbildung der Handwerker ist nur sehr wenig geregelt.232 Allgemein beginnt ein Lehrling (diener, lereknecht) mit 14 Jahren seine Ausbildung bei einem Meister, bei dem er auch wohnt und beköstigt wird. Jeder Meister darf im späteren Mittelalter nur zwei, höchstens drei Lehrlinge an ein- und demselben Bau beschäftigen. Die Lehrzeit im späteren Mittelalter beträgt im Steinwerk drei bis fünf Jahre. Zunächst lernt er mauern und ist nach drei Jahren Maurer; dann lernt er Quader und Profile schlagen und ist Steinmetz. Bei ausreichender Begabung wird er zum „Laubhauer“ ausgebildet, d. h. für Kapitelle und Verzierungen. Schließlich kann er auch zum Bildhauer aufsteigen. Nach einer mindestens einjährigen Wanderzeit, während der er auf möglichst bedeutenden Großbaustellen Erfahrungen sammelt und seine Kenntnisse und Fähigkeiten erweitert, kann er als Meister oder Parlier (Vertreter des Werkmeisters) auf einer Baustelle arbeiten oder sich zwei Jahre als „Kunstdiener“ oder „Meisterknecht“ bei einem Werkmeister verdingen, um die „Kunst“ des Reißens (Zeichnen) und Entwerfens zu lernen. Nach erneuter Wanderung kann er sich dann als Werkmeister bewerben. Die Ausbildungszeit eines Werkmeisters konnte so zehn Jahre und mehr erreichen.

Für den Zimmermann war wie für die anderen Handwerker eine Lehrzeit von drei bis fünf Jahren gefordert und ebenfalls – wie teilweise heute noch – eine ein- bis zweijährige Wanderzeit üblich. Er war nicht nur für die komplizierten Dachwerke und für die Baugerüste mit Leitern und Laufschrägen zuständig, sondern auch für die Einschalung von Bogen und Gewölben und für die Baukräne; er erstellte auch die Bauhütten und fertigte den Reißboden und die hölzernen Schablonen für die Steinmetzen an. Von großer Bedeutung für jede Baustelle war der Schmied. Er machte nicht nur die verschiedenen Eisenwerkszeuge, Wolf und Zange zum Heben großer Lasten, Nägel und Hufeisen, sondern auch komplizierte Eisenverankerungen, wie z. B. an der Aachener Pfalzkapelle, an der Sainte-Chapelle in Paris oder am Chor des Kölner Domes, wo Ringanker die Schubkräfte aufnehmen.233

Die Steinmetzen, Zimmerleute und Schmiede arbeiteten auf der Baustelle oder auf einer unmittelbar anschließenden Fläche unter freiem Himmel; allenfalls schützten leichte Überdächer vor dem Regen. Erst allmählich kamen im 13. Jahrhundert verschließbare Holzbuden auf, die den Steinmetzen auch die Winterarbeit ermöglichten; im Winter wurde die Hütte geheizt. Sie diente auch zum Aufenthalt während der Essenspausen.

1.9.1 Bauablauf und Bauzeiten

Über den Bauablauf und die Bauzeiten unterrichten einige Schriftquellen, aber auch zahlreiche sorgfältige Bauuntersuchungen, wie beispielsweise Hans Erich Kubach und Walter Haas für den 134 m langen Speyerer Dom die einzelnen Planungs- und Bauabschnitte herausgearbeitet haben.234

Einige Textbeispiele sollen den Bauablauf verdeutlichen. „Dann ermitteln sie den Aufwand (sumptus) und die Kosten (expensae), nach dem Rechtenwinkelmaß (norma) legen sie die Fundamente und erweisen sich durch das Vorantreiben des Werkes (opus) als zweiter Salomo“, so heißt es im 11. Jahrhundert in der Vita der um 790 verstorbenen Hl. Hiltrud.235 Den detaillierten Abrechnungen für die ersten drei Baujahre der Vale Royal Abbey (1278–1280) in England sind die Vorbereitungen für einen großen gotischen Kirchenbau sehr genau zu entnehmen.236 Im ersten Jahr errichteten die Zimmerleute im Steinbruch und auf der Baustelle je eine Schmiede, in der ein Schmied und ein Gehilfe an einer mit Holzkohle befeuerten Esse die Werkzeuge reparierten, ein zweiter Gehilfe bediente den Blasebalg, ein dritter sammelte und verteilte Hammer, Bohrer und Steinbearbeitungswerkzeuge auf der Baustelle. Auch wurden Schlafräume für die Steinmetzen und andere Handwerker und ein Steinhaus für den Baumeister errichtet und geweißt. Im Juni 1279 wurden 1.400 Bretter für die Werkstätte der Steinmetzen bezahlt, im April 1280 weitere 2.000. Im Ganzen wurden in den drei Jahren für die Erstellung der Wohn- und Arbeitshäuser 12.300 Holzbretter gesägt und 67.000 Eisennägel gekauft. Gleichzeitig mit den Zimmerleuten begannen sechs Trupps zu je acht Arbeitern Steine im nahen Steinbruch zu brechen. Am 6. März 1278 wurden zehn Männer für die Vorbereitung des Geländes bezahlt, „wo der (Schnur-)Wurf für das Kloster geschehen sollte“; die Fläche wurde gereinigt, aufgefüllt und eingeebnet, um darauf die Grundrissvermessung vornehmen zu können. Im April schaufelten 200 Mann „Wälle und Gräben für einen Teich, von dem Wasser zum Bauplatz geleitet werden kann, um Mörtel zu machen“. Im Juli waren 44 Hilfsarbeiter damit beschäftigt, „die Fundamente für die Kirche auszuheben und zu legen, Mörtel zu mischen und ihn herbeizufahren, Sand auszuheben und Schubkarren zu fahren“. Im Januar 1280 wurden die gleichen Arbeiten von 18 Arbeitern ausgeführt.

Für die Klosterkirche Saint-Rémi in Reims berichtet der Mönch als Augenzeuge um 1056 über deren Weihe durch Papst Leo IX. und die voraufgehenden Baumaßnahmen237: Nachdem Abt Thierry (1031–1045) den von seinem Amtsvorgänger Airard nach 1005 begonnen Werksteinbau bis auf die Fundamente und das Säulenmaterial abgebrochen hat, wurden allseitig die Mauern der Seitenschiffe (?) errichtet und die Innenwände in die Höhe geführt. Sodann ließ er den karolingischen Bau abbrechen, über den Brüderchor ein Notdach gegen Wind und Regen legen und über dem Grab des heiligen Remigius eine kleine Krypta bauen. Bei Thierrys Tod 1045 standen bereits fast „der gesamte rechte Querarm“, während „der linke bis dahin nichts als die Grundmauern besaß“. Sein Nachfolger Abt Herimann (1045–1070) ließ runde Wendeltreppen als Aufgang zu den Emporen errichten. Die Krypta des hl. Remigius ließ er wieder einreißen, weil sie zu klein ist, und durch eine „herausragendere“ ersetzen. Schließlich wurde das Dach aufgesetzt, dessen Balken er aus Wäldern des Klosters Orbais heranfahren ließ. „So glänzte das Gebäude in allen seinen Teilen“ und wurde am 2. Oktober 1049 von Papst Leo IX. geweiht.

Über den Baufortgang der Kathedrale von Canterbury in den Jahren 1175–1180 haben wir von dem Mönch Gervasius einen bis in Einzelheiten gehenden Bericht als Augenzeuge238: „Also wurde viel Mühe für die Beschaffung von Steinen aus Übersee [vom Kontinent] aufgewendet. Um die Schiffe zu beladen und zu entladen und um den Mörtel und die Steine zu ziehen, verfertigte er mit großem Erfindungsreichtum Winden. Auch übergab er den Steinmetzen, die zusammengekommen waren, Formen zum Formen der Steine und bereitete anderes in gleicher Weise sorgfältig vor. Der Chor also, der zum Abriss bestimmt war, wurde eingerissen, und darüber hinaus wurde in diesem ganzen Jahr [Sept. 1174–Sept. 1175] nichts getan. Im folgenden Jahr, das heißt nach dem Fest des hl. [5. Sept. 1175], richtete er vor dem Winter vier Pfeiler auf, d. h. auf beiden Seiten zwei, nachdem der Winter vergangen war, fügte er zwei hinzu, so dass hier und dort drei in einer Reihe waren. Über diesen und den Seitenschiffaußenmauern baute er passend Bogen und Gewölbe, d. h. drei Schlusssteine auf beiden Seiten. Damit wurde das zweite Jahr [Sept. 1175–Sept. 1176] vollendet. Im dritten Jahr [Sept. 1176–Sept. 1177] fügte er auf jeder Seite zwei Pfeiler hinzu, von denen er die beiden äußeren rundherum durch marmorne Säulen schmückte, und weil dort Chor und Querhausarme zusammenkommen mußten, bestimmte er sie zu Haupt[pfeilern]. Nachdem auf diese die Schlusssteine gesetzt waren und das Gewölbe gebaut war, spannte er von dem größeren Turm bis zu den vorgenannten Pfeilern, d. h. bis zum Querhaus, das untere Triforium mit vielen Marmorsäulen ein. Über dieses Triforium fügte er noch ein anderes aus einem anderen Material und die oberen Fenster hinzu. Danach drei Schlußsteine des großen Gewölbes, und zwar vom Turm bis zum Querhaus. In dessen Sommer [1178] errichtete er, vom Querhaus ausgehend, zehn Pfeiler, auf beiden Seiten fünf. Deren beide ersten schmückte er mit marmornen Säulen und errichtete sie als Haupt[pfeiler] den anderen beiden gegenüber. Über diesen zehn setzte er Bogen und Gewölbe. Nachdem aber die beiden Triforien und die oberen Fenster fertig waren, als er die Gerüste zur Wölbung des großen Gewölbes zum Anfang des fünften Jahres [Sept. 1178] vorbereitet hatte, da zerbrachen plötzlich die Balken unter seinen Füßen, und er [Werkmeister Wilhelm von Sens] stürzte mit Steinen und Hölzern, die mit ihm zugleich abstürzten, zur Erde, von der Höhe der Kapitelle des oberen Gewölbes, nämlich 50 Fuß. Er, durch die Stöße der Hölzer und Steine schwer verletzt, wurde für sich selbst und für das Werk unbrauchbar. So wurde das Gewölbe zwischen den vier Hauptpfeilern geschaffen. Im Schlussstein dieses Gewölbes scheinen gewissermaßen der Chor und die Querhausarme zusammenzukommen. Auch wurden vor dem Winter [noch] zwei Gewölbe auf beiden Seiten gemacht. Aber die immer heftiger auftretenden Regenfälle erlaubten nicht, mehr zu machen. Damit ist das vierte Jahr zu Ende gegangen, und das fünfte nahm seinen Anfang [Sept. 1178]. Ihm folgte aber in der Bauleitung ein anderer mit Namen Wilhelm, ein Engländer von Geburt, klein an Gestalt, aber in unterschiedlichen Tätigkeiten sehr geschickt und tüchtig. Dieser vollendete in Sommer des fünften Jahres [1179] beide Querhäuser, nämlich das südliche und das nördliche, und wölbte das Gewölbe, das über dem Hauptaltar ist, was nicht im vorgenannten Jahr geschehen war, obwohl alles vorbereitet war, weil die Regenfälle es verhindert [hatten]. Außerdem machte er ein Fundament im östlichen Teil zur Erweiterung der Kirche, weil die Kapelle des hl. Thomas dort von neuem aufgebaut werden sollte. […]“

Bis zum Anfang des 13. Jahrhunderts ruhte die Arbeit auf den Baustellen im Winter während der Regenzeit und Kälte. Der Winter ist die Zeit, „wo wir alle Hu Hu sagen“ (tempus nunc est, hu hu quo dicimus omnes), wie der Dichtermönch Froumund von Tegernsee (um 965–um 1008) sagte. Erst mit dem Aufkommen von Bauplänen und der damit gegebenen Vorfabrikation sowie mit der Errichtung von winterfesten Bauhütten, in denen die Steinmetzen arbeiten konnten, wurde seit dem 13. Jahrhundert auch im Winter teilweise gearbeitet.

Das enorme Tempo erforderte umfangreiche Vorbereitungen und ein hohes Maß an Organisation. Für zahlreiche große Kirchenbauten sind teilweise kaum vorstellbare kurze Bauzeiten aus den überlieferten Daten für den Baubeginn und die Weihe zu erschließen239; beispielsweise: Klosterkirche Saint-Denis unter Abt Suger, Westbau 1130/35–1140, Chor 1141–1144 (3 Jahre und 11 Monate), Sainte-Chapelle in Paris, die Pfalzkapelle des französischen Königs, Rohbau 1241–1245 (Weihe 1248), Chor von Canterbury 1175–1183 (dann Unterbrechung wegen Geldmangels), Prämonstratenserklosterkirche Saint-Yved in Braine um 1195/1200–1208, Dekagon von St. Gereon in Köln 1219–1227, Zisterzienserklosterkirche Le Lys bei Melun 1244–1248, Kirche des Klosters Maubuisson bei Pontoise Pfingsten 1236 bis Ostern 1242, Zisterzienserklosterkirche Royaumont 1228–1236, untere Geschosse des Westbaus, das Langhaus und den Westteil des Querschiffs der Kathedrale von Amiens 1220 bis um 1230, Chor, Querschiff und Osthälfte des Langhauses (ohne Gewölbe) der Kathedrale von Reims 1211–1233, Chor und Querschiff von Saint-Bénigne in Dijon 8.2.1282–27.4.1287. Für kleinere Kirchen waren oft nur zwei bis drei Jahre notwendig: Viktorinerstift Notre-Dame de la Roche 1232–1235, Johanniterkomturei Saint-Jean-en-l’Ile in Corbeil 1223–1225, Prämonstratenserabtei Joyenval 1221–1223. Andererseits sind vielfach an den Kirchenbauten deutlich längere Bauunterbrechungen zu beobachten. Zumeist ist der Grund dafür das fehlende Geld, äußere Umstände wie beispielsweise Krieg, Notzeiten infolge Ernteausfall oder Krankheiten sowie Versagen der Bauführung und auch Unfähigkeit des bauausführenden Werkmeisters. Somit ist entweder ein gleichmäßig funktionierender Baubetrieb vorhanden, der nur durch die Winterpause unterbrochen ist, oder Unterbrechungen oder Verlangsamung mit einer bald größeren bald kleineren Anzahl von Werktätigen.

1.10 Architekturtheorie

Eine normative Architekturtheorie im Sinne der Antike (Vitruv) oder Renaissance (Alberti, Filarete, Serlio) gibt es im Mittelalter nicht. Allgemein bezeichnet der Kirchenbau (ecclesia materialis) die geistige Kirche (ecclesia spiritualis), wie Durandus von Durandus die Tradition zusammenfassend 1286/96 in seinem Rationale formuliert: Ecclesia materialis spiritualem designat.240 Der Kirchenbau und seine Teile sind Bedeutungsträger, formuliert Günter Bandmann 1994. So schreibt beispielsweise Abt Suger von Saint-Denis um 1145 in seinem Libellus de consecratione, die gängige Symbolik aufnehmend: „In der Mitte [des Chores seiner Kirche] hoben zwölf Säulen, die die Anzahl der zwölf Apostel vorstellen (exponentes), in zweiter Linie aber ebenso viele Säulen der Seitenschiffe [der Chorumgang], die die Zahl der Propheten bezeichnen (significant), den Bau unvermittelt hoch.“

In der Regel sind solche zeichenhaften, d. h. symbolischen oder allegorischen Interpretationen nachträglich. Dafür gibt es einen informativen zeitgenössischen Beleg. Der Fuldaer Mönch Brun Candidus (gestorben 845), Schüler Einhards und als Nachfolger von Hrabanus Maurus Leiter der Fuldaer Klosterschule, interpretiert 840/42 in der Vita des Abtes Eigil (818–822) den von diesem erbauten und 822 dem Hl. Michael geweihten, zweigeschossigen Rundbau auf dem Mönchsfriedhof nördlich der Abteikirche von als Abbild (figura) der ecclesia spiritualis. Brun kennzeichnet die Interpretation der einzelnen Bauteile ausdrücklich als seine eigene, nachträgliche (ipse puto praesignari posse). Er fühlt sich dazu gezwungen, weil er nicht weiß, welches die Bedeutung war: nescio quid magni fingentes. Er hätte Abt Hrabanus Maurus (822–841/42), der die Niederschrift der Vita veranlasst hat, fragen können, ob und welche symbolische oder allegorische Bedeutung die Wahl der Bauformen bestimmt hat, zumal Hraban, als die Kapelle gebaut wurde, im Kloster war (seit vor 804) und die Altartituli verfasst hat; er hat die Kapelle als die Grabeskirche Christi gedeutet: der Hauptaltar war Christus geweiht, „dessen Grabbau hier unseren Gräbern zugute kommt“.241

Durch ordinare, formare oder disponere wird die Wirklichkeit geschaffen; dabei wird dem ordo gefolgt, dem absoluten Wirken Gottes, dessen Tun im wesentlichen Formung durch angemessene Bestimmung war. In Analogie zum Schöpfertum Gottes formen die mittelalterlichen Bauherren und Werkmeister jede res als forma nach dem gleichen Gesetz (ordo), nach dem Gott gemäß dem Liber sapientiae 11,21 die Welt geschaffen hat: „Alles hast du nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet“ (Omnia mensura et numero et pondere disposuisti).242 Diese Begriffsreihe erscheint auch in griechischen Schriften, u. a. bei Philo von Alexandria (um 13 v. Chr.–45/50 n. Chr.) und bei Platon (428/27–349/48 v. Chr.), wo Sokrates im Philebos 55e sagt: „Wenn jemand aus allen Künsten die Rechenkunst und die Messkunst und die Waagekunst ausscheidet, so ist es, gerade heraus zu sagen, nur etwas Geringfügiges, was von einer jeden dann noch übrig bleibt.“ Liber Sapientiae 11,21 wird von den Kirchenvätern und im Mittelalter in Kommentaren und Betrachtungen zum Schöpfungsgeschehen und zur bestehenden Ordnung der Welt häufig zitiert. Von besonderer Bedeutung für das Mittelalter sind die vielfachen Ausführungen von Augustinus (354–430), z. B.: „Doch wenn du in allen Dingen Maße, Zahlen und Ordnung (ordinem) siehst, frage nach dem Verfertiger“, nach Gott. Zudem bezeichnen nach Augustinus mensura die Herkunft, numerus die Form und pondus die Neigung des Seins zur Ruhe und Dauerhaftigkeit. Himmel, Land und Meer „haben Formen (formas), weil sie Zahlen haben. Nimm ihnen dies, und sie sind nicht mehr.“ In De musica sagt Augustinus ferner: „Die schönen Dinge gefallen durch die Zahl“ (Pulchra numero placent). Die ratio numerorum similitudinemque sind die sinnstiftenden Momente und Grundlage für die Deutung geschaffener Dinge, eben auch für den Verweischarakter von Kirchenbauten.

Eine Formulierung in De arithmetica (I, 2) des Boethius (gestorben 524), die Hrabanus Maurus (gestorben 856) in sein weit verbreitetes Buch De universo wörtlich übernommen hat, gibt die Grundauffassung wieder: „Die Arithmetik geht allen anderen voran, nicht nur, weil Gott, der Schöpfer dieser Welt, gerade sie als erste als Vorbild seiner Überlegungen hatte und ihr gemäß alles erschuf, was immer durch die gestaltende Kraft der Vernunft (fabricante ratione) mittels der Zahlen zur Harmonie (concordiam) der ihm zugewiesenen Ordnung (adsignati ordinis) gelangt ist.“ Ursula Großmann und Heinz Meyer haben umfangreiche Untersuchungen zur Bedeutung der Zahlen vorgenommen und Heinz Meyer und Rudolf Suntrup ein entsprechendes Lexikon vorgelegt.243 Dort finden sich die vielfachen und vielschichtigen Deutungsmöglichkeiten der Zahlen dargelegt, woraus die Komplexität der allegorischen Deutungsvorschläge erkennbar wird.

Ein wichtiger Bereich der numerie ist die geometrische Auffassung der Zahlen, wie sie – in antiker Tradition – Hugo St. Viktor (gestorben 1141) secundum formam dispositionis in konkreter räumlicher Anschauung regelhaft erfasst: Forma est in exteriori dispositione; […] in dimensione ad quam pertinet geometria. Die Geometrie bestimmt die Form. Entsprechend wird Gott in einem Gedicht des Zisterziensermönches Alanus ab Insulis (1125/30–1203) als Deus geometra bezeichnet; er steht damit in der Tradition von Platons Ausspruch, dass „Gott stets mit Geometrie befaßt ist“ (ton theos aei geometrein); das wird von Cassiodor (1. Hälfte 6. Jahrhundert) wieder aufgenommen, der Jupiter geometrizare attestiert.244 Diese Auffassung reicht bis zu Nikolaus von Cues (1400–1464), wonach die Unvergänglichkeit der Welt darauf beruht, dass Gottes Arithmetik die Dinge und die Elemente zusammenband, seine Geometrie sie so gestaltete (figuravit), dass ihnen Festigkeit, Beständigkeit und angemessene Beweglichkeit gehörte, während die Musik der Welt ihr unaussprechlich abgewogenes Gleichgewicht verlieh.245 Folgerichtig wird in der Buchmalerei der Schöpfergott dargestellt, wie er seit der Mitte des 11. Jahrhunderts mit dem Proportionszirkel, seit dem Anfang des 13. Jahrhunderts mit dem Bodenzirkel und seit dem 14. Jahrhundert mit dem Stechzirkel die Welt (als kreisförmige Scheibe) bemisst.246

In der Baupraxis wird die forma durch angemessene Proportionen geometrisch bestimmt. So wird 1392–1401 die Höhe des Mittelschiffs des Mailänder Domes ad triangulum oder ad quadratum diskutiert (siehe S. 5052); mit der Klärung wurde 1391 der Mathematiker Gariele Stornalocco, expertus in arte geometrice, und nicht ein Werkmeister beauftragt. Es ging um Proportionen; die Tragfähigkeit und Konstruktion ergaben sich aus der praktischen Erfahrung. Im Jahr 1400 bemängelte der französische Werkmeister Johannes Mignot ohne konkrete, objektivierbare Angabe: opera [der Mailänder Dom] non habere fortitudinem, und „Die Kunst ohne Wissen [Erfahrung] ist nichts“ (ars sine scientia nihil est).247

Die Geometrie bietet das Grundwissen für die Land- und Bauvermessung und ermöglicht auf diesem Weg die Umsetzung der forma. Das Dreieck ist nach Boethius omnium formarum principium elementumque, aber auch Quadrat und Kubus sind bevorzugte geometrische Figuren. Zahlen und Geometrie sind die Grundlage für die harmonische, d. h. schöne Gestaltung der Dinge. Hugo von St. Viktor formuliert in seinem Lehrbuch Didascalicon: „Die Gestaltung (figuratio) gewisser Dinge bewundern wir, weil sie auf eine besondere Art schicklich sind und harmonisch zusammenpassen (decorae sunt et convenienter coaptatae), sodass eben die Planung eines Werkes irgendwie darauf hinzudeuten scheint, dass der Schöpfer besondere Sorgfalt (specialem diligentiam) hat walten lassen.“ Die Zahlenproportionen folgen den musikalischen Intervallen (1:2, 2:3, 3:4).

Der Kirchenbau als Ganzes ist Sinnbild der ecclesia spiritualis in ihrer absoluten Wahrheit, die nach mittelalterlicher Auffassung Voraussetzung für die vollkommene Schönheit ist: das wahrhaft Schöne als Anregung zur Meditation auf dem Weg zur Offenbarung. Für den Neuplatoniker Plotin (um 204–270) kommt dem Schönen eine besondere Rolle zur mystischen Schau zu, wie er in seiner bis in die Renaissance einflussreichen Schrift „Über das Schöne“ darlegt. Die Schönheit ist nach Plotin mit dem Höchsten, mit dem Göttlichen, identisch, dessen Ordnung sowohl in der übersinnlichen als auch in der sichtbaren Welt wirkt. Das Göttliche ist in höchstem Maß schön und gut, es ist die Wahrheit; daraus leiten sich alle Werte der irdischen Welt ab. Der Kosmos ist schön, weil er in der Harmonie seiner Teile dem göttlichen ordo folgt; Schönheit besitzt Ordnung und Zahl. Nach Augustinus248 „ist die Form jeder Schönheit die Ganzheit“ (omnis pulchritudinis forma unitas est). Alle Gegenstände haben an der Schönheit teil, sofern sie sich in die allgemeine kosmische Ordnung der Dinge einfügen, d. h. ein Kunstwerk – und damit auch ein Bauwerk – gründet sich nicht auf einen subjektiv-kreativen Akt. Bei Thomas von Aquin wird zudem das „künstlerisch“ Schöne vom Begriff der Nützlichkeit bestimmt.

„Der Kunstfertige bringt seine Werke durch die Ordnung seiner Weisheit und seines Verstandes ins Sein“ (Artifex per ordinem suae sapientiae et intellectus artificiata in esse producit), formuliert Thomas von Aquin 1264 in seinen Summa contra gentiles (II, 24). „Deshalb werden ja auch in der handwerklichen Kunst (in mechanicis) diejenigen, die die Ordnung von Bauwerken schaffen (ordinatores aedificiorum), im Hinblick auf das betreffende Werk als Weise bezeichnet.“ Der Bauherr hat die theoretischen Kenntnisse, die er dem artifex bzw. magister operis (Werkmeister) vermitteln muss, der – da er illiteratus, der lateinischen Sprache nicht fähig ist und weder lesen noch schreiben kann – seine schöpferischen, gestaltenden Fähigkeiten aus der Übung (usus), d. h. aus langjähriger Erfahrung, gewinnt. Ars bedeutet nach Thomas von Aquin „die Anwendung des rechten Wissen auf etwas Herzustellendes“ (applicatio rationis rectae ad aliquid factibile), bzw. „die ars bewirkt die Fähigkeit für ein gutes Werk“ (ars facit solum facultatem boni operis).249

Die Bauherren auf ihren häufig sehr weiten Reisen und die Werkmeister auf ihren Wanderungen zu verschiedenen Baustellen haben viele Bauwerke, insbesondere Kirchen, gesehen. Kirchen, die durch herausragende Bauherren (Karl der Große) oder als Kultstätten (Grabeskirche und Golgatha in Jerusalem, Geburtskirche in Bethlehem) oder durch Heiligengräber Bedeutung hatten, können formale Vorbilder (exempla) abgeben und kopiert werden (instar, ad exemplum, similitudo).250 So wurde beispielsweise die Aachener Pfalzkapelle mit dem Grab Karls des Großen im 9. und 11./12. Jahrhundert mehrfach nachgebaut (Compiègne, Hereford, St. Georg in Goslar bis hin zu Ottmarsheim). 1033 schickte der Paderborner Bischof Meinwerk (1009–1036) den Abt Wino von Helmarshausen nach Jerusalem, um dort die Maße der Grabeskirche Christi für die Busdorfkirche in Paderborn zu holen: „Um das himmlische Jerusalem zu erlangen, ordnete der Bischof [Meinwerk] an, eine Kirche ähnlich (ad similitudinem) der heiligen Jerusalemer Kirche zu erbauen. Deshalb ließ er Abt Wino von Helmarshausen zu sich kommen, schickte ihn nach Jerusalem und trug ihm auf, ihm die Maße (mensuras) der dortigen Kirche und des Heiligen Grabes zu überbringen.“

Hubertus Günther und Ulrich Coenen haben versucht, aus den sogenannten Werkmeisterbüchern von Matthäus Roriczer (1486), Hanns Schmuttermayer (um 1488) und Lorenz Lechler (1516) eine mittelalterliche (oder gotische) Architekturtheorie abzuleiten, diese sind vielmehr Erfahrungsberichte aus der Baupraxis, schriftlich niedergelegte, handwerklich intendierte Gebrauchsanleitungen unter Verwendung der Geometrie mit Hilfe des Zirkels, „einem Steinmetzen und Werkhman Nuz zuwissen“ (Lorenz Lechler), wie es von den Alten, den Parlern, überliefert ist.251 In dem gleichen Zusammenhang ist auch das livre des Villard de Honnecourt zu sehen.

Im Mittelalter gab es keine formbestimmende, normative Architekturtheorie, sondern nur theologisch bestimmte geometrische Ordnungsprinzipien uneinheitlicher Art.

1.11 Zusammenfassung

Nach Isidor von Sevilla (gest. 636) und Hrabanus Maurus, der ihm wörtlich folgt, ist in Übernahme der Auffassung von Vitruv die Architektur dreigeteilt: Aedificiorum partes sunt tres: dispositio (Planung), constructio (Bauausführung), venustas (feine Gestaltung). „Die dispositio ist die Bestimmung der Fläche oder des Bodens [des Bauplatzes] und der Fundamente“; sie steht vorrangig unter dem Einfluss des Bauherrn. „Die constructio ist die Errichtung der Seiten und der Höhe. […]. Die constructio beruht aber auf Fundament, Steinen, Kalk, Sand und Holz. Fundament wird genannt, was der Grund des Bauwerkes sein soll.“ Die constructio ist die Aufgabe des Baumeisters mit den Maurern, Steinmetzen und Zimmerleuten. „Venustas ist all jenes, was den Gebäuden zum Schmuck und zur Würde beigegeben wird, wie die mit Gold verzierten Kassetten der Decken, die Verkleidungen mit kostbarem Marmor und die farbigen Malereien“; sie musste mit der Zweckbestimmung des Gebäudes in Einklang stehen.252

Über die Existenzformen des Wissens und dessen Tradierung ist für den Architekten, d. h. für den die praktische Bauausführung bestimmenden und leitenden, auf der Baustelle als gelernter Maurer/Steinmetz und Zimmermann mitarbeitenden Werkmeister im frühen und hohen Mittelalter, also in der Zeit 750 – 1250, kaum etwas überliefert. Der Werkmeister konnte weder lesen noch schreiben, er war zudem ein illitteratus: er konnte kein Latein; ihm war also der Zugang zu „Lehrbüchern“ wie Vitruv De architectura libri decem, Boethius Geometria, Isidor von Sevilla Etymologiae oder Hrabanus Maurus De universo nicht möglich. Die schriftliche Überlieferung stammt aus der Feder von Theologen, denen in der Regel bautechnische Kenntnisse fehlten, wie das für Abt Suger von Saint-Denis nachgewiesen werden konnte.253 Auch der bis ins Einzelne gehende Baubericht des Mönches Gervasius von Canterbury liefert für 1174–1180 nur eine genaue Mitteilung der jährlich geleisteten Bauabschnitte; bautechnische Angaben fehlen.254 Bei einem Mann wie dem Hildesheimer Bischof Bernward (993–1022), über den sein Lehrer Thangmar um 1000 berichtet, dass er in den artes mechanicae ausgebildet war und sich später um die Werkstätten am Dom intensiv kümmerte, sind wohl nicht mehr als allgemeine theoretische Kenntnisse anzunehmen; die Beobachtungen und das Umsetzten vorbildlicher Werke überließ er den ihn begleitenden, begabten pueri, den Handwerkern.255

Innovative Veränderungen im Planungs- und Bauprozess kamen erst in der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts auf: Bauplan, Schablone, Kran und schließlich Vorfabrikation und Winterarbeit in einer Bauhütte. Das Skizzenbuch des Villard de Honnecourt 1220/30 verdeutlicht den Wandel. Aber auch jetzt noch waren der Entwurf, das Wissen um Materialien und Bautechniken sowie die Organisation logistischer Abläufe bestimmt durch mündliche Unterweisung und durch Erfahrung während des Bauprozesses. Die Architekten/Werkmeister hatten eine berufspraktische Ausbildung als Maurer/Steinmetz und teilweise auch als Zimmermann. Sie erweiterten ihre Kenntnisse durch mündlich überlieferte Erfahrungen und durch Beobachtungen bei ihrer Mitarbeit auf großen Baustellen während der Wanderung von Baustelle zu Baustelle. So waren 1211–1233 die Kathedrale von Reims, anschließend Amiens und 1227/45 und 1255/72 Beauvais wichtige innovative Baustellen; sie wurden vermutlich intensiv aufgesucht. Auch Beobachtungen und Berichte von Einstürzen haben die Kenntnisse erweitert. Wie für den Handwerker so war auch für den diesem Stand weiterhin angehörenden Werkmeister die Erfahrung in der Praxis Grundlage für seine Arbeit; aus diesen Erfahrungen entstanden je nach Begabung Weiterentwicklungen. Durch die Wanderung der Handwerker und deren Anwerbung über sehr weite Entfernungen, sogar aus Byzanz mit der antiken Bautradition, wurden die Kenntnisse übermittelt.

Die traditionelle Situation auf einer früh- und hochmittelalterlichen Baustelle zeigt die um 1250 entstandene Illustration zum „Leben der heiligen Albanus und Amphibalus“ von Matthaeus Paris (um 1200–1259, Mönch von Saint Albans). Hier betreten von links drei Personen die Baustelle: zuvorderst König Offa mit Szepter und Krone, dahinter durch Lederkappe, Richtscheit und Bodenzirkel gekennzeichnet der Baumeister/Werkmeister/Architekt und hinter ihm der vornehm gekleidete Bauverwalter. Auf der Baustelle versetzen zwei Mauerer mit Lotwaage, Lot und Mörtelbottich mit Kelle die Steine. Am Mauerfuß bearbeitet ein Steinmetz mit der Doppelfläche ein Kapitell und ein Zimmermann mit dem Beschlagbeil einen aufgebockten Balken. Auf einer Leiter steht ein Zimmermann, der einen Gerüstbaum anbohrt. Von links tragen zwei Handlanger auf einer hölzernen Bahre Steine über eine Laufschräge mit Querhölzern, und unten fährt ein Hilfsarbeiter Steine in einer Schubkarre. Und schließlich ist ein Windeknecht damit beschäftigt, mittels einer Handhaspel einen Korb mit Material über eine Seilrolle aufzuziehen. Zudem zeigt diese Illustration die allgemeine Hierarchie: Bauherr, Bauverwalter, Werkmeister, Handwerker, Hilfsarbeiter, alle zusammen sind an der Erstellung eines Bauwerks notwendig beteiligt. Bei den Bauherren liegen die Initiative und die Festlegung des Bauprogramms, des Bautyps und Angabe eventueller Vorbilder.

Die Seilwinde mit einer Handhaspel wird – wie die Abbildungen zeigen – erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts durch den Galgenkran mit Laufrad abgelöst, eine bedeutende Arbeitserleichterung bei der immer größeren Höhe der Kirchenmauern. Gleichzeitig kommen die Bauzeichnungen und der Reißboden auf, die es gestatten, über den Winter vorauszuproduzieren; auch werden die Profile mittels Schablonen vereinheitlicht, die am Ende des 12. Jahrhunderts oder spätestens zu Anfang des 13. Jahrhunderts verwendet werden, dazu dienen auch die Ritzzeichnungen von Fenstern und anderen Baudetails. Dieser Wandel war vermutlich ökonomisch bedingt (siehe Einleitung). Gleichzeitig veränderte sich auch die Stellung und das Ansehen des Werkmeisters. Infolge des Aufkommens von Bauplänen konnte der Werkmeister seit der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts die Leitung mehrerer Baustellen übernehmen. Sein sozialer Aufstieg begann ebenfalls im 13. Jahrhundert, er erwarb Grund- und Hausbesitz. Mehr und mehr werden die Namen der Werkmeister als handelnde Personen überliefert, jedoch nahm der Bildungsstand nur langsam und vereinzelt zu; auch im späten Mittelalter war noch nicht davon auszugehen, dass jeder Werkmeister lesen und schreiben konnte. Eine Architekturtheorie entwickelte sich in Italien zu Beginn der Renaissance. Nördlich der Alpen werden erst am Ende des 15. Jahrhunderts traditionell mündlich überlieferte Bauregeln aufgeschrieben; es fehlt aber jede theoretische Grundlegung.

Abkürzungsverzeichnis

Bi Binding, Günther (Hg.) (2001). Der mittelalterliche Baubetrieb in zeitgenössischen Abbildungen. Darmstadt und Stuttgart: Theiss.
Bi/Li Binding, Günther; Linscheid-Burdich, Susanne (2002). Planen und Bauen im hohen Mittelalter nach den Schriftquellen bis 1250. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.
CCCM Corpus Christianorum, Continuatio medievalis. Turnhout 1966ff.
MGH Monumenta Germaniae Historica inde ab a. C. usque ad a. C. 1500, Hannover u. a. (1826ff.).
SS Scriptores. 1826–1934.
Poet. Lat. Poetae latini mediiaevi. 1881 ff.
PL Patrologiae cursus completus, Series Latina, Hg. J.-P. Migne; 221 Bde., Paris (1841–1864).
Script Rer. Brit. Rerum Britannicarum medii aevi scriptores, oder: Chronicles and Memorials of Great Britain and Ireland during the Middle Ages, London 1858–1896.

Bibliographie

Ausführliche Literaturaufzählung einschließlich der gotischen Zeit finden sich in Binding 1993a, 447–450. Im Folgenden werden Darstellungen über die Gotik aufgenommen, sofern sie auch die Zeit vor 1250 berücksichtigen.

Ackermann, J. S. (1998). The Reinvention of Architectural Drawing 1250–1550. London: Sir John Soane’s Museum.

Andrews, F. B. (1973). The Medieval Builder and his Methods. New York: Barnes & Noble.

Annas, G., G. Binding (1989). „Arcus superiores“. Abt Suger von Saint-Denis und das gotische Kreuzrippengewölbe. Wallraf-Richartz-Jahrbuch 50: 7-24

Antonow, A. (1983). Planung und Bau von Burgen im süddeutschen Raum. Frankfurt a. M.: Selbstverlag.

Aubert, M. (1908). Les architects de Notre-Dame de Paris de XIIIe siècle. Bulletin Monumental 72: 427-441

- (1960). La construction au moyen âge. Bulletin Monumental

Balzer, M. (2009). Westfälische Bischöfe des 10. und 11. Jahrhunderts als Bauherren und Architekten. In: Bischöfliches Bauen im 11. Jahrhundert Ed. by J. Jarnut, A. Köb, A. K.. Mittelalterstudien 18. Paderborn, München: Fink 109-136

Bandmann, G. (1994). Mittelalterliche Architektur als Bedeutungsträger. Berlin: Gebr. Mann.

Barnes, C. F. (1988). The Codicology of the Portfolio of Villard de Honnecourt. Scriptorium 42: 20-48

- (2009). The Portfolio of Villard de Honnecourt, A New Critical Edition and Color Facsimile. Burlington, u. a.: Ashgate.

Barnes, C. F., R. L. Shelby (1982). Villard de Honnecourt. The Artist and His Drawings: A Critical Bibliography. Boston, Mass.: G. K. Hall.

Baude, A., P. Bernardi, P. B., Hartmann-Virnich P., HV. P., A. Hartmann-Virnich, A. HV., Husson A. (1996). L’échafaudage dans le chantier médiéval. Lyon: Ministère de la Culture, Service Régional de l’Archéologie.

Bautier, R. H., G. Labory (1969). André de Fleury, Vie de Gauzlin abbé de Fleury. Paris: Centre national de la recherche scientifique.

Bechmann, R. (1991). Villard de Honnecourt. La pensée technique au XIIIe siècle et sa communication. Paris: Picard.

Berschin, W. (1991). Biographie und Epochenstil im lateinischen Mittelalter III. Karolingische Biographie: 750–920 n. Chr.. Stuttgart: Hiersemann.

Binding, G. (1963a). Burg Münzenberg, eine staufische Burganlage. Bonn: H. Bouvier.

- (1963b) Die Pfalz Kaiser Friedrich Barbarossas in Gelnhausen und die frühstaufische Baukunst im Rhein-Main-Gebiet. mathesis. Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

- (1972). Romanischer Baubetrieb in zeitgenössischen Darstellungen. Köln: Abt. Architektur d. Kunsthist. Inst. d. Univ. Köln.

- (1973). Das Aufkommen von Backstein und Ziegel in Deutschland. Stuttgart: Schöberl.

- (1974). Beiträge über Bauführung und Baufinanzierung im Mittelalter. Köln: Abt. Architektur d. Kunsthist. Inst. d. Univ. Köln.

- (1980). Architekt, Architekturdarstellung, Architekturmodell, Architekturzeichnung, Baubetrieb, Bauhütte. In: Lexikon des Mittelalters Ed. by R.-H. Bautier, C. Bretscher-Gisiger. München: Artemis Verlag Sp. 901f.

- (1985a). Baumeister und Handwerker im Baubetrieb. In: Ornamenta ecclesiae. Kunst und Künstler der Romanik. Ausstellungskatalog Köln Ed. by A. Legner. Köln: Stadt Köln 171-186

- (1985b). „Geometricis et aritmeticis instrumentis“: zur mittelalterlichen Bauvermessung. Jahrbuch der rheinischen Denkmalpflege 30/31: 9-24

- (1986a). Der Baubetrieb zu Beginn der Gotik. Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters Beiheft 4: 63-91

- (1986b). Die Anfänge der Verwendung von Schablonen im 13. Jahrhundert. In: Festschrift Hans Koepf: Ordinarius für Baukunst an der Technischen Universität in Wien, 1961–1986 Ed. by H. Koepf, A. Machatschek, A. M., Weber A.. Wien: Technische Universität Wien, Institut für Baukunst, Denkmalpflege und Kunstgeschichte 13-19

- (1986c). Zum Kölner Stadtmauerbau. Bemerkungen zur Bauorganisation im 12./13. Jahrhundert. Wallraf-Richartz-Jahrbuch

- (1987). Bischof Bernward als Architekt der Michaeliskirche in Hildesheim. Köln: Abt. Architektur d. Kunsthist. Inst. d. Univ. Köln.

- (1990). Bischof Benno II. von Osnabrück als „architectus et dispositor caementarii operis, architectoriae artis valde peritus“. Zeitschrift des deutschen Vereins für Kunstwissenschaft 44: 53-66

- (1992). Die neue Kathedrale. Rationalität und Illusion. In: Aufbruch – Wandel – Erneuerung. Beiträge zur „Renaissance“ des 12. Jahrhunderts. (9. Bleubeurer Symposion) Ed. by G- Wieland. Stuttgart-Bad Cannstatt: frommann-holzboog 211-235

- (1993a). Baubetrieb im Mittelalter. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

- (1993b). Beiträge zum Architekturverständnis bei Abt Suger von Saint-Denis. In: Mittelalterliches Kunsterleben nach Quellen des 11. bis 13. Jahrhunderts Ed. by G. Binding, A. Speer. Stuttgart-Bad Cannstatt: frommann-holzboog 184-207

- (1994). Ein Beitrag zum Verständnis von usus und ars im 11./12. Jahrhundert.. Miscellanea Mediaevalia 22: 967-980

- (1995a). Beiträge zum Gotik-Verständnis. Köln: Kleikamp Druck.

- (1995b). Multis arte fuit utilis. Einhard als Organisator am Aachener Hof und als Bauherr in Steinbach und Seligenstadt. Mittellateinisches Jahrbuch 30(2): 29-46

- (1996). Holzbau-Geräte, Holzbau. In: Europäische Technik im Mittelalter: 800 bis 1200. Tradition und Innovation: ein Handbuch Ed. by U. Lindgren. Berlin: Gebr. Mann 77-85

- (1998). Der früh- und hochmittelalterliche Bauherr als sapiens architectus. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

- (1999a). architectus, magister operis, wercmeistere: Baumeister oder Bauverwalter im Mittelalter. Mittellateinisches Jahrbuch 34: 7-28

- (1999b). Wer war Meister Gerhard, der vor 750 Jahren den Kölner Dom geplant und gebaut hat?. In: Thesaurus Coloniensis. Festschrift für Anton von Euw Ed. by U. Krings, W. Schmitz, W. S.. Veröffentlichungen des Kölnischen Geschichtsvereins 41. Köln: SH-Verlag 189-203

- (1999c). In mente conceptum – Seit wann gibt es Baupläne?. In: Architektur, Struktur, Symbol. Streifzüge durch die Architekturgeschichte von der Antike bis zur Gegenwart. Festschrift für Cord Meckseper zum 65. Geburtstag Ed. by C. Meckseper, M. Kozok. Petersberg: Imhof 77-84

- (2000). Was ist Gotik? Eine Analyse der gotischen Kirchen in Frankreich, England und Deutschland 1140–1350. Darmstadt: Primus.

- (2001). Der mittelalterliche Baubetrieb in zeitgenössischen Abbildungen. Bearbeitet von Akiko Bernhöft, Eva Birkenstock, Laura Frahm und Maria Spitz, mit Zeichnungen von Martina Schönenborn und Angelika Steinmetz-Oppeland. Darmstadt: Theiss.

- (2003a). Die Bedeutung von Licht und Farbe für den mittelalterlichen Kirchenbau. Stuttgart: Steiner.

- (2003b). Vom dreifachen Wert der Säule im frühen und hohen Mittelalter: Vortrag gehalten in der Plenarsitzung am 9. November 2001. Stuttgart: Sächsische Akademie der Wissenschaften, Hirzel.

- (2004). Meister der Baukunst: Geschichte des Architekten- und Ingenieurberufes. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

- (2005). Wanderung von Werkmeistern und Handwerkern im frühen und hohen Mittelalter. Stuttgart: Steiner.

- (2006a). Als die Kathedralen in den Himmel wuchsen: Bauen im Mittelalter. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

- (2006b). Bischof Bernward von Hildesheim und die Dachziegel. Mittellateinisches Jahrbuch 41(2): 193-208

- (2007). Antike Säulen als Spolien in früh- und hochmittelalterlichen Kirchen und Pfalzen: Materialspolie oder Bedeutungsträger?. Stuttgart: Steiner.

- (2010a). Forma, figura und schema - ein Hinweis auf geometrische bestimmte Baupläne im frühen und hohen Mittelalter?. Mittellateinisches Jahrbuch 45(3): 459-468

- (2010b). Zahl und Geometrie als Gestaltungsgrundlagen: ordo und pulchritudo. In situ 2(2): 149-164

- (2011). Baubetrieb in salischer Zeit. In: Die Salier. Macht und Wandel. Austellungskatalog des Historischen Museums der Pfalz Ed. by L. Heeg. Speyer, München: Ed. Minerva 182-191

Binding, G., S. Lindscheid-Burdich (2002). Planen und Bauen im frühen und hohen Mittelalter nach den Schriftquellen bis 1250. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Binding, G., U. Lövenich, U. L. (1988/89). Bibliographie zum mittelalterlichen Baubetrieb Westeuropas. Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 16/17: 185-198

Binding, G., N. Nußbaum (1978). Der mittelalterliche Baubetrieb nördlich der Alpen in zeitgenössischen Abbildungen. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Binding, G., A. Speer (1993). Mittelalterliches Kunsterleben nach Quellen des 11. bis 13. Jahrhunderts. Stuttgart: frommann-holzboog.

Binding, G., A. Steinmetz, A. S. (1987). Tondachziegel für die Denkmalpflege. Bonn: Arbeitsgemeinschaft Ziegeldach e.V..

Boehm, L. (1988). Das mittelalterliche Erziehungs- und Bildungswesen. Bd. 2. Die Mittelalterliche Welt. In: Propyläen Geschichte der Literatur Berlin: Propyläen 143-181

Booz, P. (1956). Der Baumeister der Gotik. München, Berlin: Deutscher Kunstverlag.

Bork, R. (2005). De Re Metallica: The Uses of Metal in the Middle Ages. Adlershot: Ashgate.

Bosman, L. (2005). Vorbild und Zitat in der mittelalterlichen Architektur am Beispiel des Alten Domes in Köln. In: Kunst und Region. Architektur und Kunst im Mittelalter. Beiträge einer Forschungsgruppe Ed. by U. M. Bräuer. Utrecht: Clavis Stichting Publikaties Middeleeuwse

Brachmann, C. (2011). Der Architekt im 13. Jahrhundert. In: Der Naumburger Meister. Bildhauer und Architekt im Europa der Kathedralen. Ausstellungskatalog Ed. by H. Krohm, H. Kunde. Petersberg: Imhof 74-79

Branner, R. (1958). Drawings from a Thirteenth-Century Architect’s Shop: The Reims Palimpsest. Journal of the Society of Architectural Historians 17(4): 9-21

- (1963). Villard de Honnecourt, Reims and the Origin of the Gothic Architectural Drawing. Gazette des Beaux-Arts 6(Ser. 61): 129-146

Braunfels, W. (1988). Mittelalterliche Baukunst in der Toskana. Berlin: Gebr. Mann.

Briggs, M. S. (1927). The Architect in History. Oxford: Clarendon Press.

Bucher, F. (1972). Medieval Architectural Design Methods, 800–1560. Gesta 11(2): 37-51

- (1979). Architector. The Lodge Books and Sketchbooks of Medieval Architects. New York: Abaris Books.

Bulst, N., J. France, J. F. (1989). Rodulfi Glabri Historiarum libri quinque. Eiusdem auctoris Vita Domni Willelmi Abbatis. Oxford: Clarendon Press.

Buttimer, C. H. (1939). Hugonis de Sancto Victore Didascalicon de studio legendi. Washington, DC: The Catholic University Press.

Cantor, M. (1907). Vorlesungen über Geschichte der Mathematik..

Carpino, S. (1997). Misure, quote e scale nei disegni del Rinascimento. Il disegno di architettura 7: 65-75

Claussen, C. (1985). Künstlerinschriften. In: Ornamenta ecclesiae. Kunst und Künstler der Romanik. Katalog der Ausstellung Köln Ed. by A. Legner. Köln: Stadt Köln 263-276

Coenen, U. (1989) Die spätgotischen Werkmeisterbücher in Deutschland als Beitrag zur mittelalterlichen Architekturtheorie. phdthesis. RWTH Aachen

Coldstream, N. (1991). Medieval Craftsmen: Masons and Sculptors. London: British Museum Press.

Du Colombier, P. (1973). Les chantiers de cathédrales: Ouvriers – Architects – Sculpteurs. Paris: Picard.

Colvin, H. M. (1963). The History of King’s Works. The Middle Ages. London: Her Majesty’s Stationary Office.

- (1971). Building Accounts of King Henry III. Oxford: Clarendon Press.

Conrad, D. (1990). Kirchenbau im Mittelalter. Leipzig: Ed. Leipzig.

Courtenay, L. T. (1997). The Engineering of Medieval Cathedrals. Aldershot: Ashgate.

Curtze, M. (1897). Practica Geometriae 3. Monatshefte für Mathematik und Physik 8: 195

Depping, G. B. (1837). Règlemens sur les arts et métiers de Paris rédigés au XIIIe siècle et connus sous le nom du Livre des métiers d’Etienne Boileau. Paris: Impr. Caprelet.

Dinzelbacher, P. (2006). Burgen und Belagerungen. Ein Forschungsüberblick. Mediaevistik 19: 51-104

Donath, G. (2012). Zeugnisse mittelalterlicher Bauplanung und Bauprozesse an den Chorbauten von Naumburg und Meissen sowie der Klosterkirche Schulpforta. In situ 4: 5-20

Donath, G., M. Donath (2011). Zeugnisse mittelalterlicher Bauplanung und Bauprozesse an den Chorbauten von Naumburg, Schulpforta und Meissen. In: Der Naumburger Meister. Bildhauer und Architekt im Europa der Kathedralen. Ausstellungskatalog Ed. by H. Krohm. Petersberg: Imhof 1275-1291

Donner, H. (1979). Pilgerfahrt ins Heilige Land. Die ältesten Berichte christlicher Palästinapilger (4.–7. Jh.). Stuttgart: Verlag Katholisches Bibelwerk.

Erb, T. (1978). Die Handwerkerbezeichnungen im Mittellatein – Ergebnisse einer Wortschatzanalyse. Berlin: Akademie der Wissenschaften der DDR, Zentralinstitut für Sprachwissenschaft.

Ewald, W., H. Rathgens (1916). Die kirchlichen Denkmäler der Stadt Köln. Düsseldorf.

Fensterbusch, C. (1964). Vitruv zehn Bücher Uber Architektur = Vitruvii De architectura libri decem. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Fergusson, P. (1979). Notes on Two Cisterian Engraved Designs. Speculum 54: 1-17

Fink, A. (2001). Romanische Klosterkirchen des heiligen Bischofs Otto von Bamberg (1102–1139). Petersberg: Imhof.

Fitchen, J. (1986). Building Construction before Mechanization. Cambridge, Mass.: MIT Press.

Flachenecker, H. (1996). Handwerkliche Lehre und Artes mechanicae. In: Europäische Technik im Mittelalter 800 bis 1200: Tradition und Innovation. Ein Handbuch Ed. by U. Lindgren. Berlin: Gebr. Mann 493-502

Frankl, P. (1960). The Gothic: Literary Sources and Interpretations through Eight Centuries. Princeton: Princeton University Press.

Freigang, C. (1990). Ausstellungen und neue Literatur zum gotischen Baubetrieb. Kunstchronik 43: 606-627

- (1992). Imitare ecclesias nobiles. Die Kathedralen von Narbonne, Toulouse und Rodez und die nordfranzösische Rayonnantgotik im Languedoc. Worms: Werner.

Friederich, K. (1932). Die Steinbearbeitung in ihrer Entwicklung vom 11. bis zum 18. Jahrhundert. Augsburg: Filser.

Génicot, L.-F. (1970). L’œuvre architecturale d’Abélard II des Saint-Trond et ses antécédents. Revue belge d‘archéologie et d’histoire de l’art 39: 3-91

Gerstenberg, Kurt (1966). Die deutschen Baumeisterbildnisse des Mittelalters. Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft.

Giese, W. (1982). Zur Bautätigkeit von Bischöfen und Äbten des 10. bis 12. Jahrhunderts. Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters 38: 388-438

Gimpel, J. (1980). Les bâtisseurs de cathédrales. Editions du Seuil. Holm: Seuil.

Graf, H. (1956). Mönche und Geistliche als Architekten und Bauverwalter beim Bau des Klosters Limburg und des Speyerer Doms im 11. Jahrhundert. Mitteilungen des historischen Vereins der Pfalz 54: 155-225

Grassnick, M. (1963) Die gotischen Wölbungen des Domes zu Xanten und ihre Wiederherstellung nach 1945. phdthesis. Technische Hochschule Darmstadt

Grlić, D. (1988). Die Kunst in der philosophisch-theologischen Tradition des Mittelalters. In: Propyläen Geschichte der Literatur. Die mittelalterliche Welt Berlin: Propyläen 102-123

Grodecki, L. (1964). Pierre, Eudes et Raoul de Montreuil á l’Abbatiale de Saint-Denis. Bulletin Monumental 122: 269-274

Großmann, U. (1954). Studien zur Zahlensymbolik des Frühmittelalters. Zeitschrift für katholische Theologie 76: 19-54

Grote, A. (1959). Studien zur Geschichte der Opera di Santa Reparata zu Florenz im vierzehnten Jahrhundert. München: Prestel.

Günther, H. (1988). Deutsche Architekturtheorie zwischen Gotik und Renaissance. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Gutscher, D. (1981). Mechanische Mörtelmischer. Zeitschrift für Schweizer Archäologie und Kunstgeschichte 38: 178-188

Haas, W. (1966a) Bauhandwerk und Bauvorgänge am Dom zu Speyer. phdthesis. Braunschweig, Fak. für Bauwesen

- (1966b). Die Erbauer des Domes zu Speyer. Zeitschrift für Kunstgeschichte 29(3): 223-240

Hägermann, D., H. Schneider (1991). Landbau und Handwerk 750 v. Chr. bis 1000 n. Chr.. Berlin: Propyläen.

Hahnloser, H. R. (1972). „Villard de Honnecourt. Kritische Gesamtausgabe des Bauhüttenbuches“. Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt.

Hänseroth, T., K. Mauersberger (1996). Spekulative Betrachtungen über die Entwicklung des technischen Wissens im Mittelalter, mit besonderer Berücksichtigung vom Heben und Versetzen von Lasten. In: Europäische Technik im Mittelalter 800 bis 1200: Tradition und Innovation. Ein Handbuch Ed. by U. Lindgren. Berlin: Gebr. Mann 87-93

Haring, N. (1955). The Creation and Creator of the World according to Thierry of Chartres and Clarenbaldus of Arras. Archives d’histoire doctrinale et littéraire du moyen âge 30: 195f.

- (1971). Commentaries on Boethius. Toronto: Pontifical Institute of Mediaeval Studies.

Hartmann-Virnich, A. (2004). Was ist Romantik? Geschichte, Formen und Technik des romanischen Kirchenbaus. Darmstadt: Primus.

Harvey, J. (1941). The Medieval Office of Works. The Journal of the British Archeological Association III 6: 20-87

- (1972). The Medieval Architect. London; New York: Wayland Publishers; St Martin’s.

- (1975). Mediaeval Craftsmen. London, u. a.: Batsford.

- (1984). English Mediaeval Architects. A Biographical Dictionary down to 1550. Cloucester: Pinshorn.

Hasak, M. (1911). Der Dom des heiligen Petrus zu Köln am Rhein. Berlin: Hermann Walther.

- (1913). Der Kirchenbau des Mittelalters. Leipzig: Gebhardt.

Hauser, A. (1953). Sozialgeschichte der Kunst und Literatur. München: C.H. Beck.

- (1957). Sozialgeschichte der mittelalterlichen Kunst. Hamburg: Rowohlt.

- (1973). Kunst und Gesellschaft. München: C.H. Beck.

Hecht, K. (1969/1970). Maß und Zahl in der gotischen Baukunst. Abhandlungen der Braunschweigischen Wissenschaftlichen Gesellschaft

- (1983). Der St. Galler Klosterplan. Sigmaringen: J. Thorbecke.

Heckner, U. (2012). Der Tempel Salomos in Aachen – Datierung und geometrischer Entwurf der karolingischen Pfalzkapelle. In: Die karolingische Pfalzkapelle in Aachen. Material, Bautechnik, Restaurierung Ed. by Heckner Landschaftsverband Rheinland, Beckmann U., B. U.. Arbeitshefte der rheinischen Denkmalpflege 78. Worms: Werner 25-62

von Heideloff, C. A. (1844). Die Bauhütte des Mittelalters in Deutschland: eine kurzgefaßte geschichtliche Darstellung mit Urkunden und anderen Beilagen, so wie einer Abhandlung über die Spitzbogen in der Architektur der Alten als Vorläufer der Grundzüge der altdeutschen Baukunst und auch an des Verfassers Werk „Die Ornamentik des Mittelalters“ sich anreihend. Nürnberg: Stein.

Heimann, S. (2009). Die Ausbildung hochmittelalterlicher Bischöfe zu Architekten – Überlegungen am Beispiel Bischof Bennos II. von Osnabrück. In: Bischöfliches Bauen im 11. Jahrhundert Ed. by J. Jarnut, A. Köb, A. K.. Mittelalterstudien 18. Paderborn, München: Fink 137-151

Herzog, Erich (1964). Die ottonische Stadt. Die Anfänge der mittelalterlichen Stadtbaukunst in Deutschland. Berlin: Gebr. Mann.

Heyman, J. (1996). Arches, Vaults and Buttresses. Masonry Structures and their Engineering. Aldershot u. a.: Variorum.

Hill, P. R., J. C. E. David (1995). Practical Stone Masonry. London: Donhead Pub..

Hillenbrand, K. (1964). Ziegel aus Museen und Sammlungen. Der Museumsfreund

Hindenberg, I. (1921). Benno II., Bischof von Osnabrück, als Architekt. Straßburg: Heitz.

Hirschfeld, P. (1968). Mäzene. Die Rolle des Auftraggebers in der Kunst. München, Berlin: Deutscher Kunstverlag.

Hiscock, N. (2000). The Wise Master Builder. Platonic Geometry in Plans of Medieval Abbeys and Cathedrals. Adlershot: Ashgate.

Hochkirchen, D. (1990). Mittelalterliche Steinbearbeitung und die unfertigen Kapitelle des Speyerer Domes. Köln: Abt. Architektur d. Kunsthist. Inst. d. Univ. Köln.

Hoffmann, E., R. Klibansky (1932). Nicolai de Cusa, Omnia Opera. Leipzig.

Hotz, W. (1998). Der Dom zu Worms. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Huillier, A. L. (1888). Vie de Saint Hugues, abbé de Cluny 1024–1109. Solesme.

Humpert, K., M. Schenk (2001). Entdeckung der mittelalterlichen Stadtplanung. Das Ende vom Mythos der „gewachsenen Stadt“. Stuttgart: Theiss.

Icher, F. (1998). Les oeuvriers des cathédrales. Paris: La Martinière.

Jackson, M. J. (1993). Engineering a Cathedral. London: Thomas Telford.

Jacobsen, W. (1992). Der Klosterplan von St. Gallen und die karolingische Architektur. Berlin: Deutscher Verlag für Kunstwissenschaft.

Jeauneau, É. (1965). Guillaume de Conches: Glosae super Platonem. Paris: Vrin.

Jüttner, W. (1935). Ein Beitrag zur Geschichte der Bauhütte und des Bauwesens im Mittelalter. Köln: Welzel.

Kallfelz, H. (1973). Lebensbeschreibungen einiger Bischöfe des 10.–12. Jahrhunderts. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Kautzsch, R. (1938). Der Dom zu Worms. Berlin: Deutscher Verein für Kunstwissenschaft.

Kiem, M. (1883). Acta Murensia. In: Die ältesten Urkunden von Allerheiligen in Schaffhausen, Rheinau und Muri Ed. by P. Martin F. L. Baumann und Meyer. Quellen zur Schweizer Geschichte 3, 2. Basel: F. Schneider

Kimpel, D. (1977). Le développement de la taille en série dans l’architecture médieval et son rôle dans l’histoire économique. Bulletin Monumental 135: 195-222

- (1986). La sociogenèse de l’architecte moderne. In: Artistes, artisans et production artistique au Moyen Âge Ed. by X. B. Altet. Artistes, artisans et production artistique au Moyen Age: colloque international, Centre national de la recherche scientifique, Université de Rennes II, Haute-Bretagne, 2-6 mai 1983, 1. Paris: Picard 135-162

Kimpel, D., R. Suckale (1985). Die gotische Architektur in Frankreich 1130–1270. München: Hirmer.

Knobloch, E. (1996). Technische Zeichnungen. In: Europäische Technik im Mittelalter 800 bis 1200: Tradition und Innovation. Ein Handbuch Ed. by U. Lindgren. Berlin: Gebr. Mann 45-72

Knoop, D., G. P. Jones (1929). The First Three Years of the Building of Vale Royal Abbey 1278–1280. Ars Quoatuor Coronatorum 44: 18

- (1967). The Mediaeval Mason. An Economic History of English Stone Building in the Later Middle Ages and Early Modern Times. Manchester: Manchester University.

Koepf, H. (1969). Die gotischen Planrisse der Wiener Sammlungen. Wien.

Kosthof, S. (1977). The Architect. Chapters in the History of the Profession. New York: Oxford University Press.

Kraus, H. (1979). Gold was the Mortar. The Economics of Cathedral Building. London, Henley, Boston: Routledge.

Kubach, H. E., W. Haas (1972). Der Dom zu Speyer. Tafelband. München: Deutscher Kunstverlag.

Labande, E.-R. (1981). Guibert de Nogent, Autobiographie. Paris: Belles Lettres.

Lata, S. (2009). Künstler im Mittelalter. Wie sie lebten, wie sie arbeiteten. Leipzig: Seemann.

Legner, A. (1985). Ornamenta ecclesiae. Kunst und Künstler der Romanik. Katalog der Ausstellung Köln. Köln: Stadt Köln.

- (2009). Der artifex. Künstler im Mittelalter und ihre Selbstdarstellung. Eine illustrierte Anthologie. Köln: Greven.

Lehmann-Brockhaus, O. (1955–60). Lateinische Schriftquellen zur Kunst in England, Wales und Schottland vom Jahre 901 bis zum Jahre 1307. München: Prestel.

Leistikow, D. (1982). Aufzugsvorrichtungen für Werksteine im mittelalterlichen Baubetrieb: Wolf und Zange. Architectura 12: 20-33

- (1984). Der mittelalterliche Baubetrieb im 12.-14. Jahrhundert. In: Alltag in der Stauferzeit Ed. by K.-H- Reuss. Schriften zur staufischen Geschichte und Kunst 8. Göppingen: Gesellschaft für Staufische Geschichte 41-75

Lieb, S. (1995). Die Adelog-Kapitelle in St. Michael in Hildesheim und ihre Stellung innerhalb der sächischen Bauornamentik des 12. Jahrhunderts. Köln: Universität zu Köln.

Lindgren, U. (1996). Europäische Technik im Mittelalter 800 bis 1200: Tradition und Innovation. Ein Handbuch. Berlin: Gebr. Mann.

Lindsay, W. M. (1911). Isidori Hispaniensis Episcopi Etymologiarum sive originum libri XX. Oxford: Clarendon Press.

Ludwig, K.-H., V. Schmidtchen (1992). Metalle und Macht 1000 bis 1600. Berlin: Propyläen.

Maier, K. (1975). Mittelalterliche Steinbearbeitung und Mauertechnik als Datierungsmittel. Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 3: 209-216

Mansi, G. D. (1780). Sacrorum conciliorum nova et amplissima collectio. Venedig.

Mark, R. (1982). Experiments in Gothic Structure. Cambridge, Mass.: MIT Press.

- (1990). Light, Wind, and Structure: The Mystery of the Master Builders. Cambridge, Mass.: MIT Press.

- (1995). Vom Fundament zum Deckengewölbe. Großbauten und ihre Konstruktion von der Antike bis zur Renaissance. Basel, u. a.: Birkhäuser.

Matthäus, A. (1738). Veteris aevi analecta seu Vetera aliquot monumenta hactenus nondum visa …. Den Haag: Apud Gerardum Block.

Mecklenburgisches Urkundenbuch, 786–1900 (1863). Mecklenburgisches Urkundenbuch, 786–1900..

Meehan, D. (1958). Adomnan’s ‚De Locis Sanctis‘. Scriptores Latini Hiberniae 3.

Merlo, J. J. (1895). Kölnische Künstler in alter und neuer Zeit. Düsseldorf: L. Schwann.

Mertens, H. (1995). Studien zur Bauplastik der Dome in Speyer und Mainz. Stilistische Entwicklung, Motivverbreitung und Formenrezeption im Umfeld der Baumassnahmen des frühen 12. Jahrhunderts..

Meyer, H. (1975). Die Zahlenallegorese im Mittelalter. Methode und Gebrauch. München: W. Fink.

Meyer, H., R. Suntrup (1987). Lexikon der mittelalterlichen Zahlenbedeutungen. München: W. Fink.

Michael, E. (1908). Über geistliche Baumeister im Mittelalter. Zeitschrift für katholische Theologie 33: 213-229

Mojon, L. (1986). St. Johannsen: Beiträge zum Bauwesen des Mittelalters aus den Bauforschungen in der ehemaligen Benediktinerabtei 1961–1984. Bern: Staatlicher Lehrmittelverlag.

Möller, C. (1988). Benno von Osnabrück als Architekt. Bramsche: Rasch.

Morgan, B. G. (1961). Canonic Design in English Mediaeval Architecture: The Origins and Nature of Systematic Architectural Design in England, 1215–1515. Liverpool: Liverpool University.

Mortet, V. (1911). Recueil de textes relatifs à l’histoire de l’architecture et à la condition des architectes en France, au moyen âge, XIe–XIIe siècles. Paris: A. Pickard et fils.

Mortet, V., P. Deschamps (1929). Recueil de textes relatifs à l’histoire de l’architecture et à la condition des architectes en France, au Moyen Âge, XIIe–XIIIe siècles. Paris.

Müller, W. (1981). Gothic Design Techniques. The Fifteenth-Century Design Booklets of Mathes Roriczer and Hanns Schmuttermayer by Leon R. Shelby; Das Steinmetzbuch WG 1572 im Städelschen Kunstinstitut zu Frankfurt am Main. Review. Zeitschrift für Kunstgeschichte 44(1): 95-99

- (1990). Grundlagen gotischer Bautechnik. München: Deutscher Kunstverlag.

Murray, S. (1978). The Gothic Facade Drawings in the „Reims Palimpsest“. Gesta 17(2): 51-55

Mynors, Roger Aubrey B. (1937). Cassiodori senatoris Institutiones. Oxford: Clarendon Press.

von Naredi-Rainer, P. (1999). Architektur und Harmonie. Zahl, Maß und Proportion in der abendländischen Baukunst. Köln: DuMont.

Ochsenbein, P., K. Schmucki (2002). Studien zum St. Galler Klosterplan II.. St. Gallen: Historischer Verein des Kantons St. Gallen.

Oechslin, W. (2000). Das Architektur-Modell. Instrument zwischen Theorie und Praxis. Berlin: Ullstein.

Oertel, R. (1937/40). Wandmalerei und Zeichnung in Italien. Die Anfänge der Entwurfszeichnung und ihre monumentalen Vorstufen. Mitteilungen des Kunsthistorischen Instituts in Florenz 5: 217-314

Ohly, F. (1982). Deus Geometra. Skizzen zur Geschichte einer Vorstellung von Gott. In: Tradition als historische Kraft Ed. by N. Kamp, J. Wollasch. Berlin, New York: De Gruyter 1-42

Orlandi, G. (1966). Leon Battista Alberti: L’architettura, De re aedificatoria. Mailand: Milano Edizioni Il Polifilo.

Pause, P. (1973) Gotische Architekturzeichnungen in Deutschland. phdthesis. Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Pevsner, N. (1930/31). Zur Geschichte des Architekturberufs. Kritische Berichte zur kunstgeschichtlichen Literatur 3: 97-122

- (1942). The Term „Architect“ in the Middle Ages. Speculum 17: 549-565

Pfarr, K. (1983). Geschichte der Bauwirtschaft. Essen: Deutscher Consulting Verlag.

Pitz, E. (1986). Das Aufkommen der Berufe des Architekten und Bauingenieurs. Baubetrieb und Baugewerbe insbesondere nach unteritalienischen Quellen des 13. Jahrhunderts. Quellen und Forschungen aus italienischen Archiven und Bibliotheken 66: 40-74

Prache, A. (1978). Saint-Rémi de Reims: l’œuvre de Pierre de Celle et sa place dans l’architecture gothique. Paris: Arts et métiers graphiques.

Prinz, F. (1993). Grundlagen und Anfänge. Deutschland bis 1056. München: C.H. Beck.

Raine, J. (1839). Historiae dunelmensis scriptores tres. London: J. B. NicholsSon.

Rau, R. (1964). Quellen zur karolingischen Reichsgeschichte III. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Recht, R. (1995). Le dessin d’architecture: origine et fonctions. Paris: A. Biro.

Recht, R., G. Geyer (1989). Les bâtisseurs des cathédrales gothiques. Straßburg: Musées de la Ville de Strasbourg.

Reinle, A. (1994). Italienische und deutsche Architekturzeichnungen, 16. und 17. Jahrhundert: die Plansammlungen von Hans Heinrich Stadler (1603–1660), Johann Ardüser (1585–1665) und ihre gebauten Gegenstücke. Basel: Wiese.

Reisch, E. (1991). Die Darstellung des Turmbau zu Babel als Bildquelle historischer Bautechnik. In: Der Turmbau zu Babel. Eine flämische Tafel aus dem 17. Jahrhundert und die Bildgeschichte des Turmbaus zu Babel; eine didaktische Ausstellung des Historischen Museums Bamberg und des Lehrstuhls II für Kunstgeschichte an der Universität Bamberg, 23. Juni–31. Okt. 1991 Ed. by F. Matsche. Bamberg: Historisches Museum 149-161

Ressel, G. (1977). Schwarzrheindorf und die frühstaufische Kapitellplastik am Niederrhein. Köln: Abt. Architektur d. Kunsthist. Inst. d. Univ. Köln.

Ricken, H. (1977). Der Architekt. Geschichte eines Beruf. Berlin: Henschelverlag.

- (1990). Der Architekt. Ein historisches Berufsbild. Stuttgart: Dt. Verlags-Anstalt.

Roggenkamp, B. (1996). Vom „Artifex“ zum „Artista“. Miscellanea Mediaevalia 24: 844-860

Rothenbücher, K. (1906). Geschichte des Werkvertrages nach deutschem Recht. Untersuchungen zur deutschen Staats- und Rechtsgeschichte 87(7): 12

Salzman, L. F. (1952). Building in England, down to 1540. A documentary history. Oxford: Clarendon Press.

Sarrade, M.-T. (1986). Sur les connaissances mathématiques des bâtisseurs de cathédrales. Paris: Librairie du Compagnonnage.

Schadwinkel, H.-T., G. Heine, G. H. (1986). Das Werkzeug des Zimmermanns. Hannover: Schäfer, Th..

Schlink, W. (1999). War Villard de Honnecourt ein Analphabet?. In: Pierre, lumière, couleur: études d’histoire de l’art du Moyen Âge en l’honneur d’Anne Prache Ed. by F. Joubert, D. Sandron, D. S.. Cultures et civilisations médiévales 20. Paris: Presses de l’Université de Paris-Sorbonne 213-221

von Schlosser, J. (1986). Quellenbuch zur Kunstgeschichte des abendländischen Mittelalters. Hildesheim: Olms.

Schmale-Ott, I. (1979). TRANSLATIO SANCTI VITI MARTYRIS – Übertragung des hl. Märtyrers Vitus. Münster: Aschendorffsche Verlagsbuchhandlung.

Schmidt, A., F.-J. Schmale (1965). Bischof Otto von Freising und Rahewin: Die Taten Friedrichs oder richtiger Cronica. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Schock-Werner, B. (2009). Reimser Palimpsest. In: Aufbruch in die Gotik. Der Magdeburger Dom und die späte Staufenzeit Ed. by M. Puhle. Mainz: Phillipp von Zabern 65f.

Schöller, W. (1987). Ein Katalog mittelalterlicher Baubetriebsdarstellungen. Technikgeschichte 54: 77-100

- (1988). Die Kölner Domfabrik im 13. Jahrhundert. Kölner Domblatt 57: 75-94

- (1989a). Die rechtliche Organisation des Kirchenbaues im Mittelalter vornehmlich des Kathedralbaues. Baulast – Bauherrschaft – Baufinanzierung. Köln, Wien: Böhlau-Verlag.

- (1989b). Le dessin d’architecture à l’époque gothique. In: Les Bâtisseurs des cathédrales gothiques Ed. by R. Recht. Straßburg: Editions les Musées de la ville de Strasbourg 227-235

- (1989c). Ritzzeichnungen. Architectura 19: 36-61

- (1998). Materialien zu einer Ikonographie der Arbeit. Der mittelalterliche Baubetrieb und seine Darstellungen. In: Praxis der Arbeit. Probleme und Perspektiven der handwerksgeschichtlichen Forschung Ed. by R. Reith. Studien zur historischen Sozialwissenschaft 23. Frankfurt, New York: Campus Verlag 99-115

Schröcker, S. (1934). Die Kirchenpflegschaft: Die Verwaltung des Niederkirchenvermögens durch Laien seit dem ausgehenden Mittelalter. Paderborn: Schöningh.

Schröder, J. (2000). Gervasius von Canterbury, Richard von Saint-Victor und die Methodik der Bauerfassung im 12. Jahrhundert. Köln: Universität zu Köln.

Schuler, S. (1999). Vitruv im Mittelalter. Die Rezeption von „De architectura“ von der Antike bis in die frühe Neuzeit. Köln, Weimar, Wien: Böhlau-Verlag.

Schulze, W. (1978). Zahl: Proportion, Analogie. Eine Untersuchung zur Metaphysik und Wissenschaftshaltung des Nikolaus von Cues. Münster: Aschendorff.

Seeliger-Zeiss, A. (1982). Studien zum Steinmetzbuch des Lorenz Lechler von 1516. Architectura 12: 125-x150

Segger, J. (1969) Zur Statik gotischer Kathedralen: Dargestellt am Kölner Dom und statisch verwandter Kathedralen. phdthesis. Technische Hochschule Aachen

Sehrt, H. G. (1977) Zur Stellung und Funktion von Bauherren (Auftraggeber) und Baumeister im feudalen Mittelalter. phdthesis. Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

Shelby, L. R. (1977). Gothic Design Techniques. The Fifteenth-Century Design Booklets of Mathes Roriczer and Hanns Schmuttermayer. Carbondale: Southern Illinois University Press.

Speer, A. (1995). Die entdeckte Natur. Untersuchungen zu Begründungsversuchen einer ‚scientia naturalis‘ im 12. Jahrhundert. Leiden: Brill.

Speer, A., G. Binding (2000). Abt Suger von Saint-Denis. Ausgewählte Schriften: Ordinatio, De consecratione, De administratione. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Springer, E. (1967) Der mittelalterliche Herrscher als Bauherr. Die fränkischen und deutschen Könige und römischen Kaiser in einer speziellen Tätigkeit ihres Amtes. phdthesis. Universität Wien

Stachura, N. (2007). Der Plan von St. Gallen. Das Entstehen der Kirchenmaße. Die Autorenfrage; die Abtei Reichenau und das Geheimnis des Schlafsaals. Saint Sorlin: Stachura.

von den Steinen, W. (1956). Bernward von Hildesheim über sich selbst. Deutsches Archiv 12: 331-362

Sternagel, P. (1966). Die artes mechanicae im Mittelalter. Begriffs- u. Bedeutungsgeschichte bis zum Ende des 13. Jahrhunderts. Kallmünz: Lassleben.

Straub, H. (1949). Die Geschichte der Bauingenieurskunst. Ein Überblick von der Antike bis in die Neuzeit. Basel: Birkhäuser.

Stubbs, W. (1879). The Historical Works of Gervase of Canterbury..

Svanberg, J. (1983). Master Masons. Uppsala: Carmina.

Talbot, C. H. (1955). . In: Analecta monastica: textes et études sur la vie des moines au moyen âge Ed. by M.-M. Lebreton, J. Leclercq, J. L.. Studia Anselmiana, Philosophica et theologica 37. Rom: Orbis Catholicus

Tenckhoff, F. (1921). Vita Meinwerci Episcopi Patherbrunnensis. Hannover: Hahnsche Buchhandlung.

Theuer, M. (1912). Leon Battista Alberti. Zehn Bücher über die Baukunst. Wien, u. a.: Heller.

Thomas von Aquin (1996). Quaestiones de quodlibet. Rom, Paris.

Thomson, S. H. (1940). The Writings of Robert Grosseteste, Bishop of Lincoln 1235–1253. Cambridge, Mass.: Cambridge University Press.

Treue, W. (1986). Achse, Rad und Wagen : 5000 Jahre Kultur- u. Technikgeschichte. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht.

Trillmich, W., R. Buchner (1961). Quellen des 9. und 11. Jahrhunderts zur Geschichte der hamburgischen Kirche und des Reiches. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

van Tyghem, F. (1966). Op en om de middeleeuwse bouwwerf. Brüssel: Paleis der Academiën.

Urkundenbuch der Stadt Straßburg (1884). Urkundenbuch der Stadt Straßburg. Straßburg: Trübner.

Urkundenbuch der Stadt Wetzlar (1911). Urkundenbuch der Stadt Wetzlar. Marburg: Elwert.

Vroom, W. H. (1981). De financiering van de kathedraalbouw in de middeleeuven in het bijzonder von de dom von Utrecht. Maarssen: Schwartz.

Wallach, L., E. König, E. K. (1978). Die Zwiefalter Chroniken Ortliebs und Bertholds. Sigmaringen: J. Thorbecke.

Warnke, M. (1976). Bau und Überbau. Soziologie der mittelalterlichen Architektur nach den Schriftquellen. Frankfurt a. M.: Syndikat.

Weilandt, G. (1992). Geistliche und Kunst. Köln: Böhlau-Verlag.

Wilcox, R. P. (1981). Timber and Iron Reinforcement in Early Buildings. London: Society of Antiquaries.

Winterfeld, D. von (1984). Raster und Modul in der Baukunst des Mittelalters. In: Kunstsplitter. Beiträge zur nordeuropäischen Kunstgeschichte. Festschrift für Wolfgang Müller zum 70. Geburtstag Husum: Husum Druck- und Verlagsgesellschaft 7-41

Wu, N. Y. (2002). Ad Quadratum: The Practical Application of Geometry in Medieval Architecture. Aldershot u. a.: Ashgate.

Zahlten, J. (1979). Creatio mundi. Darstellung der sechs Schöpfungstage und naturwissenschaftliches Weltbild im Mittelalter. Stuttgart: Klett-Cotta.

Zöller, S. (1996). Literatur und Technik im Mittelalter. In: Europäische Technik im Mittelalter: 800 bis 1200. Tradition und Innovation: ein Handbuch Ed. by U. Lindgren. Berlin: Gebr. Mann

Fußnoten

Bei der Beschäftigung mit mittelalterlicher Architektur lag neben formalen, stilistischen und ikonologischen Untersuchungen von Anfang an mein besonderes Augenmerk auf der Frage nach dem Baubetrieb, d. h. nach den praktischen Bedingungen, unter den die beeindruckenden, bewundernswerten Großbauten im Mittelalter entstanden sind. Schon in dem von der Bonner Philosophischen Fakultät nicht akzeptierten Hauptteil meiner Dissertation über „die Pfalz Kaiser Friedrich Barbarossas in Gelnhausen und die frühstaufische Baukunst im Rhein-Main-Gebiet“ habe ich mich 1963 intensiv mit dem Thema befasst. Über lange Zeit habe ich die mittelalterlichen Darstellungen des Baubetriebs gesammelt und 1972, 1978, 1987, 1992 und abschließend 2001 (Bi*) vorgelegt. Mit der Zeit stellte sich heraus, dass neben den Objektbeobachtungen und -analysen die Schriftquellen ausgewertet werden müssen, wobei für deren rechtes Verständnis die Bedeutung der lateinischer Fachausdrücke zu klären war. Das Ergebnis wurde zusammen mit der Mittellateinerin Susanne Linscheid-Burdich für die Zeit bis 1250 zusammenfassend 2002 veröffentlicht (Bi/Li); zuvor edierten und übersetzten wir zusammen mit Andreas Speer die Schriften des Abtes Suger von Saint-Denis (vgl. dazu Speer and Binding 2000), die für die zeitgenössischen Betrachtung der Architektur ergiebig sind. Einen Überblick über den mittelalterlichen Baubetrieb habe ich 1993a vorgelegt und 1998 die Bedeutung des mittelalterlichen Bauherrn als sapiens architectus untersucht. Die Ergebnisse wurden in den Überblicksdarstellungen Was ist Gotik? (2000) und Geschichte des Architekten- und Ingenieurberufs (2004) eingearbeitet. Zuletzt erschien 2006 eine Zusammenfassung über das Bauen im Mittelalter unter dem Titel Als die Kathedralen in den Himmel wuchsen, Bauen im Mittelalter. Diese Bücher enthalten weiterführende Literatur- und Quellenangaben. Abschluss des Manuskriptes 2007.

Thangmar, Vita Bernwardi 51; Kallfelz 1973, 350–353; Binding 1998, 225f.. Der Konstanzer Bischof Gebhard (gestorben 995) „gelangte schließlich zu dem Schluß, nichts sei zukünftig besser für sein Seelenheil, als ein Kloster zu errichten“; Casus monasterii Petrishusensis I, 9; MGH SS 20, 630; Bi/Li 25.

Suger von Saint-Denis, De administratione, Satz 224; Speer and Binding 2000, 344f..

Robert Grosseteste, In Divinis nominibus; Thomson 1940. Zur Schönheit siehe den Überblick bei Binding 2003a.

Thomas von Aquin, De pulchro et bono; Binding 2003a, 150.

Bernhard von Clairvaux, Apologia ad Guillelmum abbatem XII, 28f.; PL 182, S. 914–916; Binding 1998, 232–236 mit Literaturangaben.

Suger von Saint-Denis, De consecratione, Satz 17; Speer and Binding 2000, 210–213.

Wilhelm, Vita Sugerii, Satz 391; Speer and Binding 2000, 394f..

s. a. Bi 159.

Leo Marsicanus, Chronica monasterii Casinensis III, 27; MGH SS 34, 396; Bi/Li 48.

Folcuin von Lobbes, Gesta abbatum Lobiensium 18; MGH SS 4, 62; Bi/Li 25.

Goscelin, Liber confortatorius; Talbot 1955.

Rodulfus Glaber, Historiae III, 13; PL 142, 651; Bulst et.al. 1989, 114–116; Prinz 1993, 317 (mit freier Übersetzung).

De episcopis Eichstetensibus 29; MGH SS 7, 261.

Rodulfus Glaber, Vita Willelmi 8; Bulst et.al. 1989, 118; Warnke 1976, 160 Anm. 13.

Andreas von Fleury, Vita Gauzlini abbatis Floriacensis monasterii 44; Bautier and Labory 1969, 80; Warnke 1976, 20 Anm. 12.

Anselm von Saint-Rémi, Historia dedicationis ecclesiae sancti Remigii apud Remos 2; PL 142, 1417B; Warnke 1976, 99, 160 Anm. 13; Harvey 1972, 56f..

Suger von Saint-Denis, De consecratione 58; Speer and Binding 2000, 228f..

Vitruv, De architectura libri decem I, 1(1); Fensterbusch 1964, 22f.; Binding 1998, 250f., 442; Bi/Li 17. Siehe allgemein zu Vitruv im Mittelalter Schuler 1999.

Thangmar, Vita Bernwardi 1 und 6; Kallfelz 1973, 276f. und 282f.; Binding 1987; Bi/Li 27. Zu den Dachziegeln, siehe Binding 2006b. Eine wohl abgewogene Beurteilung zu Bernwards Anteil, siehe Hirschfeld 1968, 34–47.

Siehe zum Folgenden Norbert, Vita Bennonis II. episcopi Osnabrugensis; MGH SS 30/2, 869–892; Kallfelz 1973, 362–441; Binding 1990; Binding 1998, 93–100; Bi/Li 28–31. Zum Unterschied von ars und usus, siehe Binding 1994.

Vita Hugonis de Noeriis, Teil der Gesta pontificum Antissiodorensium; PL 138, 308D–312D, Zitat 309B; Mortet 1911, Nr. 25, S. 96–101; Sternagel 1966, 59f.; Binding 1998, 37; Zöller 1996, 525.

Alkuin, Dialogus de rhetorica et virtutibus 332, X; PL 101, 947f.; Sternagel 1966, 59f.; Binding 1998, 207–217 mit weiteren Literaturangaben; Flachenecker 1996.

Hugo von St. Viktor, Didascalicon II, 1; Charles Henry Buttimer: Hugonis de Sancto Victore Didascalicon. De Studio Legendi. (= Studies in Medieval and Renaissance Latin 10) Buttimer 1939, 23f.Binding 1998, 273, Bi/Li 273.

Adam von Bremen, Gesta Hammaburgensis ecclesiae pontificum II, 82 und II, 3f.; Trillmich and Buchner 1961, 322–325, 330–333; Bi/Li 38f., 67.

Durandus von Mende, Rationale divinorum officiorum I, 1, 1; CCCM 140, 11.

Gerhard, Vita sancti Oudalrici episcopi Augustani 5; Kallfelz 1973, 76–79; Giese 1982, 391–394; Binding 1998, 63–68.

Wie vor, cap. 25; Kallfelz 1973, 136f..

Belege zum Folgenden, siehe Binding 1999a; Binding 1993a, 51–73. Vgl. auch Booz 1956, 26–30; Schöller 1989a.

Concilium Herbipolensis 1287, in: Mansi 1780, CXXXV, 863f.; Schröcker 1934, 38; Binding 1999a, 13.

Zum Folgenden, siehe ausführlich mit allen Belegen Schöller 1989a; Binding 1993a, 14.

Ebbo, Vita Ottonis episcopi Babenbergensis; MGH SS 12, 825; Kubach and Haas 1972, 30f.; Binding 1993a, 58f..

Herbord, Vita Ottonis episcopi Babenbergensis; MGH SS 20, 765; Kubach and Haas 1972, 31.

Ausführlich siehe dazu Binding 1998, 39–62; Binding 1995b.

Gesta abbatum Fontanellensium; MGH SS 2, 293.

Hrabanus Maurus, Epitaphium Einhardi; MGH Poet. Lat. 2, 237f.

Catalogus abbatum Fuldensium; MGH SS 13, 272.

Einhard, Translatio et miracula sanctorum Marcellini et Petri IV, 7; MGH SS 15/1, 258.

Notker Balbulus: Vita Karoli Magni I, 28 und 31; Rau 1964, 364–369.

Schröder 2000, 330–333; Bi/Li 308–312.

Menconis Chronicon abbatis tertii in Werum ab anno 1237 usque ad annum 1273; Matthäus 1738, 132–135; Binding 1986c, 12f.. Siehe zu den Arbeitszeiten Binding 1993a, 137–143; Bi/Li 165–167.

Binding 1993a, 101–107. Der unhistorische Begriff „Bauhütte“ wird in der Literatur seit dem 19. Jahrhundert – im Zusammenhang mit der Entwicklung der Freimaurer – auch fälschlich auf die überregionale Organisation der Steinmetzen übertragen, die jedoch – wie spätmittelalterliche Quellen deutlich machen – als Steinmetzbruderschaft zu bezeichnen ist.

Zum Beispiel: „Die Bauhütten der gotischen Zeit bleiben zwar, wenn der Bau der Kirchen sich in die Länge zog, oft Generationen hindurch an dem gleichen Ort, wenn die Arbeiten aber beendet waren oder unterbrochen wurden, zogen sie unter der Führung ihrer Baumeister weiter und übernahmen neue Bauaufträge“, Hauser 1957, 115; Auszug aus Hauser 1953, er bezieht sich auf von Heideloff 1844, 19.

Siehe zur Finanzierung ausführlich mit Belegen und Literaturangaben Gabriele Annas, in: Binding 1993a, 31–43; Schöller 1989a; Kraus 1979; Weilandt 1992, 71–97; Sehrt 1977, 34–50; Bi/Li 52–60.

Ruotger, Vita Brunonis archiepiscopi Coloniensis 49; Kallfelz 1973, 254–259; Bi/Li 53.

Bi/Li 53.

Guibert von Nogent, De vita sua libri tres II, 12f.; Labande 1981, 380–394; Gimpel 1980, 47.

Casus monasterii Petrishusensis V, 49; MGH SS 20, 677; Bi/Li 57.

Berthold von Zwiefalten, Chronicon 3, 10 und 52; MGH SS 10, 98, 102 und 122; Wallach et.al. 1978, 146f., 168f., 280–285.

Isidor von Sevilla, Etymologiae XIX, 8–11; Lindsay 1911; Hrabanus Maurus, De universo XXI, c. 1–4; PL 111, 559D–562D; Bi/Li 97. Disponere bedeutet verteilen, gehörig einteilen, ordnen, ähnlich wie designare im Umriss darstellen, abgrenzen, bestimmen.

Siehe dazu Booz 1956, 16–22.

Vita Meinwerci episcopi Patherbrunnensis 12; Tenckhoff 1921, 6; Binding 1998, 86f.; Bi/Li 46f.

Gervasius von Canterbury, Tractatus de combustione et reparatione Cantuariensis ecclesiae; Stubbs 1879, 3–29; Schröder 2000, Satz 253–269 mit Übersetzung; Binding 1993a, 1–10; Bi/Li 308–312.

Everhelm, Vita Popponis abbatis Stabulensis 33; MGH SS 11, 307; Mortet 1911, 38 Anm. 2.

Menconis Chronicon abbatis tertii in Werum ab anno 1237 usque ad annum 1273; Matthäus 1738, 132–135; Binding 1986c, 12f.. Siehe zu den Arbeitszeiten Binding 1993a, 137–143; Bi/Li 165–167.

Otto von Freising und Rahewin, Gesta Frederici II, 14; Schmidt and Schmale 1965, 308f.; Booz 1956, 10.

Thomas von Aquin, Quaestiones de quodlibet I, q 7, a 1 (13); Thomas von Aquin 1996, 195f.; Binding 1998, 253f.. Allgemein zur veränderten Stellung, siehe Kimpel and Suckale 1985.

Aubert 1908. Zu Künstler-Inschriften siehe Gimpel 1980, 69; für Italien, siehe Claussen 1985, mit reichen Literaturangaben.

Heiric von Auxerre, Miracula sancti Germani I (II), 89 (5); PL 124, 1249C–1250A; MGH SS 13, 402; Binding 1993a, 355f.; Berschin 1991, 357–362; Bi/Li 90f.

Typisch ist die kritiklose Übernahme unbelegter oder falscher Aussagen, wie Peter Dinzelbach die kurzen Ausführungen von Dietrich Conrad als „Quelle“ bzw. Beweis für seine Behauptung nimmt, dass Baumodelle bei der Bauplanung benutzt wurden; Dinzelbacher 2006, 70; Conrad 1990, 78f..

Richard von St. Viktor, In visionem Ezechielis 6, 29–41; PL 196, 548D–550A; Bi/Li 96f. Siehe dazu auch Schröder 2000, 242f..

Isidor von Sevilla, Etymologiae XIX, 8; Lindsay 1911; Hrabanus Maurus, De universo, 1; PL 111, 559D; Binding 1998, 249f.; Bi/Li 96.

Robert Grosseteste, Epistola 1, De unica forma omnium; Script. Rer. Brit. 25, S. 4f.; Bi/Li 86f.

Wilhelm von Conches, Glosae super Platonem, In Timaeum 27D; Jeauneau 1965, 99; Bi/Li 92f.

Thierry von Chartres, Lectiones in Boethii librum, De Trinitate II, 44 und 46; Haring 1971, 168–170; Bi/Li 93.

Thomas von Aquin, Summa theologiae I, q. 15, a. 1, c. Siehe auch Roggenkamp 1996, 855f. mit Übersetzung; Bi/Li 93.

Bi/Li 94f.

Giraldus Cambrensis (Girald de Barri), De rebus a se gestis II, 12; Script. Rer. Brit. 21, S. 64; Bi/Li 99.

Ordericus Vitalis, Historia ecclesiastica paars I, II, 14; PL 188, 159D–160A; von Schlosser 1986, 342–348; Bi/Li 98.

Lambert von Ardres, Historia comitum Ghisnensium 152; MGH SS 24, 640.

Vita sancti Giraldi 15, 16; Mortet 1911, 258; Bi/Li 104.

Menko, Chronicon abbatis tertii in Werum; Bi/Li 86; Matthäus 1738, 132–135.

Adamnan, De locis sanctis libri tres I, 2 (15); Meehan 1958, 46; Donner 1979, 342f. (Übersetzung); Bi/Li 74f.; Binding 1993a, 173–177 mit Abbildungen.

Auf die zahlreichen verschiedenen Vorschläge kann hier nicht eingegangen werden, jedoch soll auf die völlig abwegigen Versuche von Klaus Humpert hingewiesen werden, der geometrische Festlegungen im Städtebau aufzuzeigen versucht hat; Humpert and Schenk 2001.

Zu den Vermessungs-Begriffen siehe ausführlich Bi/Li 101–156.

S. a. Bi 24, 168, 527, 538a.

Bi/Li 101–156.

Translatio sancti Viti martyris 4; Schmale-Ott 1979; Bi/Li 110f.

Vita Oswaldi archiepiscopi Eboracensis III, 4; Script. Rer. Brit. 71/1, 434; Bi/Li 105.

Leon Battista Alberti, De re aedificatoria III, 2; Orlandi 1966, 177; Theuer 1912, 120; Bi/Li 111.

Lambert von Ardres, Historia comitum Ghisnensium 152; MGH SS 24, S. 640; Bi/Li 105.

Fundatio ecclesiae Hildensemensis; MGH SS 30/2, S. 943f.; Bi/Li 113.

Giraldus Cambrensis, De rebus a se gestis libri tres II, 12; Script. Rer. Brit. 21, S. 64; Bi/Li 115f.

Bi 451.

Gilo, De vita sancti Hugonis cluniacensis abbatis, fol. 216f.; Huillier 1888, 606; Bi/Li 112.

Hugo von St. Viktor, Didascalicon VI, 4; Buttimer 1939, 118; Bi/Li 118.

Menko, Chronicon abbatis tertii in Werum; Bi/Li 136; Matthäus 1738, 132–135.

Isidor von Sevilla, Etymologiae XIX, 18,1; Lindsay 1911; Bi/Li 117.

S. a. Bi 555, 621.

Ausführlich in Bi/Li 144–151 mit Belegen.

Zum Folgenden Booz 1956, 9–15.

Zum Folgenden Booz 1956, 14f., 37–66.

Curtze 1897; Cantor 1907, 855f.; Bi/Li 140f.

Thierry von Chartres, Tractatus de sex dierum operibus 32; Haring 1955; Binding 1998, 438.

Miracula alia sancti Iohannis episcopi Eboracensis; Script. Rer. Brit. 71/1, S. 345.

Zum Folgenden ausführlich Bi/Li 245–259; Binding 2007.

Heiric von Auxerre, Miracula sancti Germani II, 6; MGH SS 13, S. 402f.; Bi/Li 257.

Jotsald, Vita sancti Odilonis Cluniacensis abbatis I, 13; PL 142, 908A.

Leo Marsicanus, Chronica monasterii Casinensis III, 26; MGH SS 34, 394.

Rudolf, Gesta abbatum Trudonensium I, 11; MGH SS 10, 234f.; Bi/Li 225, 251f.

Liber Gaufridi sacristae de Coldingham de statu ecclesiae Dunhelmensis; Raine 1839, 11.

Liber miraculorum sancte Fidis; Mortet 1911, 105f..

Gesta episcoporum Cameracensium III, 49; MGH SS 7, 483.

Suger von Saint-Denis, De consecratione, Satz 17–30; Speer and Binding 2000, 210–215; Bi/Li 249–251.

Bi 31a, 140, 168, 173, 354b, 355, 624, 625.

Bi 209, 355, 526, 592.

Bi 91, 355a, 625.

S. a. Bi 91, 354, 624. Binding 1993a, 377–393.

S. a. Bi 168, 315, 355a.

S. a. Bi 31a, 140, 168, 173, 234, 354b, 624, 625; Binding 1993a, 370–377.

Suger von Saint-Denis, De consercratione 33–41; Speer and Binding 2000, 214–219; Bi/Li 200f.

Casus monasterii Petrishusensis V, 50; MGH SS 20, 677; Bi/Li 201.

Miracula sancti Wandregisili 6; MGH SS 15/1, 407; Bi/Li 202f.

Tractatus de ecclesia sancti Petri Aldenburgensi 19; MGH SS 15/2, 871f.; Bi/Li 219.

Bi/Li 280–290.

Depping 1837, 107; Bi/Li 281.

Zur Verwendung von Eisen, siehe Bork 2005.

Bi/Li 204f., 237–240; Schadwinkel et.al. 1986; van Tyghem 1966.

Bi 157.

s. a. Bi 86, 142.

s. a. Bi 86, 168, 638.

s. a. Bi 325, 326

Bi 519.

Nachweise bei Binding 1993a, 393–426; Bi/Li 237–240.

Bi 515.

s. a. Bi 209, ferner 141, 159, 334.

Bi 526.

Bi 168, 273c, 315, 355, 415, 623, 624.

Bi 625.

s. a. Bi 297, 355a.

Bi 297.

Bi 98a.

s. a. Bi 31a, 355.

s. a. Bi 491, 527, 538e.

s. a. Bi 168, 527, 538e, 555, 621.

s. a. Bi 139, 141.

s. a. Bi 141, 168, 354b, 526.

s. a. Bi 31a, 139, 141, 168, 354b, 526.

Bi 415, 526, 592.

Bi 91.

Bi 315, 544.

Bi 173, 273c.

s. a. Bi 159, 355.

s. a. Bi 315, 355a, 592.

Bi 159.

Überblick siehe Binding 1993a, 268–338.

Liber custumarum; Script. Rer. Brit. 12/2,1, S. 86f.

Zu den Arbeitszeiten ausführlich Binding 1993a, 137–143; Gimpel 1980, 32f..

Vita sancti Hiltrudis virginae in coenobio Lesciendis 2; Acta Sanctorum Sept. 2 (1760), S. 462; Binding 1998, 355f..

Anselm von Reims, Historia dedicationis basilicae Sancti Remigii apud Remos; PL 142, 1415–1440; Mortet 1911, 39–43; Prache 1978; Hartmann-Virnich 2004, 111.

Gervasius von Canterbury, Tractatus de combustione et reparatione Cantuariensis ecclesiae; Stubbs 1879.

Zum Folgenden siehe ausführlich mit Quellen- und Literaturnachweisen Binding 1998, 245–348, 381–417.

Brun Candidus, Vita Aegil abbatis Fuldensis 17f.; MGH SS 15/1, 230f.; Binding 1998, 21–24.

Binding 1998, 419–464. Zum Folgenden, siehe auch Grlić 1988.

Großmann 1954; Meyer 1975; Meyer and Suntrup 1987. Die in der Literatur häufig zu findenden detaillierten Maß- und Proportionsuntersuchungen gehen von der falschen Voraussetzung aus, dass die mysteria numerorum bis in Einzelheiten die Baugestaltung bestimmt hat. Wahrscheinlicher ist die Annahme, dass – wenn überhaupt – nur ein Maß oder einige wenige die Ausdehnung des Gebäudes bestimmt haben, wie es die Eintragungen in der Kirche auf dem St. Galler Klosterplan deutlich machen.

Ohly 1982, 4f., 13; Cassiodor, Institutiones II, 5, 11; Mynors 1937, 150.

Nikolaus von Cues, De docta ignorantia I, 11; Hoffmann and Klibansky 1932, 113; Schulze 1978, 102; Ohly 1982, 12f..

Zahlten 1979, 153–156. Frühe Darstellungen aus der Mitte des 11. Jahrhunderts in England, allgemein aber erst im 13. Jahrhundert.

Confessiones IV, 13.

Siehe dazu ausführlich mit Belegen Binding 1994, 967–980.

Isidor von Sevilla, Etymologiae XIX, 9–11; Lindsay 1911; Hrabanus Maurus, De universo XXI, 2–4; PL 111, 559D–563A; Binding 1998, 32f.; Bi/Li 19.